[143] Algier, der größte der sogenannten Barbaresken-Staaten, liegt an der Nordküste von Afrika, östlich von Marokko, westlich von Tunis und nördlich von der Wüste Sahara, war bis 1830, wo es von den Franzosen erobert wurde, das gefürchtetste Raubnest für den Handel des mittelländischen Meeres. Der Dey wurde entsetzt und nach Europa gebracht. Algier ist jetzt franz. Colonie, die sich mit Hilfe der zahlreichen Besatzung, trotz der Einfälle der wilden Gebirgsvölker, bis auf den heutigen Tag behauptet hat. Die Stadt hat nunmehr ein europäisches Ansehen bekommen. Man sieht in den Kaffeehäusern den Muhamedaner neben dem französischen Soldaten sitzen; der Jude, ehedem unterdrückt und verachtet, schreitet jetzt bestimmter einher, und trägt seinen Reichthum zur Schau. In dem neu errichteten französischen Theater sitzen die maurischen Frauen, weniger ängstlich verschleiert, neben den französischen und jüdischen Damen. Auf einem Balle des Generals Clauzel erschien die weibliche beau monde der genannten Nationen ungenirt. Die Franzosen haben eine philharmonische Gesellschaft gestiftet, wo sie monatlich Conzert geben; man hört hier Musikstücke von Mozart, Rossini, Boieldieu, Auber u. A. Die Stadt liegt, von Hügeln umgeben, amphitheatralisch am Meere, und hat flache Dächer. Die Kassaubah, das feste Schloß des vertriebenen Dey, ist das vorzüglichste Gebäude; sonst sind die Häuser unansehnlich, haben aber, wie im Oriente, große Thore, geräumige Säle, Höfe mit Arkaden, Springbrunnen etc. Auf die Straßen führt gemeiniglich ein Balkon und nur wenig vergitterte Fenster. Die Zahl der Einwohner beträgt, mit Einschluß der Europäer, 23,540 Seelen. Die ursprüngliche Bevölkerung des ganzen Landes besteht aus Kabylen, Arabern, Mauren und Juden. Die Kabylen und Berbern, die eigentlichen Ureinwohner, ein wildes, kriegerisches[143] Volk, hausen in den Gebirgen. Ihre Farbe ist schwärzlich, ihre Gestalt mager. Die Araber haben lebhafte Augen, olivenfarbigen Teint und schlanken Wuchs. Ein Theil von ihnen zieht mit seinen Heerden herum. Sie werden Araber-Beduinen genannt. Die Mauren machen die Hälfte der Bevölkerung aus. Sie haben weiße Hautfarbe und edle Züge. Sie lieben den Luxus in Kleidern, sind bequem, eifersüchtig, oft verschwenderisch. Ihre Frauen sind gemeiniglich schön, und erhalten eine Art Bildung. Die jetzigen Verhältnisse gestatten ihnen, sich mehr öffentlich zu zeigen. Die Juden, jetzt weniger unterdrückt, haben fast den ganzen Handel in ihren Händen. Die Tracht ist hier verschieden, wie die Bevölkerung. Die maurischen Frauen bekleiden sich mit einem Stück Wollenzeug, das um die Schultern geht und bis auf die Kniee herabfällt. Ihre Haare durchflechten sie mit Fischzähnen, Korallen und Glasperlen; sie tragen an den Armen und Beinen Spangen aus Holz oder Horn; einige bemalen sich die Arme und den Leib. Die Weiber der reichen Araber tragen, wie ihre Männer, seine weiße Hemden von Gaze, weite Unterbeinkleider und eine Art Weste, die einen Rock mit sehr weiten Aermeln bedeckt. Alle diese Kleidungsstücke sind von Seide. Wenn sie bei festlicher Gelegenheit öffentlich erscheinen, so fügen sie noch einen rothen oder blauen Mantel hinzu, dessen beide unterste Enden sie über den Schultern mit silbernen Agraffen befestigen. Sie tragen Ringe von demselben Metall in den Ohren, an den Fingern, Armen und um die Knöchelgelenke. Die armen arabischen Weiber haben dasselbe Costüm, doch ist der Stoff statt der Seide, nur Wolle. Die Mädchen bedienen sich der Schminke, und bemalen damit die Fingerspitzen, den Busen und das Gesicht; auch färben sie die Augenlider und Augenbraunen damit, und zeichnen sich auf die Wangen Blumen oder Myrten- und Lorberblätter.