[749] Meyerbeer, Giacomo, eigentlich Jakob Meyer Beer, Opernkomponist, geb. 5. Sept. 1791 in Berlin, gest. 2. Mai 1864 in Paris, Sohn des Bankiers Beer, wurde frühzeitig unter Leitung von Franz Lauska zum Klavierspieler ausgebildet und trat als solcher bereits im 9. Jahr an die Öffentlichkeit. Seine Kompositionsstudien leiteten Zelter und B. A. Weber, 181012 aber Abt Vogler in Darmstadt, wo Karl Maria v. Weber sein Mitschüler war. Seine ersten Opernversuche, »Jephthas Tochter« (München 1813),[749] »Abimelek« (Stuttgart 1813), reüssierten nicht, und M. ging daher nach längerm Aufenthalt in Wien, wo er als Pianist Aufsehen erregte, auf Anraten Salieris 1815 nach Italien, um sich in der Opernkomposition Routine zu erwerben. Erst 1825 kehrte er nach Berlin zurück, nachdem er in Italien ein echter Italiener geworden war und. mit einer Reihe in der Manier Rossinis geschriebener Opern (»Romilda e Constanza«, 1818 in Padua, »Semiramide«, Turin 1819, »Emma di Resburgo« [Emma von Leicester], Venedig 1819, »Margherita d'Anjou«, Mailand 1822, »Il crociato in Egitto«, Venedig 1824) sich einen Namen gemacht hatte. Nachdem ihn der Tod des Vaters, seine eigne Verheiratung und andre Familienerlebnisse längere Zeit in Berlin festgehalten, trat er 1831 in Paris mit »Robert der Teufel« (Text von Scribe, ursprünglich für die Opéra-Comique, dann für die Große Oper bestimmt) als ein gänzlich Veränderter hervor und war mit einem Schlage der gefeiertste französische Opernkomponist. Das in hohem Grad abstruse Textbuch, eine Ausgeburt der französischen Romantik, bot ihm Gelegenheit zu krassen Kontrastwirkungen, die er weidlich ausnutzte. Gleich dieses erste seiner nichtitalienischen Werke dokumentiert M. als einen Meister der Instrumentation, der in der Ausbeutung der Klangfarben weit über Weber hinausging, aber sicher an ihn anknüpfte. M. wurde mit dem Orden der Ehrenlegion dekoriert und zum königlich preußischen Kapellmeister (ohne Amt) ernannt. Sein nächstes großes Werk war die ebenfalls von Scribe gedichtete, zu Anfang 1835 vollendete, aber erst 29. Febr. 1836 ausgeführte Oper »Die Hugenotten«, die an Reichtum der musikalischen Erfindung, dramatischer Wirksamkeit und geschicktem Gebrauch aller Kunstmittel den »Robert« übertrifft und in Paris wie später in ganz Europa das größte Aufsehen machte. 1842 wurde M. vom König von Preußen als Nachfolger Spontinis zum Generalmusikdirektor ernannt mit der Verpflichtung, vier Monate im Jahr die Berliner Oper zu dirigieren; doch trug die Stellung in Wahrheit fast ganz den Charakter eines Ehrenamtes. Auf den damit-verbundenen Gehalt von 4000 Tlr. verzichtete M. zugunsten der Kapelle. Für letztere schrieb M. die Oper »Das Feldlager in Schlesien«, zur Einweihung des Berliner Opernhauses 1844 (in Wien als »Vielka«) und die Musik zu dem Trauerspiel »Struensee« seines verstorbenen Bruders Michael (s. Beer 2), die mit Recht als das Gediegenste gilt, was M. für Orchester geschrieben hat. Dagegen ist wieder für Paris geschrieben seine dritte große Oper: »Der Prophet«, die 1849 in Paris zum erstenmal ausgeführt wurde und in der die Steigerung der Effektmittel, die Anhäufung von Massen auf der Bühne etc. ihren Höhepunkt erreicht. Die letzten Arbeiten Meyerbeers, der von nun an abwechselnd in Berlin und Paris lebte, waren die Umarbeitung des »Feldlagers« zu der für Paris bestimmten komischen Oper »L'étoile du nord« (1854) und »Dinorah« (»Die Wallfahrt nach Ploërmel«, 1859); ferner Gelegenheitsstücke, zu denen ihm das Schillerjubiläum (»Schillermarsch«), die preußische Königskrönung (»Fackeltänze«) und die zweite Londoner Industrieausstellung (»Festouvertüre«) den Anlaß boten. Während er in Paris die endliche Ausführung seiner seit 20 Jahren vollendeten, aber immer zurückgehaltenen vierten großen Oper: »Die Afrikanerin«, vorbereitete, ereilte ihn plötzlich der Tod. Die Leiche wurde testamentarischer Bestimmung gemäß zur Bestattung nach Berlin gebracht, in Paris aber dem Dahingeschiedenen eine großartige Totenfeier veranstaltet. Ein Jahr später gelangte die letztgenannte Oper, mit verschwenderischer Pracht ausgestattet, unter Fétis' Leitung in Paris zur Ausführung und fand die glänzendste Ausnahme. Meyerbeers Pariser Opern haben noch bis zur Gegenwart sich auf dem Repertoire behauptet, doch ist die den höhern Idealen feindliche Berechnung auf den Effekt mehr und mehr auch im großen Publikum begriffen worden, so daß sie vor den ungleich höher stehenden Werken Wagners allmählich immer mehr verschwinden. Vgl. Mendel, Giacomo M., Biographie (Berl. 1868; Auszug 1869); Schuch t, Meyerbeers Leben und Bildungsgang (Leipz. 1869); J. Weber, M., notes et souvenirs d'un de ses secrétaires (Par. 1897). In seinem Testament setzte M. ein Legat von 10,000 Tlr. aus (Meyerbeer-Stiftung), dessen Zinsen alle zwei Jahre an talentvolle junge deutsche Komponisten vergeben werden zum Zweck eines Studienaufenthalts von je sechs Monaten in Italien, Paris und den deutschen Städten Wien, München und Dresden. Zur Bewerbung um das Stipendium sind nur berechtigt die Schüler der königlichen akademischen Hochschule für Musik (Abteilung für Komposition), des Sternschen Konservatoriums in Berlin und die des Kölner Konservatoriums. Die Bewerbung erfolgt durch die Komposition einer achtstimmigen doppelchörigen Vokalfuge, einer Ouvertüre für großes Orchester und einer dreistimmigen dramatischen Kantate mit Orchester (Text gegeben).