Tudor, das Haus

[210] Tudor, das Haus. Unter Wetterleuchten und nicht ohne stolze Haltung segelt das Familienschiff dieses englischen Regentenstammes durch den britischen Ocean. Am Steuerruder steht des Hauses Ahnherr Tudor, ein schlichter waliser Edelmann, an seiner Seite seine Gemahlin, Heinrich's V. aus dem Hause Lancaster königliche Witwe, die aber von Liebe entbrannt herniederstieg von ihrem[210] Throne und dem Heißgeliebten ihre stolze Hand reichte. Vom hohen Maste weht wie ein versöhnender Westwind die Flagge, auf der sich herrlich verschlingen in inniger Eintracht die rothe und weiße Rose (s. d.); – dieses Tudor's Enkel, Heinrich VII, demnach von mütterlicher Seite aus dem Hause Lancaster, war es ja, der durch seine Heirath mit Elisabeth aus dem Hause York den dornenvollen Rosenstreit beendigte. Doch wer ist unter dem Maste dort die düstere Männergestalt, die bleiche Frauenschatten wie Mondscheinnebel ängstlich umschweben? Heinrich VIII. ist's, des siebenten dieses Namens Sohn und Nachfolger: – Anna Boleyn und Katharina Howard aber jene bleichen Frauengestalten, gemordet auf seinen Befehl. Diesem blutdürstigen Tyrannen folgte sein Sohn Eduard VI., und diesem seine Schwestern, die katholische Maria und die große Elisabeth, die stolzeste Blume dieses Hauses in des Schiffes goldenem Kastell, aber auch die Letzte, – denn mit ihrem Tode, 1603, erlosch das Geschlecht T., um dem Hause Stuart den Thron zu lassen.

–r.

Quelle:
Damen Conversations Lexikon, Band 10. [o.O.] 1838, S. 210-211.
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