[763] Personen- und Familiennamen.
Bei den Germanen geschah die Namengebuug der Kinder, altnordisch nafnfesti = Namenfestigung, in feierlicher Weise nach der Geburt: nachdem das Kind durch den Vater vom Boden aufgehoben, gebadet und mit Wasser begossen war, wurde ihm vom Vater, oft aber auch vom Grossvater oder vom mütterlichen Oheim der Name zugeteilt und dabei ein Geschenk übergeben. Der Name wurde aber hauptsächlich mit Rücksicht darauf gewählt, dass derselbe die verwandtschaftlichen Beziehungen angeben sollte, und zwar auf verschiedene Art. Entweder geschah die Abwandlung der Namen durch Ablaut oder Lautsteigerung: Ada und Uota, Adalhilt und Uodalhilt, oder durch den Stabreim: Sigelint, Sigemunt, Sigefrit; Dielwart, Dietmâr, Dieterîch; Wolfhart, Wolfbrant; Liudgêr, Liudgart; Hildebrant, Hadubrant; Gunther, Gêrnôt, Gîselher, wobei meist der ganze erste Teil der Komposition bewahrt worden ist; auch der zweite Teil der Wortzusammensetzung wurde zur Andeutung der Verwandtschaft gebraucht, z.B. in St. Gallischen Urkunden die Brüder Erinpert und Amalpert; Tiutulf, Merolf und Piscolf; Hupert und Isambert; gern wurde dem neugeborenen Kinde auch der Name des Grossvaters oder des Oheims gegeben. Auch das kam vor, dass man dem Kinde einen Namen aus den Namen von Vater und Mutter zurechtmachte.
Abgesehen von den genannten verwandtschaftlichen Rücksichten waren die Deutschen gewohnt, Sinn und Bedeutung auf den Namen zu legen; es sollte eine heilsam weissagende Kraft, die im Namen lag, dem Träger zugute kommen. Einfache Namen sind wenige auf uns gekommen; es gehören dazu Ernst, ahd. Ernust, der zum Kampfe entschlossene, Karl, Liupôsta, Traganta, Wahsanta (die Tragende und Wachsende), Perahta = Bertha, Ida, Ava, Swabin, Cristinna. Weit häufiger sind die zusammengesetzten Namen, in denen die einfachen Namensstämme in allen möglichen Kombinationen sich verbinden. Ihre Fülle und Mannigfaltigkeit setzt in Erstaunen, und zwar ist es namentlich zweierlei, was sich in ihnen zumeist wiederspiegelt: Die Beziehungen des Menschen zur Gottheit und die häufigste und ruhmvollste Beschäftigung, der Kampf.
Das deutsche Wort Gott finden wir in den Namen Gotleib, woraus Gottlieb entstanden ist, er bedeutet aber ursprünglich gottgeboren; ferner in Godefrid, Godascalc (Gottesknecht), Godwin (Gottesfreund), Gotahart, Goderam (Gottes Rabe). Während dann freilich die Namen der hohen Götter und Göttinnen selbst, wie Wuotan, Donar, Ziu, Fro, Frigg in Namenzusammensetzungen, wohl aus religiöser Scheu, nur ausnahmsweise verwandt werden, sind dagegen die untergeordneten Götterwesen sehr häufig, so namentlich die Asen oder Ansen, in Anshelm, Ansbert, Ansfred und in angelsächsischer Form Oskar, Oswald. Au die Alben oder Elfen erinnern Alberich, Albuin (Albwin = Elfenfreund), Alfred = Elfenrat, Alpgêr, Albsind. Im Gegensatze zu ihnen stehen die Riesen, Hünen und Thursen, deren Geschlecht in Hunibald, Hunipreht (franz. Umbert, ital. Umberto), Hunfrid, Humbold, Thurismund niedergelegt ist. Heilige Tiere, die in der Namengebung viel verwandt[763] wurden, sind Wolf und Rabe, ahd. ram. Wolf legt sich in der Form ulf oder olf fast an jeden andern Stamm, und es finden sich z.B. Adolf, Arnulf, Gerolf, Gundolf, Hildolf, Meginolf, Rudolf, Reginolf, Thiudolf, Wigolf; Förstemann zählt ihrer etwa 370; auch an erster Stelle des Namens erscheint das Wort, wie in Wolfrat, Wolfgêr, Wolfart. Wie der Wolf, so ist auch der Rabe Wuotan als dem obersten Schlachtenlenker heilig: sein Name liegt in Hiltiram, Guntram, Sigiram, Wolfhraban, Waldram, Bertram, Rambert, Wichram, Aldram, Engelram.
Die Tiernamen haben auch eine allgemeinere Beziehung zum Mut, zur Kampfeslust der Germanen: in diesem Sinne erhielt u.a. der Knabe den Namen Eberwin oder Wolfwin, Eber- oder Wolfsfreund. Auf den Bären weisen Namen wie Bernhart, Bernwart, Bernold, Beringar, Isanpero, auf den Aar Arnolf und Arnold, auf den Eber Eberhart, Eberwart, Eberswind. Lint = Schlange, und Swana = Schwan dienen zu weiblicher Namengebung: Gerlint, Burglint, Rihlint, Swanahild, Swanaburg, Swanagart.
Noch wirksamer für die Namengebung der Männer wie der Frauen sind Namen des Krieges, des Ruhmes, der Ehre; die hierher gehörenden Worte sind namentlich gund, hild, hadu, wig. Von gund kommt z.B. Guntram, Gunthelm, Gundbert, Gunthari = Günther, Guntolf, Gundobert, Gundemar; Hildegunde, Adelgunde, Kunigunde, Fredegunde. Noch zahlreicher sind die Zusammensetzungen mit hild: Hildebrand, Hilderich, Hildebert, Hildefons, Hildebald, Hildolf weibliche Namen Hildeburg, Hildegard, Hiltrud, Machtild, Brunhilde, Grimhilde, Clothilde. Das Wort hadu begegnet in Hadubrant, Hadumar, Hadolt, Hadolf, Haduwig; im letzteren Namen erscheint hadu mit dem Kriegswort wig verbunden, das sich u.a. auch in Wigbold, Wigbert, Wichman, Wiclef, Hludowig = Ruhmeskampf, Hartwig und Herwig vorfindet. An den Streit schliesst sich der Sieg; daher Sigwart, Sigfrid, Sigmund, Sigibald, Sigbert, Sighart, Sigimar, Sigihelm, Sigilind. Auch die Waffen der Helden klingen aus den Namen wieder, zunächst das Eisen: Isingrim, Isenhart, Isenbold. Als hauptsächliche Trutzwaffe erscheint die kurze Lanze, ger oder ker, welches in Garibald, Gerhard, Gerold, Gerlach, Gerwin, Gerbert, in Notker, Berengar, Edgar, Wolfger, Ansigar = altsächsisch Osgar, die Wehr der Ansen, vorkommt; ebenso findet sich gisal = Peitsche, grima = Helm, und helm selbst in Namen wie Giselbrecht und Giselher; Isengrim und Lohengrim; Helmold und Helmger; Wilhelm (Willensschutz) und Anshelm (Asenschutz), Diethelm = Volksschutz. In Eckehart, Egbert, Eginolf steckt eg oder egin = Schwert.
Unter den kriegerischen Eigenschaften ist vor allem Kraft und Stärke, ellan und magan hervorzuheben, daher Ellanhart und Ellentrud; Meginrat oder Meinrad und Meinhart, Meinhold, Meginhold und Meginbreht. Der Begriff der Kühnheit liegt in den mit nand und bald gebildeten Namen: Nandulf (kühner Wolf), Siginand (siegeskühn); Baldwin, Balderich, Theobald = der mit tapferem Volk, Liutbold oder Leopold, Willibald, Sigibald und Heribald. Unser heutiges Wort Kühn findet man in Kuono und Kuonrat = Kühn im Rat. Hart bezeichnet strengen Mut und ausharrende Kraft, davon Hartman, Hartmuot, Hartbert, Nithart = stark im Zorn, Gerhart, Gebhart, Bernhart = der mit Bärenkraft, Eberhart, Wolfhart, Burchart, Richhart, Regin- oder Reinhart, Megin- oder Meinhart, Gothart, Erhart, Eckehart. Mit mar = berühmt, kommen vor Adalmar, Dancmar, Waldemar, Volkmar, Rudmar. Zahllos sind die[764] Namen, die mit peraht oder preht = glänzend gebildet sind: Albreht aus Adalperaht, der durch Adel glänzende, Hildebreht, woraus später Hildebrant, Haduberaht, Meginberaht. Herrschaft und Gewalt sind ausgedrückt in rich: Richbert, Richwin, Richbald, Friderich, Heinrich, Theoderich, Hilderich, Richlint, Richdrut. Kollektivbegriffe, aus denen sich Personennamen bilden, sind Heer, ahd. hari, heri: Hermann, Heribert, Guntachar-Günther, Chlothachar-Lothar-Luthar, Giselher, Sigeher, Merilint, Heriswind, volc in Folcwin, Folcrat; ahd. diot, mhd. diet in Dietrich, Dietbold, Dietpert, Diethelm, Thietmar, Diether, Dietlinde, Theoderada, und mhd. liut, nhd. Leut, in Liutpold, Liutprand, Liutper u.a. Ähnlicher Natur sind Namen, in denen lant und marc stecken, wie Landfrid und Marcwart. Geburt und Stellung, Dienstverhältnisse und Stand bezeichnen Begriffe wie schalk = Knecht, diu oder deo, der oder die Dienende, in Engildeo, Irmindeo, Adaldeo; sodann degan (Degenhart), erl und karl in Erlebald und Karlman; kuni = Geschlecht, in Kunigunde; fara von derselben Bedeutung in Burgundofara, Adal in zahlreichen Namen. Wieder eine andere Gruppe schliesst den Begriff des Schützenden, Bergenden in sich; dahin gehören die mit berga, birg, burg, zusammengesetzten Namen; sie werden meist für Personen weiblichen Geschlechtes, wie Hiltburg, Frideburc, Gundisberga, verwendet, während umgekehrt ahd. munt = Schutz, Vormundschaft, seiner Bedeutung gemäss fast ausschliesslich zur Bildung von Männernamen gebraucht wird: Sigmund, Faramund, Ratmund. Auch das Wort fride bedeutete ursprünglich Schutz und Sicherheit und ward wie wart und walt einst gerne zu Namen verwendet: Fridehelm, Marcwart, Walthari, Waltfrid, Oswald; das letztere Wort walt wird dann zu oald Rodoald, Wulfoald und zuletzt zu old, Reinold, Gerold, Arnold, Bernold. Zwei Stämme haben die Bedeutung von Rat: das ältere ragin oder regin in Reginwald, Reginbald, Reginswind, und das Wort rat selber, das z.B. bei den Namen Ratmund und Radegunde vertreten ist.
Aus solchen und vielen andern Wortbildungen es ist hier bloss eine Auswahl zur Besprechung gelangt setzte sich der alte Schatz der deutschen Personennamen zusammen und blieb im Ganzen bis gegen das Ende des Mittelalters zu Recht bestehen, wobei Stammes- und Familienüberlieferungen oft von Einfluss waren; so kommen Friedrich, Rudolf und Albert vorwiegend in Schwaben, Luitpold und Dietpold bei den Bayern, Heinrich, Ludwig und Kuonrat bei den Rheinfranken vor. Im karlingischen Geschlecht waren Karl, Ludwig und Lothar zu Hause, bei den Hohenstaufen Friedrich, bei den Zähringern Egino, bei den Habsburgern Albrecht, Rudolf, Leopold und Friedrich, bei den Wittelsbachern Otto. Heiligennamen kamen für geistliche Personen seit dem 7. und 8. Jahrhundert, aber nur vereinzelt vor; die höfische Romantik bevorzugte eine Zeitlang, doch mit nicht wesentlichem Erfolg, Namen des höfischen Epos, wie Parzival, Tristan. Zu derselben Zeit nahm die Zahl der kirchlichen Namen zu, namentlich Johannes, Petrus, Paulus, Jacobus, Philippus, Michael, Christoph, Martin, Georg, Judith, Elisabeth, Maria, die zum Teil besonders da sich verbreiteten, wo der Heilige besonderer Verehrung genoss. Die Häufung mehrerer Vornamen kommt seit dem 14. Jahrhundert auf.
Seit der Reformation wurden in protestantischen Ländern biblische Namen und im Gegensatze dazu infolge der Gegenreformation in katholischen Gegenden die Heiligennamen[765] sehr geläufig, so dass seitdem von den alten deutschen Namen nur ein kleiner Bruchteil übrig blieb, solche, welche ebenfalls heilige Patrone aufzuweisen hatten, und solche, welche besonders unter dem Landvolk als stets wiederkehrende Rufnamen festwurzelten, wie Karl, Fritz, Heinz, Kunz.
Familiennamen treten um die Mitte des 11. Jahrhunderts zuerst beim Adel auf und beziehen sich auf Güter oder Schlösser, die der Familie angehören. Doch wechseln sie noch in den folgenden Generationen, sind auch etwa bei Brüdern nach deren verschiedenem Besitz verschieden. Eigentliche, stehende Geschlechtsnamen findet man zuerst in Venedig, wo schon 809 eine Familie Particiacus, dann 836 Tardonicus, 887 Candianus vorkommt, wie man vermutet, nach einem von Konstantinopel her eingeführten Brauche; von Venedig verbreitete sich die Sitte in andern italienischen Städten, in Mailand seit 882, in Verona seit 905, Florenz 973, und trat im 12. Jahrhundert bei uns auf, in Köln z.B. seit 1106, in Zürich seit 1145, in Basel seit 1168. Überall findet man die Geschlechtsnamen zuerst in den grösseren Städten und zwar bei den vornehmern Bürgern, Ministerialen und Patriziern. Was an Rang über und was unter diesem Stande ist, der hohe Adel und die Geistlichkeit, der Handwerker und hörige Bauer, hält vorläufig noch an dem alten Brauch der einfachen Namengebung fest; erst infolge grösserer bürgerlicher und staatlicher Freiheit nehmen die letztern mit der Zeit auch Geschlechternamen an, wie denn unter den freien Landleuten von Uri schon im 13. Jahrhundert solche zu Tage treten.
In bezug auf die Bedeutung der Familiennamen lassen sich etwa folgende Gruppen unterscheiden:
a) Personennamen als Geschlechtsnamen sind dadurch entstanden, dass sich ein Geschlecht als Nachkommen eines angesehenen Ahnen benannt hat, wobei Anfangs der vollständige Ausdruck lautete wie z.B. Heinrich, Sohn des Arnold. Es ist aber auffallend, dass die überwiegende Mehrzahl dieser Namen nicht im Genitiv sondern im Nominativ auftritt, z.B. schon im 8. Jahrhundert ein Sigfridus filius Sigmundus, im 11. Jahrhundert Uquo Folcaldus, eine Erscheinung, die man aus einer gewissen Erstarrung der Sprache erklärt. Im besondern wandte man zur Bezeichnung der patronymischen Abstammung folgende Mittel an:
Die Verkleinerungs- oder Koseform des Personennamens; dieselbe wirkt natürlich in erster Linie in den Personennamen als solchen, wie denn in einer Urkunde des 10. Jahrhunderts die Notiz steht: Uodalricum ob leporem vocaverunt Uszonem, den Ulrich nannte man in kosender Weise Utz. Die Anwendung der Koseform aber auf den Familiennamen oder die infolge der Geschlechts-Anwendung erfolgte Verkleinerung und Verstümmelung des vollen Personennamens lässt sich grösstenteils daraus erklären, dass die innere Bedeutung des Namens im Familiennamen früh verschwand und der Name hier bloss noch als Zeichen der Geschlechtszusammengehörigkeit diente. Die älteste Art des Kosenamens entsteht dadurch, dass die eine Hälfte des Namens, meist die zweite, wegfällt und der Rest ein abschliessendes o erhält: Burchart Burco, Dankmar Danco, Fridrich Frido, Garibald Garo, Heribert Hero, Otmar Otto, Reginart Regino. Eigentliche Verkleinerungssilben, die sodann mit Abstossung des o an diese Namen treten, sind i; Sigi, Kuni; iko, ilo izo: Sigiko, Sigilo und Sigizo. Die Diminutivendung iko[766] liegt der niederdeutschen Familiennamenendung zu Grunde, deren besondere Formen später auf ke, k, ch, ken, chen ausgehen; an die Endung ilo schliessen sich die oberdeutschen Formen mit el, l, le, li, lin, len, lein; ausgiebiger aber als Beide war die Endung izo, welche teils für sich, teils mit den andern beiden Endungen und ihren Ausläufern vermischt, einen überaus reichen Namenschatz hervorgerufen hat.
b) Haus- und Hofnamen. Wie sich der Adel nach seiner Burg benannte, so der angesehene Bürger nach seinem städtischen Wohnsitze, vom Neumarkt, de foro = vom Markte, zer Linden, am Tor, im Turn. In den genannten Beispielen ist es die Lage des Hauses, welche den Namen hervorruft; ein anderesmal wird der Name der Häuser das Bestimmende; daher Frankfurter Namen zum Kranich, zum Römer, zum Paradies, zum Schnabel, zum Rebstock, zum Wetterhahn, zum Klobelauch. Da nun alle möglichen Gegenstände, namentlich aber Tiere, Pflanzen und Ortschaften, ihren Namen an Häuser abzugeben pflegten, so konnten auch solche Geschlechtsnamen den mannigfaltigsten Inhalt erhalten: Biber, Fink, Schäfli, Luchs, Haas, Krebs, Seevogel, Hirsch, Gembs, Kinkelin (Kaninchen), Lämmli, Oechsli, Schwan. Auf dem Lande konnte in ähnlicher Weise der Hof namengebend sein; in beiden Fällen aber schwindet meist die volle Ortsbezeichnung, der Haus- und Hofname büsst seine Präposition ein und wird unter Umständen durch eine Bildung auf er ersetzt: Stalder, Studer, Gruber, Brunner, Zellweger, Sonderegger, Hübler, Wegscheider, Nussbaumer, Linder.
c) Namen aus Amt und Würden entsprungen. Das Mittelalter hat den grossen Reichtum seiner meist zur Erblichkeit gebrachten Ämter wenigstens in Geschlechtsnamen der spätern Zeit hinterlassen; Geschlechtsnamen sind z.B. die Namen der obern Hofämter, Schenk, Truchsess, Marschalk, Kämmerer; sodann Schultheiss oder Schulze, Vogt, Ammann, Meier, Keller, Zoller, Zöllner, Zehnter, Münzer, Herold, Venner, Waibel, Heimlicher (Mitglied des Geheimen Rates), Portner, Küster, Glöckner, Messner, Sigrist, Stocker und Sulzer (Gefängniswärter), Meister, Pfander, Fechter, Falkner, Holzwart, Markwart, Hagmann.
d) Namen aus Geschäft, Gewerbe und Handwerk entstanden bieten in ihrer Mannigfaltigkeit ein höchst anschauliches Bild der mittelalterlichen Gewerbverhältnisse; neben den noch bestehenden Handwerken, wie Müller, Schneider, Schmied, Kessler, erinnern andere wie Schwertfeger, Schafter, Bolzer, Armbruster, Harnister an später ausgestorbene Arbeitsleistungen.
e) Namen von der Heimat, wobei bald der Volksstamm, Schwab, Bayer, Sachs, bald der Heimatort den Namen bestimmt; im letztern Falle tritt entweder die Präposition an, von Speier, von Mechel, oder der Ortsname steht nackt: Hagenbach, Kehlstadt, Werth, oder die Endung er tritt hinzu: Schaffhauser, Hamburger, Appenzeller.
f) Persönliche Umstände anderer Art treten hinzu, namentlich Adjektive, sei's dass diese allein stehen, wie Weiss, Schwarz, Rot, Alt, Jung, Gross, Klein, Reich, wobei die ältere Form den Artikel hat, der Jung, der Rot, sei's dass diese Wörter sich mit andern Namen zusammensetzen: Kleinmichel, Kleinpaul, Junghans, Kleinknecht, Grossknecht.
g) Übernamen humoristischer Natur, welche neckischer Laune, dem Witz, dem Spott und Hohn ihr Dasein verdanken. Zu unterscheiden sind zwei Schichten dieser Namen, eine ältere vorzugsweise dem 12.[767] und 13. Jahrhundert, und eine jüngere, dem 14. und 15. Jahrhundert angehörende Schicht. Der ältern Schicht gehören an Namen von Körpergliedern, mit dem Dumen, Barfuoz, Buntebart, Hardevust; substantivische Namen, die eine charakteristische Thätigkeit bezeichnen: Fraz, Slevere (Schläfer), Schecher (Räuber), Schad, Manesse (Menschenfresser), Boneze, (Bohnenesser); dann Adjektivnamen wie Overstolz, Ungestome, Unverzagt, Kleingedank, Wolgemut, Freidank, Früe; Tiernamen, sofern sie nicht von Hausnamen stammen, waren beim Landadel beliebt, wie Bär, Wolf, Fuchs, Geier, Unke. Überaus reich sind die Satznamen ausgestattet, die als Nebennamen schon früher in Italien und Frankreich nachgewiesen werden, in Deutschland freilich bloss beim niedern Adel nicht vor dem 12. Jahrhundert vorkommen; ihre Blütezeit ist das 14. und 15. Jahrhundert.
In der jüngern Schicht spiegelt sich erst recht das wildlaufende Treiben der letzten mittelalterlichen Periode ab, wo die Bande der höfischen, kirchlichen, staatlichen Zucht gesprengt und der Willkür, der Laune, dem Mutwillen, dem Übermut, der Zuchtlosigkeit jeder Art die Welt offen stand. Entstanden sind die Namen dieser Zeit im Lager der Landsknechte, auf den Raub- und Verwüstungszügen der Fürsten und Städte, im Gelage der Herberge, der Zunftstube, der »Bauernkilbi«. Eine verständige Veranlassung zu sehr vielen dieser Namen ist gar nicht abzusehen, war auch nie vorhanden; sie verdanken offenbar meist ihr Dasein einem plötzlichen Einfall, um dann, wenn das Schicksal es wollte, am Opfer des Einfalls hangen zu bleiben. Man kann unterscheiden Kriegsnamen, wie Iselin, Stähelin, Eisenhut, namentlich reich in Satznamen repräsentiert; Durchdenkopf, Schlagintweit, Eilinvelt, Findenfund, Füllsack, Fürdenschild, Schlaginhaufen, Fürdenspitz, Greif, drauf, Hawinboden, Hebdenstreit-Leichenwürfel, Raumensattel, Raumsglas, Schüttenhelm, Suchenwirt, Zerrenmantel. Handwerksnamen humoristischer Art, Pfenningspeck, Swinpeck, Grillensmid, Gareisen, Gerbeisen; Namen von Zeiten wie Ostertag, Sonntag; Namen von Speisen und Gerichten: Schweinefleisch, Kalbfleisch, Wurst, Schunken, Altwegg, Sauerwein, Kindelbier; von Münzen: Schilling, Hälbling, Grosch, Heller; von Pflanzen, besonders Blumen: Wolgemut, Luzei, Wegetritt, Grünlaub, Hölderlin, Bonenbluest, Wachholder, Hagebutte; Namen, die einer Redensart ihr Dasein verdanken: Helfgott, Gothelf, Gotseigeert, Gotzzorn, Hallo, Warlich, Hotop (Hut auf!) Über die lateinischen Namen des Humanismus siehe daselbst. Die Litteratur über diesen Gegenstand ist zum grossen Teil lokaler Natur; das Hauptwerk über die altdeutschen Namen ist Förstemann, Altdeutsches Namenbuch. Bd. I. Personennamen. Nordhausen, 1856. Andere Arbeiten sind O. Abel, Die deutschen Personennamen, Berlin, 1853; L. Steub, Die oberdeutschen Familiennamen, München, 1870; Vilmar, Deutsches Namenbüchlein; Stark, Kosenamen der Germanen, Wien, 1868; Heintze, Die deutschen Familiennamen, Halle, 1882; Weinhold, Die deutschen Frauen im Mittelalter, Wien, 1882, 2. Aufl. Abschn. I. Für die Familiennamen ist von uns namentlich benutzt Becker, Die deutschen Geschlechtsnamen, ihre Entstehung und Bildung, Programm der Gewerbeschule zu Basel. 1864.
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