[323] Hölty, Ludwig Heinrich Christoph, einer der trefflichsten Lyriker, dessen Elegien an rührender Einfachheit, zarter Klage und süßer Melancholie wohl niemals übertroffen werden können, war 1748 in der Nähe von Hannover geboren. Von sehr schwächlicher Gesundheit, ohne alle Mittel, hatte der edle, fromme gefühlvolle Jüngling nichts, als seine Liebe zu der Kunst, der er allein lebte, zu dem Ideal, das er allein liebte, dem er seine Lieder sang. In Göttingen war er ein thätiges Mitglied des dortigen Vereins der Stolberge, Vossens, Bürger's u. A.; um aber unter den Freunden bleiben zu können, mußte er durch Privatunterricht und Uebersetzungen einen ärmlichen Unterhalt verdienen. Dieser Zustand, seine steigende Kränklichkeit und eine hoffnungslose Liebe erhöhten Hölty's Schwermuth und legten zugleich den Keim des Todes in die leidende Seele. Wehmüthig freundlich fühlte er immer naher und dichter seinen schwarzen Fittig sich umrauschen und starb am 1. September 1776, nachdem er kurz vorher im sichern Vorgefühle seiner Auflösung folgende Verse gedichtet hatte
[323] Ihr Freunde, hänget, wenn ich gestorben bin,
Die kleine Harfe hinter dem Altar auf,
Wo an der Wand die Todtenkränze
Manches verstorbenen Mädchens schimmern.
Der Küster zeigt dann freundlich dem Reisenden
Die kleine Harfe, rauscht mit dem rothen Band,
Das, an der Harfe festgeschlungen,
Unter den goldenen Saiten flattert.
Oft, sagt er staunend, tönen im Abendroth
Von selbst die Saiten, leise wie Bienenton;
Die Kinder, hergelockt vom Kirchhof,
Hörten's, und sah'n, wie die Kränze bebten.
T.