Thüringen [2]

[564] Thüringen (Gesch.). Das Land, welches in der Folge T. hieß, bewohnten Anfangs die Hermunduren, ein suevischer Stamm, mit deren Namen der der Thüringer (Toringer, Thoringer) gleichen Stammes ist; die Thüringer selbst, welche unter Königen standen, erscheinen im 5. Jahrh. in dem spätern T. Außer diesem T. wurde auch schon von Gregor von Tour ein Thüringerland in Belgien an der Schelde, nicht weit vom Meer, genannt. Die Gegner der Thüringer waren von früher her die Franken, u. die Thüringer nahmen an Attilas Zuge 451 gegen dieselben Theil. Den Thüringerkönig Basinus, dessen Gemahlin Basina zu dem Frankenkönige Childerich floh u. von demselben Mutter Chlodwigs wurde, nehmen die neuesten Historiker als König der belgischen Thüringer an. Im 6. Jahrh. regierten in dem diesseitsrheinischen T. die drei Brüder Hermanfried, Baderich (Bathrich) u. Berthar. Eine durch die Vermählung Hermanfrieds mit Amalaberg, Tochter des Vandalenkönigs Trasimund u. Nichte des Ostgothenkönigs Theoderich, herbeigeführte Vereinigung der Thüringer mit den Ostgothen schützte T. einige Zeit gegen die Franken. Nach der Sage vertrieb od. tödtete Hermanfried, mit Hülfe des Frankenfürsten Theoderich, seine beiden Brüder u. wurde einziger König von T. Weil er aber dem Theoderich das Versprechen ihm für seine Unterstützung einen Theil des gewonnenen Landes abzutreten nicht hielt, so griff Theoderich, mit seinem Bruder Chlothar I. u. den Sachsen verbunden, den Thüringerkönig an u. schlug ihn um 530 bei Runiberg. Hermanfried zog sich in die feste Burg Scheidungen an der Unstrut zurück; dahin folgten ihm die Franken, eroberten 530 die Veste u. singen den König Hermanfried, welcher 531 zu Zülpich verrätherischerweise von der Stadtmauer gestürzt ward. T. wurde nun dem Austrasischen Reiche der Franken zinsbar.

Die Verwirrung im Fränkischen Reiche nach dem Tode Theodebalds von Austrasien (555) veranlaßte die inzwischen von den Franken unterworfenen Sachsen die Erlangung ihrer Freiheit zu versuchen, u. an sie schlossen sich auch die Thüringer an; allein Chlothar, welcher Austrasien an sich gerissen hatte, schlug beide, u. T. theilte nun die Schicksale Austrasiens. In dieser Zeit scheinen die Sorben in das Land zwischen Elbe u. Saale (Osterland) eingewandert zu sein, u. wahrscheinlich zogen sich die Thüringer von da nach den Sitzen der von den Franken zu Ende des 6. Jahrh. besiegten u. ausgewanderten Warnen, von der Bode u. untern Saale bis zur Ohre u. von der Elbe bis über die Quellen der Aller, welches Land nachher als Nord-Thüringen erscheint u. den Sachsen gehörte, im Gegensatz zu dem eigentlichen Süd-Thüringen (s. oben). König Dagobert I. von Austrasien gab um 630 den Thüringern einen Herzog in der Person Radulfs. Dieser focht tapfer gegen die Slawen u. verband sich mit Fara, dem Sohn des ermordeten Chrodoald, eines vornehmen Baiern. Als 639 Zwistigkeiten unter den Vormündern des jungen Königs Sigbert von Austrasien ausbrachen,[564] empörten sich Radulf u. Fara 640; Fara blieb in einer Schlacht, Radulf aber hielt sich, u. die Franken zogen nun aus T. Radulf residirte im heutigen Franken auf einem Schloß nahe bei Würzburg, welches auch seine Nachfolger als Residenz beibehielten. Sein Sohn u. Nachfolger Hedant Hetan, Hedene) der Ältere fiel 651 in einer Schlacht; sein Sohn Gozbert folgte ihm, u. unter ihm kam St. Kilian (s.d.) nach T., von dem sich jener auch taufen ließ u. den Namen Theobald annahm. Allein das Volk blieb heidnisch, u. selbst Gozberts Gemahlin, Geilane, die Wittwe seines Bruders, war, weil Kilian ihre Ehe als unerlaubt mißbilligte, gegen die neue Lehre u. ließ Kilian u. seine Gehülfen in Abwesenheit ihres Gemahls 688 ermorden. Theobald starb um 690. Sein Sohn, Hedan der Jüngere, leistete mit Pipin dem Erzbischof Willibrord Unterstützung bei Bekehrung der Friesen; in T. selbst predigte St. Bonifacius das Christenthum, baute mit Hülfe der Franken bei dem Dorfe Altenberge bei Gotha die erste christliche Kirche in T. u. stiftete das Bisthum Erfurt, welches er unter das Erzbisthum Mainz stellte. Nach Hedans des Jüngern Tode wurde das Herzogthum T. aufgelöst u. T. durch fränkische Grafen verwaltet. Durch Bonifacius u. seine Gehülfen wurden mehre Striche in T. urbar gemacht. Unterdessen fielen die Sachsen fortwährend in T. ein, u. der Zug Karl Martels 728 gegen sie brachte nur für kurze Zeit Hülfe. 741 kam T. nach Karl Martels Tode an dessen Sohn Karlmann, dann an Pipin den Kleinen. Karls des Großen Kriege mit den Sachsen betrafen auch T. schwer, u. von den Sachsen u. Sorben gereizt, empörten sie sich unter Hartrath: doch wurden sie besiegt. Nachdent die Sachsen, bes. seitdent sie Christen geworden waren, die Einfälle in T. aufgegeben hatten, wendeten sich die Slawen verheerend gegen T., bis 804 Karl der Große sie vertrieb u. wahrscheinlich die Thüringischen Marken gegen sie gründete, welche jedoch erst 839 erwähnt werden. Ludwig der Fromme richtete seine Aufmerksamkeit bes. auf die Dotirung der Kirchen. Nach Beendigung der Kämpfe zwischen den Söhnen Ludwigs des Frommen, in denen T. bald dem Einen, bald dem Andern anhing, kam T. endlich an Ludwig den Deutschen. Unter ihm war Thachulf Markgraf in T., welcher sich bes. durch glückliche Kämpfe gegen die Sorben u. Tschechen auszeichnete u. von dem König Ludwig 849 die herzogliche Würde bekam. 852 hielt König Ludwig zu Erfurt einen Landtag, wo er bes. die Gerichtspflege verbesserte. Radulf (Ratolf), Tachulfs Nachfolger, schlug mit dem Erzbischof von Mainz 874 die Sorben über der Saale; 876 kam in der Theilung zwischen den Söhnen Ludwigs des Deutschen auf dessen zweiten Sohn Ludwig den Jüngern T. nebst Sachsen u. Friesland. Herzog Poppo, Radulfs Nachfolger, erlitt an der Chemnitz 892 eine Niederlage von den Sorben u. verlor in Folge davon die Herzogswürde, welche nun Konrad (s.d. 47), einem vornehmen fränkischen Grafen, übergeben wurde, welchem aber bald Burkhard folgte; da aber auch dieser 908 bei einem Einfalle der Daleminzen u. Magyaren blieb, so wurde Otto der Erlauchte, Herzog von Sachsen, von Ludwig dem Kinde auch zum Herzog von T. ernannt.

Otto besaß viele Güter in T. u. verwaltete das Land gut. Sein Sohn, Heinrich (nachmals als Heinrich I. deutscher König) folgte ihm in T. u. Sachsen; zwar wollte König Konrad I. ihm nach dem Tode Ottos nicht beide Herzogthümer überlassen u. forderte T. zurück, um es seinem Schwiegersohn, dem Grafen Bardo, zu übergeben, allein Heinrich behauptete sich. Er unterwarf von hier aus die Milziener u. Daleminzen u. besiegte 933 die Magyaren in den Schlachten bei Jechaburg unweit Sondershausen u. bei Merseburg (Keuschberg). Er st. 936 u. sein Sohn, Otto dev Große, besaß auch als deutscher König die Herzogthümer T. u. Sachsen; indeß scheinen ihm die Thüringer nicht recht günstig gewesen zu sein, denn schon 951 unterstützten sie seinen Sohn, Ludolf von Schwaben, wiewohl ohne Erfolg. Otto legte die Bisthümer Zeitz (Naumburg) u. Merseburg in T. an. Als er 960 nach Italien zog, übergab er seinem Sohne Wilhelm, Erzbischof von Mainz, die Regierung von T., welcher Erfurt befestigte. Als Markgraf erscheint damals Günther, u. nachdem er 982 in Italien geblieben war, sein Sohn Eckard. Als sein Oheim Rigdag, Markgraf von Meißen, gestorben war, wurde Eckard auch Markgraf von Meißen (s.d. S. 92) u. machte nach Ottos II. Tod 1002 Ansprüche auf die Herzogswürde von T., wurde aber 1002 zu Pölde bei Nordheim ermordet (s. ebd.). Wilhelm I., Graf von Weimar, war nun der mächtigste Fürst in T., u. auf seine Verwendung erließ Kaiser Heinrich II. den Thüringern, als er 1004 ihr Land besuchte, den jährlichen Tribut von 500 Schweinen für die königliche Küche. Markgrafen von T. kommen in dieser Zeit nicht mehr vor. Mit Kaiser Heinrich II. starb 1024 das Sächsische Regentenhaus, welches bisher gewissermaßen die Hoheit über T. ausgeübt hatte, aus. Konrad II. aus dem Salischen Hause schlug T. zu Franken; doch stand das Land von nun an nicht mehr in unmittelbarer Abhängigkeit von dem Fränkischen Reiche. Die mächtigsten Herren im Lande waren neben den Grafen von Weimar die von Orlamünde (s.d.). Graf Wilhelm III. von Weimar erhielt vom Kaiser die Würde eines Markgrafen; doch die Herrschaft über die übrigen Grafen hatte er nicht. In dieser Zeit kam (1036) ein fränkischer Edelmann, Ludwig mit dem Barte, aus dem Geschlechte der Salier, nach T., welcher mehre Grundstücke am Thüringer Wald, unter andern Altenberge u. die Gegend von Reinhardsbrunn, kaufte u. anbaute. Seine Macht begründete er durch die Vermählung mit der begüterten Cäcilie von Sangerhausen. Er st. zu Mainz 1056, auf der Rückkehr von einer Reise zu Beerdigung Kaisers Heinrich III. Ludwig II. der Springer (Saliens), sein älterer Sohn, erbte die väterlichen Güter, der jüngere, Beringer, das von der Mutter eingebrachte Sangerhausen. 1069 entspann sich der Thüringische Zehntstreit mit dem Mainzer Erzbischof Sigfrid. Nämlich Graf Otto von Orlamünde (1062–67) hatte dem Erzbischof den Zehnten von allen seinen Besitzungen in T. zugesprochen u. demselben verheißen auch die andern Thüringer zu Entrichtung des Zehnten zu nöthigen. Als aber die Thüringer sich dessen weigerten, stellte Sigfrid sie dem Papste u. dem Kaiser Heinrich IV. als Empörer dar. Den Letztern gewann Sigfrid dadurch für sich, daß er demselben zur Scheidung von seiner Gemahlin Bertha behülflich zu sein versprach. Als dies die Thüringer erfuhren, griffen sie mit dem Markgrafen Dedo von der Lausitz zu den Waffen, wurden aber von den Truppen des Erzbischofs u. Kaisers, welche die Burgen Beuchlingen u. Scheidungen[565] eroberten, besiegt u. erhielten von dem Kaiser den Befehl den Zehnten zu entrichten. Indeß der Kaiser gab seinem Worte keinen Nachdruck, da der Erzbischof ihm nicht von seiner Gemahlin helfen konnte. Erst 1073 brach der Krieg wieder aus, als die Thüringer sich mit den Sachsen gegen Heinrich IV. verbunden hatten. Zunächst sollte auf der Thüringer Synode zu Erfurt, 10. März, die Rechtmäßigkeit der Zehntforderung von Seiten des Erzbischofs bewiesen u. die Thüringer zur Pflicht der Entrichtung desselben genöthigt, diese Pflicht auch auf die Äbte von Fulda u. Hersfeld ausgedehnt werden. Indeß wenn auch den Thüringern der Beweis geführt wurde, so bedrückte u. plünderte der Kaiserdoch das Land so aus, daß sie bei dem besten Willen nichts hätten entrichten können. Nach dem Siege Heinrichs IV. über die Thüringer u. Sachsen am 9. Juni 1075 bei Hohenburg an der Unstrut unweit Langensalza, sprach der Erzbischof auch noch den Bann über die Thüringer Fürsten aus, u. als die Führer der Sachsen u. Thüringer auf der Ebene von Spier an der Helbe, südlich von Sondershausen, vor dem Könige erschienen, um sich demselben zu unterwerfen, wurden sie, trotz des erhaltenen Versprechens, daß sie weder an Gut noch an Freiheit beschädigt werden sollten, gefangen u. abgeführt. Nachdem Heinrich IV. u. mit ihm Sigfrid in den päpstlichen Bann gerathen war, wurden die gefangenen Grafen u. Herren wieder frei u. betheiligten sich an der Wahl des Gegenkönigs; sie wurden bei Melchrichstadt, 7. Aug. 1078, geschlagen, siegten aber mit am 27. Jan. 1080 bei Fladenheim u. im October d. J. bei Grona unweit Merseburg. Darauf abdicirte Sigfrid 1082, u. der Zehntstreit ruhte nun fast ein halbes Jahrhundert, bis Erzbischof Adelbert I. 1123 einen neuen Versuch der Erhebung machte (s. unten). An jenem Kriege hatte aber Ludwig II. der Springer nur zu Anfang Theil genommen; 1070 hatte er die Wartburg gebaut u. das in der Thüringer Fehde zerstörte Eisenach wieder hergestellt; an der Unstrut hatte er das Schloß Neuenburg u. die Stadt Freiburg gegründet. Hier lernte er die nahe wohnende Adelheid von Goseck, Tochter Udos von Stade, Gemahlin des Pfalzgrafen Friedrich von Sachsen, kennen, u. um sie zu heirathen, ließ er 1087 den Pfalzgrafen ermorden, weshalb er auf dem Giebichenstein eingesperrt worden sein u. sich von da durch einen kühnen Sprung in die Saale gerettet haben soll (s. Ludwig 121). Zur Sühne seiner That stiftete Ludwig 1089 das Kloster Reinhardsbrunn. Ludwig hatte in dieser ganzen Zeit es mit dem Kaiser gehalten, eine Fehde jedoch, welche er 1090 mit seinem Stiefsohn, dem Pfalzgrafen Friedrich II. von Sachsen, über dessen Erbe begann, entzweite ihn mit dem Kaiser; ein Vergleich 1098 versöhnte die Streitenden. 1112 schloß er sich gegen den Kaiser an die mißvergnügten Sachsen an, rettete sich zwar, 1113 von Hoyer von Marsfeld in Warnstädt überfallen, durch die Flucht, ergab sich aber doch 1114 dem Kaiser zu Dortmund u. wurde in Haft gehalten, bis er die Wartburg überlieferte. Als er 1114 bei des Kaisers Hochzeit zu Mainz erschien, ließ ihn derselbe wieder gefangen nehmen. Seine Söhne kämpften, bis sie 1116 Heinrich von Meißen, einen Feldherrn des Kaisers, singen u. durch dessen Freigebung ihren Vater auslösten. Ludwig II. starb 1123 als Mönch in Reinhardsbrunn, in welchem Jahre auch der Erzbischof Adelbert I. von Mainz wieder einen Versuch machte den Zehnten in T. zu erheben. Da aber rotteten sich unter Heinrich Raspe an 20,000 Thüringer dei Trettenburg zusammen u. zogen gen Erfurt, wo der Erzbischof damals war; hier nöthigten ihm diese den Verzicht auf die Zehntabgabe ab, u. seitdem hat Mainz seine Ansprüche auf den Zehnten in T. aufgegeben. Ludwig hinterließ drei Söhne; der zweite, Heinrich Raspe II., welcher mit dem älteren, Ludwig, getheilt hatte, wurde 1130 ermordet, Otto (Udo) widmete sich dem geistlichen Stand u. wurde Bischof in Zeitz; Ludwig III., der älteste Sohn, allein blieb übrig, welcher nicht nur die väterlichen Güter in T. erhielt, sondern auch durch die Vermählung mit der Gräfin Hedwig von Gudensberg zum Besitz ansehnlicher Ländereien in Hessen kam u. vom König Lothar zum Landgrafen von T. ernannt wurde.

Ludwig III. (als Landgraf Ludwig I.) stand bei dem deutschen Regentenwechsel 1137 auf Seiten Konrads III u. T. war in Gefahr der Schauplatz eines verheerenden Krieges zu werden, doch wurde bald ein Waffenstillstand geschlossen. Ludwig unternahm dann 1139 einen Zug gegen Polen u. starb 1140. Sein ältester Sohn, Ludwig IV. (II.) der Eiserne, war bei der Belehnung mit der Landgrafenwürde noch minderjährig u. am Hofe des Kaisers Konrad III., während seine Mutter Hedwig die Vormundschaft führte. Dies benutzten die übrigen thüringischen Grafen zur Wiedererlangung mancher Gerechtsame, welche ihnen durch die Erhebung seines Vaters zum Landgrafen geschmälert worden waren, u. zur Härte gegen die Unterthanen, doch schützte Ludwig die Letzteren, als er 1144 die Regierung selbst übernommen hatte, durch energische Maßregeln (s.u. Ludwig 153). Mit seinem Schwager, dem Kaiser Friedrich Barbarossa, zog er 1157 gegen Polen, stand demselben 1158 u. 1161 gegen die Mailänder bei, kriegte gegen die Erzbischöfe von Köln u. Mainz u. zerstörte auf kaiserlichen Befehl 1163 die von Letzterem errichteten Mauern Erfurts. Den italienischen Zug des Kaisers 1166 machte er nicht mit, sondern befehdete bis 1168 Heinrich den Löwen. Er starb 1172 auf dem Schlosse Freiburg. Ludwig erwarb Gotha, stiftete die Klöster Georgenthal, Ichtershausen, Roßleben u. m. a. Von seinen Söhnen folgte ihm in T. Ludwig V. (III.) der Milde, während Heinrich Raspe durch Heirath Hessen erwarb. Ludwig bekriegte 1173 zu Gunsten seines Oheims, des Kaisers Friedrich I., die Söhne des Markgrafen Albrecht des Bären von Brandenburg, welche dafür T. arg verwüsteten, unterwarf 1177 die sich empörenden Erfurter u. die Grafen Erwin u. Heinrich von Gleichen u. nahm an der Bekämpfung Heinrichs des Löwen den thätigsten Antheil, wurde aber von demselben 1180 gefangen, nach Lüneburg u. nach Holstein auf die Burg Sigeberg gebracht u. erst losgegeben, als Heinrich seiner als Friedensvermittlers mit dem Kaiser bedurfte. Die nach dem Tode des Pfalzgrafen Friedrich von Sommerseburg erhaltene Pfalzgrafschaft Sachsen trat Ludwig 1181 an seinen Bruder Hermann ab, begleitete 1184 den Kaiser nach Italien, machte 1189 den Kreuzzug mit, wo er sich bei der Belagerung von Ptolemais auszeichnete, u. starb auf der Heimkehr 1190 (1189) auf Cypern. Da er keine Kinder hatte, so folgte ihm sein Bruder Hermann I. Dieser führte von 1192–95 mit dem Erzbischof Konrad von Mainz eine, schon unter Ludwig III. begonnene Fehde u. bekämpfte zum Beistand Dietrichs des Bedrängten,[566] welcher zu ihm floh, den Markgrafen Albrecht den Stolzen von Meißen. Nach dem Tode des Kaisers Heinrich VI. hielt es Hermann erst mit Otto IV., dann mit Philipp von Schwaben; als er sich wieder auf Ottos Seite gewendet hatte, mußte er sich, da die Böhmen T. verwüsteten, 1204 zu Ichtershausen unterwerfen. Nach Philipps Tode 1208 trat er auf Ottos Seite zurück, ließ sich aber 1211 von dem Papst bewegen sich für Friedrich II. zu erklären, weshalb er von Otto IV. 1212 bekriegt wurde, bis Friedrich II. nach Deutschland kam. Er starb 1216 in Gotha; unter ihm soll 1207 der Sängerkrieg (s.d.) auf der Wartburg stattgefunden haben. Sein Sohn Ludwig VI. (IV.) der Heilige hatte bei des Vaters Tod kaum das 15. Jahr zurückgelegt; er bestellte seine Brüder, nach erlangter Mündigkeit, zu Statthaltern der einzelnen Theile des Landes. Der Erzbischof Sigfrid von Mainz erklärte ihn 1219, als den Sohneines in der Excommunication Gestorbenen, in den Bann; allein Ludwig zwang den Erzbischof zur Aufhebung des Bannes. Als sein Schwager, Markgraf Dietrich der Bedrängte von Meißen, 1221 gestorben war, wurde ihm die Vormundschaft über dessen Sohn, Heinrich den Erlauchten, übertragen. Aber seine Schwester Jutta wollte regieren; sie verband sich daher insgeheim mit dem Grafen Poppo XIII. von Henneberg u. hetzte die meißnischen Herren gegen Ludwig auf. Daraus entstand 1223 ein Krieg, in welchem Ludwig bis Rochlitz vordrang. 1225 machte er einen Zug gegen Polen, in welchem er Lebus eroberte, u. starb 1227 auf einem Kreuzzug nach Palästina in Otranto; seine Gemahlin war die Sta. Elisabeth. Sein Bruder Heinrich Raspe war von ihm als Statthalter u. Vormund seines Sohnes Hermann bestellt; der andere Bruder, Konrad, verwaltete Hessen. Als Hermann II. 1239 mündig geworden war, übernahm er selbst die Regierung. Durch die Vermählung mit Helena von Braunschweig erhielt er 1238 das Land an der Leine. Er starb 1242 zu Kreuzburg, u. ihn beerbte sein Oheim Heinrich Raspe in T. u. Hessen. Dieser wurde vom Papst Innocenz IV. durch das Versprechen von 25,000 Mark Silber gewonnen sich gegen den Kaiser Friedrich II. zu empören u. 1246 zum Gegenkönig gewählt. Da dies meist von geistlichen Fürsten geschah, so wird er von den Gegnern der Pfaffenkönig genannt. Heinrich schlug 1246 Friedrichs II. Sohn, den König Konrad, belagerte jedoch vergebens im Winter Reutlingen u. Ulm. Bald darauf starb er auf der Wartburg 1247, u. mit ihm erlosch der Ludwigsche Mannsstamm. T. nahm jetzt den Strich ein, welcher gegen Norden von dem Harze, gegen Osten von der Saale, gegen Süden von dem Thüringer Walde u. gegen Westen von der Werra eingeschlossen ist. Außerdem gehörte Hessen dazu. Der Landgraf besaß eigne Güter, seine landesherrliche Gewalt bestand darin, daß er über die Grafen, Herren, Edelleute, Klöster u. Städte das Oberrichteramt hatte u. daß sie verbunden waren seinem Aufgebote zu folgen. Das Landgericht, welches der Landgraf selbst verwaltete, war zu Mittelhausen; außer demselben waren noch vier Dingstühle zu Gotha, Thomasbrücken, Weißensee u. Buttelstädt; jeder derselben hatte seinen Voigt: daneben hatten auch die Städte u. Klöster Gerichtsbarkeit. In dieser Periode wurde auch der Bauernstand in T. von der Leibeigenschaft befreit, ohne dadurch jedoch die Frohnen zu verlieren. Nachdem mit Heinrich Raspe das Haus der älteren Landgrafen von T. im Mannesstamme erloschen war, kam T. in den Besitz Heinrichs des Erlauchten, u. somit an das Haus Wettin. Dieser war der Sohn des Markgrafen Dietrich von Meißen u. der Jutta, der älteren Tochter des Landgrafen Hermann I., u. bereits 30. Juni 1242 bei Hermanns II. Tode vom Kaiser eventuell mit T. beliehen. Neben ihm traten aber auch andere Prätendenten auf: Sophie, die Tochter des Landgrafen Ludwig des Heiligen u. Gemahlin des Herzogs Heinrich II. von Brabant, verlangte für ihren Sohn, Heinrich das Kind, Hessen u. andere Güter, welche die Landgrafen von T. besessen hatten u. welche mit dem Reiche in keiner Lehnsverbindung standen; dann Graf Siegfried von Anhalt, Sohn Heinrichs I. von Anhalt u. der Irmengard, der jüngeren Tochter des Landgrafen Hermann I., welcher die Lehnsertheilung an Heinrich den Erlauchten streitig machte, weil sich der Kaiser Friedrich II. damals im Bann befunden habe; endlich der Herzog Otto I. von Braunschweig, weil seine Tochter aus erster Ehe, Helene, mit dem Landgrafen Hermann II. vermählt gewesen war. So entstand der Thüringische Erbfolgekrieg. Durch den Sieg bei Mühlhausen am 11. Febr. 1248 behielt Heinrich der Erlauchte die Oberhand über den Herzog Heinrich von Brabant, u. nachdem der Herzog von Braunschweig nach einem schwachen Versuche abgezogen war, kam am 1. Juli 1249 zwischen Heinrich dem Erlauchten u. den thüringischen Grafen u. Herren ein Vergleich zu Weißenfels zu Stande, in welchem Heinrich der Erlauchte als Landgraf anerkannt wurde. Ihm wurden alle Güter der alten Landgrafen (außer Putelendorf) übertragen u. er gewährleistete dagegen den thüringischen Herren die ihrigen. In Hessen hatte sich unterdessen Sophie festgesetzt u. Herren u. Städte hatten ihr gehuldigt; auch in T. wollte sie nochmals ihr Glück versuchen; allein Heinrich rückte ihr entgegen u. nöthigte sie zum Vergleich; sie räumte ihm T. u. Hessen auf zehn Jahre, u. dann sollte ein richterlicher Ausspruch über die Rechte des Markgrafen u. ihres Sohnes, Heinrichs des Kindes, entscheiden. Doch als sich Heinrich der Erlauchte 1252 vom Kaiser Wilhelm von Holland belehnen ließ, kam Sophie 1253 nach Hessen u. T. u. forderte Entscheidung von den Kurfürsten. Heinrich wies dies zurück, u. nun schlug 1254 Sophie vor, daß sie Heinrichs Recht auf T. anerkennen wolle, wenn er selbst u. 20 thüringische Ritter eidlich erhärten könnten, daß er ein näheres Recht auf T. habe, als ihr Sohn; dieser solle sich dann mit Hessen begnügen. Obgleich diese Eidesleistung in der Katharinenkirche zu Eisenach erfolgte, so nahm sie doch ihr Wort zurück, u. der Krieg begann von Neuem Anfangs stand Sophie allein, dann verband sie sich mit dem Herzog Albrecht dem Großen von Braunschweig, welcher Eisenach besetzte. Heinrich eroberte 1262 Eisenach wieder u. vertrieb Albrechten aus T.; dieser aber machte 1263 einen neuen Einfall u. war bereits bis Wettin gekommen, wurde jedoch von Rudolf von Vargula am 28. Oct. in seinem festen Lager dort überfallen u. gefangen, u. Sophie mußte nnn 1264 Frieden schließen. Heinrich das Kind erhielt Hessen, wozu noch Eschwege, Altendorf, Witzenhausen, Fürstenstein, Arnstein, Bilstein, Wanfried u. Ziegenberg, welche Albrecht von Braunschweig[567] als Lösegeld abtreten mußte, geschlagen wurden; Heinrich der Erlauchte erhielt dagegen T.; er setzte stinen Stiefbruder, den Grafen Hermann von Henneberg, als Statthalter von T. ein u. gesellte demselben später seinen ältesten Sohn, Albrecht den Unartigen, bei, welcher Letztere 1265 wirklich Landgraf wurde. Er war mit Margarethe, Tochter des Kaisers Friedrich II, vermählt, ließ sich aber ganz von seiner Geliebten, Kunigunde von Eisenberg, beherrschen u. benahm sich gegen Margarethe so feindselig, daß dieselbe in einem Kloster eine Zuflucht suchte. 1268 hatte Albrecht Streitigkeiten mit seinem Bruder Dietrich u. 1270 mit seinem Vater Heinrich. Als er nach dem Tode Margarethens, 1272, Kunigunde heirathete, wollte er seine Söhne erster Ehe, Heinrich, Friedrich den Gebissenen u. Diezmann (Dietrich), welche nach Margarethens Flucht sein Bruder Dietrich nach Landsberg zu sich genommen u. zu Erben seines Landes eingesetzt hatte, um T. bringen u. dieses Land seinem Sohn von Kunigunde, Apitz, zuwenden, dagegen seinen ülteren Söhnen, Heinrich u. Friedrich dem Gebissenen, das Pleißnerland (welches ihm der Kaiser Friedrich II. statt der Mitgift für Margarethen verpfändet hatte) geben. Darüber brach ein langer Krieg zwischen Vater u. Söhnen aus, welcher T. u. Pleißen furchtbar verheerte u. zwar nach Kunigundes Tode beendigt wurde, aber 1288, nach Heinrichs des Erlauchten Tode, heftiger wieder entbrannte. Albrecht nahm Meißen mit seinem Neffen Friedrich Tutta in Besitz; darauf ließ er Apitzen vom Kaiser Rudolf von Habsburg als ehelich erklären u. räumte demselben 1289 Tenneberg, Brandenberg, Breitenbach u. Brandenfels ein. Endlich wurde Albrecht von seinem Sohne Friedrich dem Gebissenen gefangen u. erhielt nur durch harte Bedingungen in dem Vergleich zu Rochlitz 1289 seine Freiheit wieder. Diesen Krieg der Fürsten hatten auch die kleinen Herren zu Fehderei u. Plünderungen benutzt, wozu sie zahlreiche Schlösser gebaut hatten. Um diesem Unwesen zu steuern, kam der Kaiser Rudolf von Habsburg im Decbr. 1289 nach Erfurt u. stellte während seines Aufenthalts bis Anfang November 1290 daselbst, die Ordnung durch Strenge wieder her, indem er die Raubschlösser niederreißen u. ihre Besitzer hinrichten ließ u. ein Friedensgericht bestellte, welches aus 12 Friedenspflegern u. dem Hauptmann des Friedens bestand u. die Streitigkeiten schlichten sollte, welche zu Fehden Gelegenheit geben konnten. Als Albrecht weder seine Söhne, noch die thüringischen Herren zur Billigung der Erbtheilung zum Besten Apitzens bewegen konnte, Diezmann u. Friedrich sich auch 1291 nach Friedrich Tuttas Tode in den Besitz von Meißen gesetzt hatten, verkaufte Albrecht 1291 die Mark Landsberg an Brandenburg u. T. an den Kaiser Adolf von Nassau für 12.000 Mark Silber (94,000 Gulden) u. zugleich seine Ansprüche auf Meißen; nur Wartburg, wozu Tenneberg u. Winterstein nebst einem Theile von Gotha u. Eisenach gehörte, behielt sich Albrecht vor. Kaiser Adolf rückte nun 1294 mit einem Heere in T. ein u. nahm das Land in Besitz, welches jedoch nach seiner Absetzung, 1298, wieder an Friedrich u. Diezmann kam. Auch mit ihrem Vater söhnten sich diese wieder aus, nachdem Apitz 1300 gestorben war. Aber ruhig blieb der Besitz von T. den beiden Brüdern nicht, indem Adolfs Nachfolger, Kaiser Albrecht I., bes. angeregt von den Eisenachern, seine Ansprüche auf T. erneuerte. Friedrich hielt sich in T., wo er auch seinem Vater die Wartburg abnahm, u. durch den Sieg bei Lucka, zwischen Altenburg u. Leipzig, welchen er u. Diezmann am 31. Mai 1307 über die Kaiserlichen erfochten, wurde Meißen u. T. von dem kaiserlichen Heere befreit u. die Markgrafen in deren Besitz gesichert. 1308 wurde Friedrich der Gebissene, nach Diezmanns im Dec. 1307 in Leipzig erfolgtem Tode, alleiniger Herr von T., Meißen u. dem Osterlande. Auf einem Landtage in Erfurt erhielt er die Huldigung von den thüringischen Herren, bekam auch Eisenach u. empfing nach dem Tode des Kaisers Albrecht I. vom Kaiser Heinrich VII. 1310 die förmliche Belehnung mit T. 1310–12 lag Friedrich mit Erfurt, Nordhausen u. Mühlhausen, welche Städte sich unabhängig erhalten wollten, im Krieg u. unterwarf sie. Bald darauf gerieth er in Gefangenschaft des Markgrafen Woldemar I. von Brandenburg, doch bald wieder frei geworden, stellte er um 1316 die gestörte Ordnung in T. wieder her. 1314 war Albrecht der Unartige gestorben; im Nov. 1324 folgte ihm Friedrich der Gebissene im Tode nach. Während seiner langen Krankheit hatte seine zweite Gemahlin Elisabeth von Arnshaugk u. Graf Heinrich der Ältere von Schwarzburg die Regierung geführt u. führten sie als Vormünder für den minderjährigen Sohn Friedrichs, Friedrich II. den Ernsthaften, fort u. betheiligten sich an den Kriegen des Kaisers Ludwig des. Baiern, mit dessen Tochter Mathilde Friedrich verlobt war u. die er später auch heimführte. Heinrich von Schwarzburg blieb 1326, u. an seiner Statt wurde Heinrich Reuß von Punten zum Vormund bestellt, welcher sich um T. die größten Verdienste erwarb. Der Streit mit seiner Mutter, Elisabeth von Arnshaugk, wegen Umtausch ihres von ihrem Gemahl angewiesenen Leibgedinges (Gotha, Jena, Weißensee), endigte sich 1333 durch die Dazwischenkunft des Kaisers dadurch, daß Elisabeth Tenneberg statt Weißensee annahm. 1342 brach der Thüringische Grafenkrieg aus, weil die Grafen von Orlamünda u. von Schwarzburg mit den andern Herren des Landes sich ihrer Vasallenpflicht gegen den Landgrafen entziehen wollten. Zwar kam durch Vermittlung des Kaisers Ludwig 1343 ein Vergleich zu Stande, indeß der Krieg brach alsbald wieder aus u. wurde erst 1345 beendigt. In demselben wurde die Macht der Grafen gebrochen, der Landgraf gewann großen Länderbesitz, u.a. die Grafschaft Orlamünda, u. große Macht im Lande. Friedrich II. starb 1349. Von seinen Söhnen führte Friedrich III. der Strenge (Tapfere) die Regierung in T. u. Meißen für sich u. seine beiden unmündigen Brüder, Balthasar u. Wilhelm den Einäugigen. Durch den Gothaer Vertrag 1356 versprachen sie sich die Regierung nicht zu theilen. 1350 erbte Friedrich III. von dem Grafen Heinrich von Henneberg, als dessen Schwiegersohn, die Pflege Koburg u. schlug dieselbe zu dem gemeinschaftlichen Land; auch erhielt er Schmalkalden unterpfändlich für die Mitgift seiner Gemahlin. In dem mit Karl IV. gegen Heinrich Reuß von Plauen 1357 unternommenem Feldzuge erhielt er Ziegenrück, Triptis, Auma etc.; nach dem Tode des Grafen Günther von Schwarzburg Dornburg, die Schlösser Lobdaburg, Windberg u.a., wofür T. seine Ansprüche an Frankenhausen aufgab; auch das von Friedrich dem Ernsthaften an Hermann von Beichlingen[568] verpfändete Kindelbrück wurde wieder ausgelöst; von Albrecht von Braunschweig eroberte Friedrich Heidenburg, Windhausen u. Lichtenstein; 1367 kaufte er vom Grafen Johann von Schwarzburg Wachsenburg, Schwarzwald u. Liebenstein. 1372 starb Landgraf Heinrich von Hessen; sein Neffe Hermann folgte ihm u. verband sich, um sicher gegen andere Thronbewerber zu stehen, mit Balthasar, mit welchem er auch 1373 die Hessisch-thüringische Erbverbrüderung schloß. Auch erwarben die Brüder pfandweise Sangerhausen, Landsberg u. Egelsburg, bekamen die Lehnsherrschaft über Arnstadt u. zwangen die Erfurter ihren Bruder Ludwig als Kurfürsten von Mainz anzuerkennen. 1379 theilten die Brüder, ungeachtet des Vertrags von 1356; von den drei Loosen erhielt Balthasar T., Friedrich III. das Osterland, Wilhelm Meißen. Durch die Vermählung mit Margarethe, Tochter des Burggrafen Albrecht zu Nürnberg, brachte Balthasar noch Heldburg, Hildburghausen, Eisfeld, Erdmannshausen u. Ummerstedt an sich, ferner fielen ihm die Grafschaft Käfernburg u. Scharfenberg u. durch Kauf Gerstungen zu. Am 1. Mai 1403 schloß Balthasar mit seinem Bruder Wilhelm u. seinen Vettern, für den Fall, daß die eine Linie aussterben sollte, den Erbfolgevertrag zu Rochlitz, vermöge dessen die Besitzungen der ausgestorbenen Linie an die übrigen beiden Theile kommen sollten Balthasar starb 1406. Die Verschwendungssucht seiner zweiten Gemahlin, Anna von Braunschweig, hatte ihn genöthigt seinen Unterthanen eine neue Steuer, der Bär genannt, aufzulegen. Sein einziger Sohn aus erster Ehe u. Nachfolger war Friedrich IV. der Einfältige, ein beschränkter Fürst; Graf Günther von Schwarzburg, mit dessen Tochter Anna er vermählt war, führte für ihn die Regierung. Durch den Tod seines Oheims Wilhelm erhielt er in Folge des Rochlitzer Vertrags aus dessen Besitzungen 1410 Dresden u. den größten Theil von Meißen. Da Friedrich keine Leibeserben hatte u. Günther von Schwarzburg T. an sich od. um gute Bezahlung an ein fremdes Haus zu bringen suchte, so brachten die Markgrafen Friedrich u. Wilhelm von Meißen 1412 den Landgrafen dahin, daß er alle Städte u. Schlösser ihnen als rechtmäßigen Erben huldigen ließ. Nach seinem 1440 zu Weißenfels, seiner Residenz, erfolgten Tode fiel T. an Meißen zurück.

In Meißen waren von Friedrichs III. Enkeln, nachdem Heinrich 1435 gestorben u. Siegmund in den geistlichen Stand getreten war, noch Friedrich der Sanftmüthige u. Wilhelm III. übrig, welche bis 1445 gemeinschaftlich regierten. Dann erhielt Wilhelm, nach dem Altenburger Vertrag 10. Sept. 1445, T. nebst einem Antheil an dem Osterland u. an Freiberg, wegen der Bergwerke, war aber damit nicht zufrieden, u. obschon er sich durch den Vergleich im Kloster Neuenwerk bei Halle (Hallischer Machtspruch) vom 11. Decbr. 1445 befriedigt erklärte, so brach doch darüber, bes. wegen des Besitzes der Grafschaft Schwarzburg, ein Krieg (Bruderkrieg) zwischen Beiden aus, welcher durch den Frieden zu Naumburg 21. Jan. 1451 beendigt wurde; der Streitpunkt wegen Schwarzburg wurde erst 1453 durch den Landgrafen von Hessen erledigt; Friedrich überließ dasselbe seinem Bruder, welcher es dem Grafen Heinrich wieder übergab. Eine Folge dieses Krieges war Wilhelms Fehde mit Apel von Vitzthum u. weiter der Sächsische Prinzenraub (s.d.), an den Söhnen des Kurfürsten Friedrich des Sanftmüthigen zu Altenburg 1455 verübt. Wilhelm beförderte den Handel u. erließ 1475 eine neue Münzordnung. Sein Umgang mit Katharina von Brandenstein neben seiner Gemahlin Anna, der Tochter des Kaisers Albrecht II., u. seine Heirath der Katharina nach. Anna's Tode (1461) veranlaßte ihn zu einer Bußfahrt nach Jerusalem. Er starb 1482. Da Landgraf Wilhelm keine Söhne hatte, so fiel T. an seine beiden Neffen Ernst u. Albrecht, Söhne des Kurfürsten Friedrich des Sanftmüthigen; diese, schon seit 1464 Herren des Meißnerlandes, theilten beide Länder zu Leipzig 26. August 1485; zum thüringischen Theil kamen: Breitenbach, Buttstedt, Gotha, Gerstungen, Kreuzberg, das Geleit zu Erfurt, Hayneck, Eisenach, Magdala, Wachsenburg, Waltershausen u. Wartburg, das halbe Osterland mit Altenburg, Eisenberg, Saalfeld; ferner wurden unter die Herrschaft T-s die Grafen von Schwarzburg, Arnstadt, Blankenburg, Rudolstadt, Ilmenau, Leutenberg, Gleichen, Tonna, Blankenhain, Ehrenstein, Remda, Schauenforst, die Burggrafen zu Farrenroda, Kirchberg u. die Reußen zu Kirchberg gezogen; von Meißen kamen noch Torgau, Dommitzsch, Eilenburg, Grimma, Kolditz, Düben, Zwickau u. Annaberg dazu, während von T. an Sachsen kamen: Weißenfels, Kamburg, Jena, Freiburg, Weißensee, Sangerhausen, Eckartsberg, Thomasbrück u. Tennstädt; diesen Theil empfing Kurfürst Ernst, welcher, außer den, beiden Portionen gemeinschaftlich bleibenden Landestheilen u. Einkünften, von seinem Bruder noch Jena u. 50,000 Gulden erhielt. Von nun an wird die Geschichte T-s die der Ernestinischen Linie des Hauses Sachsen, s. Sachsen S. 680 ff. Vgl. Pfefferkorn, Auserlesene Geschichte von der Landgrafschaft T., Frankf. 1684, n. A. 1685; Casp. Sagittarius, Antiquitates regni thuringici, 1685: Antiquitates gentilismi et christianismi thuringici, 1685; Antiq. ducatus thur., Jena 1588; Thüringische Geschichte aus der Handschrift des C. Sagittarius, herausgeg. von Klotzsch, Chemnitz 1772; Olearius, Syntagma rerum thuringicarum, Erf. 1704 u. f.; J. H. von Falkenstein, Thüringische Chronika, 1738, 3 Bde.; J. G. Reinhard, Antiquitates marchionatus ut et origines landgraviatus thuringici, Dresd. 1712; Schuhmacher, Vermischte Nachrichten zur Erläuterung der Sächsischen, bes. der Eisenachschen Geschichte, 1766–72, 6 Samml.; C. W. Schneider, Sammlung zur Geschichte T-s, Weim. 1772; J. G. A. Galletti, Geschichte T-s, Gotha 1782–85, 6 Bde.; Ders., Lehrbuch für die thüringische Geschichte, ebd. 1795; R. C. Lossius, T-s Vaterlandskunde, Erfurt 1801; A. H. Erhard, Allgemeine thüringische Vaterlandskunde, ebd. 1822–24, 3 Jahrg.; Riemann, T-s Geschichte, Kassel 1825; F. Wachter, Thüringische u. obersächsische Geschichte, Lpz. 1826 f., 3 Bde.; H. Döring, Die Thüringer Chronik, Erf. 1843; Storch, Thüringische Chronik, Gotha 1841; Michelsen, Die ältesten Wappenschilder der Landgrafen von T., Jena 1857; Derselbe, Die Landgrafschaft T. unter den Königen Adolf, Albrecht u. Heinrich VII., ebd. 1860; Bechstein, Sagenschatz u. Sagenkreise des Thüringerlandes, Hildburgh. 1835.

Quelle:
Pierer's Universal-Lexikon, Band 17. Altenburg 1863, S. 564-569.
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