[567] Landsknechte heissen seit dem letzten Viertel des 15. Jahrhunderts bis zum 17. Jahrhundert Söldner zu Fuss; der Name ist einerseits dadurch entstanden, dass eine königliche Satzung (Worms 1495) ausdrücklich verordnete, dass die Söldner aus den Landschaften im Reich angeworben werden sollten, andererseits im Gegensatz zu den Schweizern, deren Feindschaft mit den Landsknechten sprichwörtlich war. Früh kam die Umdeutung von Landsknecht in Lanzknecht auf. In rechte Aufnahme kam das Institut der Landsknechte erst unter Maximilian I., der »das Fussvolk nach Art der römischen Legionen in Haufen, Regimenter, teilte, dieselben mit langen Stangsspiessen oder Piquen versehen lassen und sie in diesem Gewehr dermassen abgerichtet, dass sie es allen andern Nationen zuvorthaten, dannenhero von dieser Zeit an kein Krieg in Europa ohne die Teutschen Lanzknechte geführet worden und kein kriegführender Potentat derselben entbären wollen.« Der »Orden« der[567] Landsknechte setzte sich aus Edelleuten, Bürgern und Bauern zusammen; bald aber herrschte das bürgerliche Element vor, und der Orden wurde zur Zunft, die ihre eigene Verfassung hatte. Die Vornehmen bildeten das erste, die Bürger und Bauern das zweite »Blatt«. Jeder Hauptmann warb sich ein »Fähnlein« von 4600 Mann, das vermöge der gemischten Bewaffnung für sich nicht nur eine Verwaltungseinheit, sondern auch eine taktische Einheit bildete. Jeder Hauptmann hatte um sich einen »Staat« (estat, Stab) von einigen Trabanten und Buben. Er war beritten, focht aber an der Spitze seines Fähnleins zu Fuss und war selbst bewaffnet mit einer Streitaxt, Helmbarte oder einem Schwerte. Ihm zur Seite standen der Fähnrich, Locotenente (Stellvertreter des Hauptmanns) und der Feldwaibel. Ferner zählten zum Zuge die »zwei Spiel«, ein Trommelschläger und ein Pfeifer, und endlich der Schreiber, Kaplan und der Feldscherer. Eine Anzahl Fähnlein bildeten zusammen ein Regiment, dem ein Oberst vorstand. Die bekanntesten und berühmtesten Landsknechtsobersten waren Georg von Frundsberg, der »Vater der Landsknechte«, die beiden Brüder von Embs und Schärtlin von Burtenbach. Zum Stabe des Obersten, den sogenannten hohen Ämtern, gehörten der Schultheiss, Oberstwachtmeister, Quartiermeister und Strafer oder Profos. Unter letzterem standen der Stockmeister mit den Steckenknechten und der Freimann (Scharfrichter), sowie der Hurenwaibel samt dem Rennfähnrich und dem Rumormeister zur Beaufsichtigung des überaus zahlreichen Trosses von Weibern und Buben.
Bewaffnet waren die Landsknechte mit Spiessen oder Schlagwaffen, bekleidet anfänglich dem Zweck entsprechend zwar farbenfreudig, doch beweglich und knapp, später mit der Ausartung der Sitten höchst prunkvoll, sodass die Geistlichkeit von der Kanzel gegen den »Hosenteufel« auftrat.
Zur taktischen Einheit wird später der »Haufen«, der sich meist ziemlich regellos dem Feind entgegenwälzte. In Feindesnähe gehen einige Schützen als »Läufer« oder als »verlorener Haufe« voraus; ihnen folgt das Gros, der »helle Haufe«, nachdem nach guter Väter Sitte das Gebet verrichtet, wohl auch eine Erdscholle als Hostie in den Mund genommen worden. Das Feldgeschrei war: »Her! Her!« das Handgemenge war furchtbar. Oft schwangen sie knieend oder kriechend ihre Kurzwaffen gegen die unteren Gliedmassen der Feinde, »sie schnitten blutige Hosenbänder«. Auch gegen die Reiterei operierten die Rondartschiere in ähnlicher Weise, nur dass hier die Füsse der Pferde ihr Ziel waren. Siehe Jähns, Geschichte des Kriegswesens.
Unter den Gestalten der wildlaufenden Kulturzustände des ausgehenden Mittelalters spielen die Landsknechte eine hervorragende Rolle. Gewiss in den meisten Fällen aus Leuten zusammengesetzt, denen von Natur und Erziehung ungebundenes Soldatenleben Bedürfnis war, leistete ihre Schar dem Zuge nach individueller Willkür und Freiheit in jeder Beziehung Vorschub; sie schweifen aus in Speise und Trank, Vergnügung und Kleidung, sie bilden bei sich ein eigenes Ideal der Standes-Ehre aus, das auf Frömmigkeit (Tapferkeit) nicht minder als auf die nackteste Genusssucht und auf Verachtung jeder bürgerlich ehrbaren Lebensführung gerichtet ist; sie haben manches mit den Studenten, anderes mit Mönchen, Pfaffen und Schreibern, anderes mit Schelmen und Landfahrern, anderes mit dem Adel gemeinsam, ohne Zweifel darum, weil sie sich aus allen genannten Ständen zum Teil[568] rekrutieren. Viel wirkt dazu ihr feindseliger Verkehr mit den Schweizern, deren trotzige Kriegslust damals aufs höchste gestiegen und die abzutrumpfen ihnen besondere Herzensangelegenheit war; auch ihr häufiger Dienst auf italienischem Boden mag bei ihnen bleibende Charakterzüge hinterlassen haben.
Sebastian Frank spricht sich in seiner »Chronika« mit heiligem Eifer gegen die Landsknechte aus: »Es ist durch die bank hindurch in alweg und alzeit ein böss unnütz volk, nit weniger dann münch und pfaffen. Ist es im krieg, so ist under tausent kaum einer an seinem sold benüegig, sunder stechen, hawen, gotslestern, huoren, spilen, mörden, brennen, rauben, witwen und weisen machen, ist ir gemein hantwerk und höchste kurzweil. Wer hierin küen und keck ist, der ist der best und ein freier landsknecht; der muoss vornen daran und ist würdig, dass er ein doppelsoldner sei, also ist der böst underinen der best. Wer nitzuogreifen und martern kann, der taugt nicht. Kummen sie dann nach dem krieg mit dem bluotgelt und schweiss der armen heim, so machen sie ander leut mit inen werklos, spacieren müessig in der statt creuzweiss umb mit jedermans ärgernus, und sind niemant nicht nutz dann den würten (seind sie anders auch disen nutz), und stellen sich, als sei inen geboten, sie sollen eilents wider verderben. Die andern, denen die beut nicht geraten ist, laufen daussen auf der gart umb, das zuo Teutsch bettlen heisst, des sich ein frummer heid, will geschweigen ein christ, in sein herz hinein schämet. Es hat sich aber diss volk verruocht in der gmein, dass es sich keiner bossheit schämbt, sunder gerüembt will sein, und bei dem man dörchauss das gegenteil eines christen findt, wiewol man jetzt guote christen auss inen machen will und sie inen selbs den namen geben haben, dass man sie frammelandsknecht nennen muoss. Die anderen, den die beut geraten ist, sitzen in wirtzhäusern, schlemmen und demmen, biss sie kein pfenning mer haben, laden gest, sagen von grossen streichen, was sie sich under den pauren erlitten haben, und bringen also die andern auch von irer arbeit auf zuo dem müessiggang, bringens einander (trinken einander zu) auf einen zuokünftigen krieg, und verfüert einer den ander, dass die welt voll krieger und müessiggenger wirt. Und wie vor zeiten ein jedes geschlecht (jede Familie) einen pfaffen haben wolt, jetzt muoss jedes nit einen landsknecht, sunder vil haben. Darnach so die beut hindurch ist, do hüeten sich die armen pauern, die müessen sich leiden und herhaben. Do fahen sie an zu garten, terminiren und zuo teutsch betlen und sich auf die armen leut strecken, biss wider ein guot geschrei kumpt, darab jedermann erschrickt; dann sie allein nit. Darumb ist anderer leut unglück ir höchstes glück, wie sie achten und doch nit ist. Ich geschweig die verkürzung des lebens, dann man selten ein alten landsknecht findt.«
Doch haben weder die Landsknechte selber noch ihre übrigen Zeitgenossen einzig dieses düstere Bild von ihnen gewonnen. Denn was sie selber betrifft, so lieben sie es, sich im Spiegel der Dichtung zu beschauen, deren Grundton bald mutwillige Lebenslust, bald rührende Klage über ihr elendes Schicksal ist.
Bei Uhland, Volkslieder, nehmen die Landsknechtslieder die Nummern 188199 ein; die historischen Lieder stehen bei Lilienkron.
Der Landsknecht wurde aber auch von anderen Dichtern zum Inhalt ihrer Dichtungen gemacht: namentlich hat Hans Sachs einen Landsknechtspiegel in Spruchform gedichtet und zwei Schwänke in Gesprächsform, St. Peter mit den[569] lantzknechten und Der teufel lesst kein lantzknecht mer in die helle fahren. In dem ersten dieser Gespräche kommen neun gartende, d.h. bettelnde und gelegentlich stehlend herumziehende Landsknechte zufällig ans Himmelsthor, wo sie anklopfen. Da der Herr nicht gewillt ist, sie sofort einzulassen, trotz St. Peters Fürsprache, fangen sie draussen an, »marter, leiden und sacrament« zu fluchen. St. Peter, der Meinung, das seien geistliche Reden, legt wiederholte Fürbitte für die Rotte ein und erhält schliesslich die Erlaubnis, sie einzulassen; doch möge er selber zusehen, wie er sie wieder herausbringe. Kaum sind sie im Himmel, so setzen sie sich nieder, nehmen die Würfel hervor, und es dauert keine Viertelstunde, dass sie von Leder zücken und aufeinander einhauen, auch St. Peter selbst, der ihnen wehren will, durchprügeln. Jetzt erbarmt sich aber der Herr des Himmelspförtners und giebt ihm den Rat, er möge einen Engel einen Lerman, d.h. Appell (von franz. alarme, ital. all arme, Alarm) mit der Trommel schlagen lassen.
Bald der engel den lerman schlug,
loffen die landsknecht on verzug
eilent us durch das himeltor,
meinten, ein lerman wer darvor.
Vgl. Wessely, die Landsknechte. Görlitz 1877, und Blau, die deutschen Landsknechte. Görlitz 1882.
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