Eskimos

[2] Eskimos, Esquimaux. So heißt eine weit verbreitete, wilde Völkerschaft, welche nomadenartig die eisigen Wüsten von Nordamerika und Grönland bewohnt. Ihr Wuchs steht dem der Europäer bedeutend nach. Die größten ihrer Weiber sind 5 Fuß und die kleinsten 4 Fuß 5 Zoll hoch. Ihre Gesichtsbildung ist gleichfalls von der unsrigen sehr verschieden; sie haben hervorstehende Backenknochen, eine platte, eingedrückte Nase, hohe Stirnen; ihre Augen sind nicht horizontal gespalten, deren innere Winkel sind mehr abwärts, der Nase zu, geneigt. Hände und Füße sind unverhältnißmäßig klein, die Haut beider Geschlechter weich und glatt; die Männer sind wohlbeleibt, doch nicht übermäßig, die Weiber fast alle zu stark; selbst bei jungen Männern treten die Muskeln wenig hervor. Ihre Lebensweise ist rauh und beschwerlich, denn sie bewohnen einen Erdstrich, der 9 Monate im Jahre mit Eis bedeckt ist, und ihnen weder Gemüse noch Getreide bietet. Sie sind auf Jagd und Fischfang beschränkt, die ihnen nicht nur Nahrung, sondern auch Kleidung verschaffen. Letztere besteht aus ungegerbten Seehunds- und Rennthierfellen, welche mittelst einer Fischgräte und getrockneter Rennthiersehnen zusammengenäht werden. Männer und Weiber tragen weite Beinkleider und darüber eine Art Rock mit weitem Kragen, worin die Letzteren ihre kleinen Kinder verbergen. Ihr Lieblingstrank ist Wallfischthran und ihr leckerstes Gericht besteht aus rohem Seehunds-[1] oder Eisbärfleische. Im Sommer wohnen sie in einem kleinen Zelte von Seehundsfellen und im Winter in Schneehütten. Der Thran der Wallfische und Seehunde wird in den Lampen gebrannt, die ihnen die langen, traurigen Nächte erhellen; ein dünnes Eisstück dient als Fensterscheibe. Sie legen ihre Wanderzüge über den meilenweiten Schnee sehr schnell in Schlitten zurück, welche von ihren Hunden gezogen werden. Sie leben unter einander friedlich und vertraglich, kennen kein Oberhaupt, theilen sich gemeinschaftlich in die Beute, sind nicht habgierig; alle neuere Reisenden loben ihre Ehrlichkeit und Treue. So tadellos sonst ihre Neigungen sind, so gilt doch die eheliche Untreue weder für eine Schande, noch für ein Verbrechen. – Von einem höchsten Wesen und der Fortdauer nach dem Tode haben sie nur dunkle Begriffe; doch sind sie abergläubisch und halten ihre Zauberer, die Wind und Wetter zu beschworen und Seehunde herbeizulocken im Stande zu sein vorgeben. Ihr Jenseits ist ein Land, wo die Sonne nie untergeht, wo es viel Jagd und Seehunde in Fülle gibt. Ihr Zahlensinn ist gar nicht ausgebildet; es ist selten, daß Einer bis 20 zählen kann und dann geschieht es nur mit Hilfe der Finger und Zehen. Merkwürdig ist die Liebe zu ihren Kindern, so wie umgekehrt die Achtung dieser für ihre Eltern. Der Witwen und Waisen dagegen nehmen sie sich nicht an und lassen diese zu Grunde gehen, ja benutzen deren hilflosen Zustand sogar, sich auf ihre Kosten zu bereichern. Sie sind sehr muthig und unternehmend und gehen dem grimmigen Eisbär bloß mit einem Spieße bewaffnet entgegen. – Ihre Frauen sind, wenn sie auch nicht auf regelmäßige Schönheit Anspruch machen können, dennoch angenehm und von offenem, gutmüthigem Ausdruck, so daß sie, weniger unsauber, in ihrer eigenen tiefbraunen Farbe, selbst in Europa zu den hübschen gezählt werden würden. Sie scheiteln das schwarze Haar vorn und wickeln es hinten in einem Zopfe auf, den sie zierlich mit Metallknöpfen, Korallen und weißen Lederstreifen[2] zu durchflechten verstehen. Ihre Kleidung nähen sie sehr sauber und nett und wissen namentlich durch bunte Zusammenstellung der Farben ihr den Anstrich von Geschmack und Eleganz zu geben. – Man beschuldigt sie nebst der Untreue auch einer großen Neigung zur Verleumdung und Klatscherei; gegen Fremde spielen sie ganz meisterlich die Koketten. Liebende reiben zum Beweise der höchsten Zärtlichkeit die Nasenspitzen an einander. – Ihre Gesänge und Tanze sind roh und unharmonisch. – Ihre Waffen sind Bogen und Pfeile, ihre Kähne machen sie aus Seehundsfellen; ihre Kochgeräthschaften bestehen aus Töpferarbeit, auch verfertigen sie zierliche Schüsseln aus Tannenholz und Löffel aus den Hörnern der Moschusochsen. – Häufig leben sie im Kriege mit den benachbarten Indianerstämmen; die Gefangenen werden getödtet und scalpirt.

–n.

Quelle:
Damen Conversations Lexikon, Band 4. [o.O.] 1835, S. 1-3.
Lizenz:
Faksimiles:
1 | 2 | 3
Kategorien:
Ähnliche Einträge in anderen Lexika