Slavonien nebst der Militärgrenze

[268] Slavonien nebst der Militärgrenze nebst der Militärgrenze. Um das bunte Kaisergewand Oestreichs windet sich ein breiter, köstlicher Hermelinsaum, dessen äußersten Rand das adriatische Meer als schalkhafter Page trägt: es sind dieß die 3 Königreiche Slavonien, Kroatien und Dalmatien. Die Fruska Gura (–2700 F. hoch) durchläuft S. in seiner ganzen Länge; die Flüsse Donau, Drau und Sau gesellen sich gleich flüchtigen Nymphen zu der melancholischen Bergmajestät, um ihr durch muntere Spiele die Einsamkeit sinnig zu beleben; zahllose Quellen bewässern die weiten Ebenen, die fruchtbaren Thäler und pittoresken Binnenseen, welche anmuthig abwechseln mit terrassenförmigen Anhöhen, metallreichen Steinmassen[268] und dichtbelaubten Wäldern; Mittelitaliens Klima, vom Hauch der Bergluft geläutert, bringt Getreide und Obst jeder Gattung, vorzüglichen Wein und Tabak, Kastanien, Melonen und welsche Nüsse leicht zur Reise; und Bienen und Seidenwürmer bauen und weben immer emsiger ihre Miniaturmodelle zu einem würdigen Tempel einheimischer Industrie. Erst den Ungarn, dann den Türken, seit dem carlowitzer Frieden (1699) dem Hause Oestreich unterworfen, zerfällt dieß 312 Quadrat M. große, von 620,000, außer Deutschen, Ungarn, Wallachen, Griechen und Juden, meist von slavischen Einw. bevölkerte Königreich in das sogenannte »Provinziale,« welches das Posaganer, Syrmische und Werötzer Comitat mit der Hauptstadt des Landes »Esseg,« enthält, und in das »Militare,« ein Theil der sogenannten, 862 Quadrat M. mit 1,025,000 Ew. umfassenden Militärgrenze, jenes langen und größtentheils schmalen Landstrichs, der sich längs der türkischen Grenze vom adriatischen Meere bis zur Bukowina hinzieht, die südlichen Gegenden von Kroatien, Slavonien, Ungarn und zum Theil von Siebenbürgen begreift, und sich durch seine ganz eigenthümliche, militärische Verfassung auszeichnet, wonach alle Bewohner desselben zugleich Soldaten sind, und statt des Soldes in Friedenszeiten Ländereien zur Bearbeitung erhalten, auf denen sie mit Weib und Kind leben. Immerwährend sind 40–50,000 zur Grenzbewachung im Dienst, und 4380 Mann in den kleinen Wachhäusern längs der Grenze hin auf Posten. Von allen bürgerlichen Abgaben frei, sind sie in Regimenter getheilt, deren Commandos zugleich Districtsbehörden vorstellen und unter einem Generalcommando, der höchsten Provinzialbehörde, stehen. Die ganze Militärgrenze zerfällt in die Kroatische Grenze (288 Quadrat M. 440,000 Ew.) zwischen dem adriatischen Meere, der Sau und Drau, mit der Stadt Karlstadt; in die Ungarische oder Banatische (182 Quadrat M. 175,000 Ew.) von der Theiß und Donau längs der letztern bis zur Wallachei und längs dieser bis nach Siebenbürgen; in die Siebenbürgische[269] (253 Quadrat M. 160,000 Ew.) mit dem berühmten »Rothe Thurm Paß,« und in die Slavonische Grenze längs der Sau bis Semlin, mit 139 Quadrat M., 250,000 Ew., und den befestigten Städten Alt- und Neugradiska, Semlin und Peterwardein. – Die Slavonier sind ein halbwildes, kriegerisches, aber gastfreies und genügsames Volk, und größtentheils der griechischen Kirche zugethan. Sie sind größer und dunkelfarbiger als die nördlicheren Ungarn, und unter den schwarzgelockten, schwarzäugigen, braunen Slavonierinnen zeichnen sich viele durch Wuchs und Gesichtsbildung höchst vortheilhaft aus.

P.

Quelle:
Damen Conversations Lexikon, Band 9. [o.O.] 1837, S. 268-270.
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