[349] Elisabeth, die Heilige, Landgräfin von Thüringen, die Heilige, Landgräfin von Thüringen, jene Fürstin, deren Name noch jetzt als der eines Musters von Frömmigkeit und Weisheit häufig genannt wird, deren Erinnerung als das schönste Denkmal einer wahren Mutter ihres Landes den Stürmen von sechs Jahrhunderten getrotzt und sich unverblichen erhalten hat in der Anerkennung der Dankbarkeit und der Menschenliebe, war eine Tochter des Königs Andreas von Ungarn und 1207 geboren. In dem zarten Alter von vierzehn Jahren schon ward sie an Ludwig IV., Landgrafen von Thüringen, vermählt, verließ ihr Vaterland und folgte ihrem Gemahl nach Marburg. Ludwig selbst war ein überaus frommer und gottesfürchtiger Herr, und überließ daher seine Gemahlin gern und willig ihrer Neigung zu Bußübungen und gottgefälligen Handlungen. Denn das hohe Gemüth der Landgräfin entflammte nicht nur für Wahrheiten und Tröstungen der [349] Religion, sondern das schöne Ziel, dem sie ihr Leben weihte, war, diese Segnungen über ihr Volk zu verbreiten. Ihre Gerechtigkeit, Leutseligkeit und fast verschwenderische Wohlthätigkeit erwarben ihr die Anbetung ihrer Unterthanen; sie selbst aber fand darin die reichste Entschädigung, den erwünschten Lohn für ein strenges, entsagungsvolles Leben. Ludwig begleitete den edeln Kaiser Friedrich II. 1221 auf einem Kreuzzug, starb aber plötzlich, als er sich eben im Hafen von Otranto nach dem gelobten Lande einschiffen wollte. Sein Bruder Heinrich bemächtigte sich mit Gewalt der Regierung des Landes, und seiner List und seinen verleumderischen Beschuldigungen gelang es, die fromme Elisabeth aus der Mitte ihrer treuen Landeskinder zu entfernen. Die hohe Frau fand ein Asyl beim Bischofe von Bamberg, bei dem sie sich aufhielt, bis die Begleiter ihres Gemahls mit dem Leichnam desselben zurückkamen und, sie in ihre Rechte wieder einzusetzen, die Waffen ergriffen. Elisabeth aber begab sich freiwillig jedes Anspruchs, kehrte zwar nach Marburg zurück, brachte aber den Rest ihrer Tage bis zu ihrem 1231 erfolgten frühen Tode in klösterlicher Abgeschiedenheit zu. Gregor IX. sprach sie 1235 heilig, und der Orden der Franziskanerinnen wählte sie zu seiner Schutzpatronin.
X.
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