Culmann, Elisabeth

[33] Culmann, Elisabeth, eine zarte Blume des Nordens, der jungen Alpenrose zu vergleichen, die auf starrer Eiswand entsprossen, von des Boreas rauhem Fittich entblättert und verwehet wird, wenn sie kaum den blühenden Kelch zum Licht entfaltete. Eine zweite Lucretia Davidson (s. d.), starb sie im 17. Jahre, ohne daß ihr brechendes Auge den Lorbeer begrüßt hätte, der das Welken des frommen Blumenhauptes verklärt haben würde; erst nach ihrem Tode, vor wenigen Monaten erschienen zu St. Petersburg ihre dichterischen Versuche in drei Bänden. Als Kind schon zeichnete sich Elisabeth Culmann durch eine glänzende Phantasie, eine außerordentliche Fassungs- und Beurtheilungskraft und einen grenzenlosen Fleiß aus. Das Studium der klassischen und der neuern Sprachen war ihre Lieblingsbeschäftigung; mit 14 Jahren hatte sie die Meisterwerke der alt- und neugriechischen, lateinischen, deutschen, französischen, englischen, italienischen, spanischen und portugiesischen Literatur gelesen und die Lieder des Anakreon in ihre Muttersprache,[33] das Russische, übersetzt. Da erfaßte des Todes kalte Hand das junge Leben, als eben der Geist der liebenswürdigen Dichterin selbstständig sich zu entwickeln und Blüthen zu treiben begonnen hatte, welche die herrlichsten Früchte hoffen ließen. In der Vorrede zu ihren nachgelassenen Dichtungen wird die Lebensgeschichte der Frühverblichenen erzählt. Elisabeth Culmann starb im November 1833 zu St. Petersburg.

T.

Quelle:
Damen Conversations Lexikon, Band 3. [o.O.] 1835, S. 33-34.
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