Meyerbeer, Giacomo

[209] Meyerbeer, Giacomo, einer der renommirtesten Componisten der neuen Zeit. Seine Opern sind ein musikalisches Arsenal, in welchem Schönes und Gehaltloses in dem blendendsten Farbenglanze neben einander aufgestellt ist. M. hat jene Wissenschaft der Kunst, jene sorgfältige Ausarbeitung, jene berechnende Ueberlegung, jenes Suchen nach Effect, jenen richtig erfassenden Geist: kurz alle schönen Eigenschaften, die ein reiches Talent charakterisiren, ein Talent, das alle Mittel und Wege einschlägt, um den Rang eines Genies zu usurpiren, um dessen Resultate zu erkämpfen. Ein Franzose nennt ihn mit zu viel Schärfe, aber nicht ohne Wahrheit: le genie de l'arrangement, le genie de l'imitation, le genie de n'en avoir pas. Auch in Meyerbeers bester Musik herrscht ein gewisser forcirter Impuls. Er hat in der großen tragischen Oper das Feld gefunden, auf dem seine bedeutenden Fähigkeiten sich am vortheilhaftesten entfalten können; Massen, Scenerie und neue, ergreifende Situationen verdecken die schwächern Theile seiner Musik; ihre Schönheiten, die besonders in den entscheidenden dramatischen Momenten hervortreten, machen sich auch durch jene Luft und treffen[209] den Hörer. »Robert der Teufel« (1831 in Paris gegeben) ist seine erste Oper, welche die europäische Ruhmreise gemacht. Zu ihren Höhepunkten gehört außer der Gnadenbitte der Isabella unstreitig das Trink- und Spielchor, nebst einem Theile des Nonnenballets. Dieser Composition, an welcher M. 6 Jahre arbeitete, sind jetzt die »Hugenotten« gefolgt, die aber erst die pariser Bühne überschritten haben. Die Urtheile über dieses Werk schwanken noch. Doch scheint festzustehen, daß bei bedeutender Armuth und fremdem Eigenthume der ersten Akte: die beiden letzten durch dramatische Schönheiten imponiren. – M. ist 1791 zu Berlin geb. und der Sohn des Bankiers Beer; er war mit C. M. von Weber ein Schüler des Abbé Vogler. Seine ersten Werke erfreuten sich nur eines zweifelhaften Beifalls. Unter seinen in Italien geschriebenen Opern hatte »il Crociato in Egitto« zuerst einen größern Erfolg und wurde auch in Deutschland heimisch. Er lebt in Paris. – Einer seiner Brüder war der bekannte Dichter Michael Beer.

k.

Quelle:
Damen Conversations Lexikon, Band 7. [o.O.] 1836, S. 209-210.
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