Wein

[1074] Wein. Die ursprünglichen Getränke der germanischen Völker sind Met und Bier (siehe die besonderen Artikel), und nur bei einigen Völkerschaften Obstwein oder lît; im bayerischen Sprachgebiet heisst lîthûs eine Schenke, lîtgebe, der Wirt und lîtkouf, der Gelöbnistrunk beim Abschlusse eines Handels. Doch erwähnt schon Tacitus Germania 23, dass die Bewohner der römischen Grenzgebiete von den Römern Wein erhandelten; den römischen Ursprung bezeugen auch die der römischen Sprache entnommenen Wörter, ahd. wîn, aus vinum, ahd. winzuril, Winzer, aus vinitor, ahd. windemôn, mundartlich wimmeln, wimmen, aus vindemiare; Presse, Torkel und Kelter aus pressa, torcular, calcitrare; nur Trotte ist deutscher Abstammung. Früh wurden die Rebberge an der Mosel deutsches Eigentum, seit dem 6. Jahrhundert wurde Wein bei Andernach im Speiergau und am unteren Neckar gebaut. Karl der Grosse wendete dem Weinbau seine Aufmerksamkeit zu, später war namentlich Ulm ein eigentlicher Weinmarkt. Wie der verfeinerte Geschmack der höfischen Gesellschaft den Wein bevorzugte, erkennt man u.a. daraus, dass in den Gedichten des 11. und 12. Jahrhunderts Met und Wein noch regelmässig als gleich angesehene Getränke neben einander erwähnt werden, während die höfischen Dichter des 13. Jahrhunderts den Met fast gar nicht mehr kennen. Doch scheint der einheimische Wein, mhd. der lantwîn, mit Ausnahme derjenigen Gegenden, wo den Reben von den Römern her überlieferte sorgsamere[1074] Pflege zu Hilfe kam, nicht in besonderem Ansehen gestanden zu haben, er galt als sauer, und die Härte der Trauben soll im Mittelalter dazu genötigt haben, die Kelterbäume aus den längsten und dicksten Stämmen des Waldes zu machen. Als gute einheimische Weine waren vorzüglich Rheinwein, Elsasser, Botzener geschätzt; sonst tranken die Vornehmen mit Vorliebe ausländische Weine, von denen man eine reiche Namenliste kennt. Zu den verbreitetsten gehören der Malvasier, ein griechischer Wein von Napoli di Malvasia in der Morea, vielleicht überhaupt von Griechenland; wie andere südliche Weine bezog man ihn meist von Venedig. Ein anderer südlicher Wein ist der Romanij, Romonij, Rommenji, Rominere, Rummenie u. dgl. genannt, aus Napoli di Romana bezogen, wenn der Name recht hat. Diesen Weinen an Preis gleich stand der Muscateller oder Mustadelle; unter welschem Wein oder vinum latinum ist wahrscheinlich italienischer zu verstehen; der vinum Rabiole, Riviglio, Reinfal oder Reinfan stammt aus Istrien und wächst zu Prosecco bei Triest. Berühmt war auch der cipperwîn, Cyperwein von der Insel Cypern.

Fast noch lieber als die natürlichen Weinsorten trank das Mittelalter solche Weine, die durch Einkochen versüsst oder, wie unser Maiwein, durch Beimischung von gewürzhaften Kräutern und anderen Zuthaten verstärkt werden. Schon in der merovingischen Zeit würzte man gelegentlich den Wein, doch kam diese Sitte erst im 11. Jahrhundert in allgemeineren Gebrauch, und zwar kennt man als ältere Arten dieses Getränkes den môraz, lat. moratum, d.h. Wein über Maulbeeren abgezogen, Glühwein und eine Mischung von Wein und Honig; zur eigentlichen Sitte, den Wein zu würzen, wurde es aber erst in den Zeiten der Kreuzzüge, und zwar ohne Zweifel in Nachahmung der Franzosen; die beliebtesten Sorten gewürzter Weine sind jetzt:

Das pigment, fr. piment; insofern pigmentum eigentlich ein stark- und wohlriechendes Gewürz, Spezerei bezeichnet, war pigment anfänglich nichts anderes als ein mit Gewürzen versetzter Wein; doch wird auch einer Zuthat von Honig für diesen Wein Erwähnung gethan, wodurch derselbe die gleiche Bedeutung erhält wie

der clarêt, franz. clarêt, lat. claratum, claretum; es ist ein guter Rotwein, der so lange mit Gewürzen und Honig gemischt und gerüttelt wurde, bis er klar geworden war.

Eine wohl besonders auf arzneiliche Wirkung berechnete Art des Clarets war der nach Hippokrates, dem sprichwörtlich berühmtesten Arzte, genannte Hippokras. Eine andere Art Claret hiess man ihrer roten Farbe wegen sinopel, von lat. cinnabaris, deutsch Zinnober.

Der am häufigsten vorkommende Name für den angemachten Wein ist aber lûtertranc, ein dem Wort clarêt nachgebildeter Name; doch scheint zwischen ihnen ein Unterschied bestanden zu haben, insofern man den lûtertranc vorzüglich aus weissem Wein und vermittelst scharfer und wohlriechender, frischgewachsener oder gedörrter Kräuter bereitete.

Das Mittelalter kennt übrigens auch schon gefälschte Weine, und seit dem 14. Jahrhundert gibt es obrigkeitliche Verordnungen, in denen jede Änderung am Wein verboten wurde; es steht darin manchmal, es dürfe niemand den Wein anders machen, als Gott der Herr ihn habe wachsen lassen. Doch sah man sich gezwungen, die künstliche Bearbeitung von umgeschlagenem Wein zu gestatten; die dafür erlaubten Stoffe waren[1075] anfangs Erde und Milch: seit dem 16. Jahrhundert kam das Schwefeln auf. Am Ende des Mittelalters kamen von Reichs wegen Weinverordnungen zu stande, und 1487 arbeitete ein zu Rotenburg an der Tauber gehaltener Reichs-Deputations-Tag nach dem Gutachten der Ärzte eine Weinordnung aus, welche nachher vom Reichstage angenommen und publiziert und später noch oft wiederholt und verschärft wurde.

Überaus zahlreich sind die städtischen Verordnungen über den Weinverkehr, Weinhandel u. dgl. Da unseres Wissens eine Zusammenstellung derselben bis jetzt nicht vorliegt, mag hier einiges aus den Verhältnissen mitgeteilt werden, wie sie Kriegk für Frankfurt berichtet, wobei vorläufig zu vermuten ist, dass die Einrichtungen anderer Städte im ganzen ähnliche gewesen sein werden.

In Frankfurt a.M. war der Weinhandel innerhalb der Stadt gesetzlich an die obrigkeitlich bestellten Weinstecher gebunden, die eine eigene Zunft bildeten. Sie hatten nicht bloss Käufer und Verkäufer gegen Übervorteilung sicher zu stellen, sondern auch die bei jedem Weinverkauf vorgeschriebene städtische Abgabe zu erheben, das sog. Stichgeld, wovon sie als Maklergebühr zwei Dritteile behielten, den dritten Teil aber an die Stadtkasse abzuliefern hatten. Die Weinstecher waren in vier Gruppen eingeteilt, deren jede das Geschäft gemeinschaftlich trieb. Beim Frankfurter Weinhandel ist zwischen dem in und dem ausser der Messe zu unterscheiden. Auch Fremde durften ausserhalb der Messe Weinhandel treiben, jedoch mit der Einschränkung, dass sie zwar an Bürger jede beliebige Quantität, an Fremde aber nur grössere vorgeschriebene Lasten verkaufen durften. Von ausgeführtem Wein musste jedermann einen Ausfuhrzoll, die Steinfuhr, bezahlen, ein Name, der daher rührt, dass ursprünglich jeder, der ein Fass Wein aus Frankfurt fuhr, der Stadt ein Fuder Steine für ihre Bauten hatte zuführen müssen. Von seiten der Bürger und Einwohner durfte der Verkauf von Weinen nur nach der Frankfurter Eiche geschehen, Fremde durften Fässer einer andern Eiche benutzen. Kein Wein, der nicht eigenes Gewächs eines Bürgers war, durfte nicht anders als öffentlich verkauft, d.h. er musste zum Verkauf auf den Markt gebracht werden. Während der Messezeit war auch den fremden Wein- und Bierhändlern gestattet, im kleinen auszuschenken, doch mussten sie so gut wie die Bürger von dem ausgeschenkten Wein und Bier die zweifache Abgabe des Niederlagegeldes und des Ungeldes entrichten; von dem selbst getrunkenen Wein aber zahlten Fremde wie Bürger den Gäste-Pfennig, der in der vierten Mass bestand.

Ausserhalb der Messezeit war das Weinschenken von altersher nur einem Bürger gestattet. Es schenkten aber nicht bloss berufsmässige Weinwirte Wein aus, sondern alle Bürger, die Weinbau trieben, verzapften ihr selbstgewonnenes Erzeugnis; in andern Städten war das Ausschenken bestimmter Weinsorten dem Rate vorbehalten; dagegen übte der Rat von Frankfurt auf seinen Dörfern das ausschliessliche Recht des Weinverkaufes im kleinen aus, er besass dort, wie es hiess, den Bannwein, ein Recht, das er etwa für ein Fass oder bloss für die Kirchweihe an eine Dorfgemeinde oder an einen Wirt abtrat. Das Ausschenken des eigenen Weines war notwendig, weil der gewöhnliche Landwein als Handelsartikel weder gut noch dauernd genug war. Doch musste der Bürger zuerst die Erlaubnis zum Ausschank von den Rechenmeistern, eingeholt haben; diese gaben ihm dann ein Zeichen, das er an die Visierer abgab, die ihrerseits die nötigen Vorbereitungen[1076] für Reinheit des Weines und für Erlegung der Abgaben trafen. Stets war die Erlaubnis zum Weinschenken auf vier Wochen beschränkt. Wer jene erhalten hatte, liess seinen Wein und dessen Preis in den Strassen ausrufen und steckte über seine Hausthüre ein Abzeichen auf, das im Gegensatz zu den Wirtshausschilden in einem grünen Busch, Zweig oder Strohbündel bestand; solche temporäre Schenken hiessen Busch- oder Strausswirtschaften. Das Anstechen jedes zum Verzapfen bestimmten Fasses geschah durch die Visierer oder Ungelder. Weinknechte hiessen diejenigen, welche den Wein ausriefen und in der Wohnung des Ausschenkers das Abzapfen und Auftragen des Weines besorgten; auch sie standen im Dienste der Obrigkeit und bildeten eine eigene Zunft; kein Wirt durfte mehr als zwei Weinknechte im Dienst nehmen, den einen als Weinzapfer, den andern als Weinrufer oder Weinsager. In der Regel durften die Weinwirte nur zwei Sorten oder zwei Zapfen zugleich schenken, nur ausnahmsweise drei oder gar vier. Beide Zapfen mussten verschiedenen Preis haben, den der Rat festsetzte, oft zum Verdruss der Wirte. Vor der Hausthüre pflegte des Wirtes Weinknecht den Wein zum Versuchen darzureichen. Zahlreiche Verordnungen und Verbote zeugen von dem oft bunten und wilden Treiben in der Wirtsstube.

Ausser den eigentlichen Wein- und Bierhäusern, den für bestimmte Kreise bestehenden Trinkstuben und den temporären Wirtshäusern der weinausschenkenden Bürger gab es Gasthäuser für Fremde oder Herbergen. Die Trinkstuben waren Weinstuben für geschlossene Korporationen oder Vereine und sehr verbreitet; es gab solche für die Ratsmitglieder, die Zünfte und andere sog. Stubengesellschaften. Die eigentlichen Wirtshäuser, d.i. die bleibenden Wein- und Bierschenken, wurden vorzugsweise von solchen Leuten besucht, welche wie die nichtzünftigen Handwerker, die Handwerksknechte und Dienstboten, keine Trinkstube hatten. Schon früh war eine bestimmte Stunde des Weggehens festgesetzt und in allen deutschen Städten die Einrichtung getroffen, dass dieselbe durch das Läuten einer Glocke, Weinglocke, letzte Glocke oder lange Glocke angekündigt wurde; in der bessern Jahreshälfte »läutete man die letzten« um 9, in der schlimmen um 8 Uhr; der Wechsel trat an Maria Verkündigung (25. März) und an Gallustag (16. Okt.) ein.

Selten kam man im Mittelalter zu einem gemeinschaftlichen Geschäfte zusammen, ohne dabei Wein zu trinken; und da selbst städtische und Ratsgeschäfte nicht ohne Wein abgehandelt wurden, so war es für die städtischen Obrigkeiten geboten, einen Ratskeller zu haben: lag die Stadt im Weinlande, so pflegte der Wein, welchen die Stadt von ihren eigenen Reben oder als Zins, Abgabe u. dgl. erhielt, hier abgelagert zu werden; mancherorts war es auch der Spital, in dessen Keller der städtische Wein lag. Bei festlichen Gelagen, Bürgermeisterwahlen, beim Besuch hoher Fürsten oder Gesandtschaften wurde mit städtischem Weine aufgewartet, was man Weinschenkinen hiess.

Zwar bezieht sich der Begriff des Trinkens zugleich auf die übrigen Getränke, doch mag hier einiges Allgemeine über diese bekannte National-Leidenschaft der Deutschen zusammengestellt werden. Mythologie und Geschichte erzählen schon aus ältester Zeit vom Trinken der Germanen; in Walhall tranken Odin und die Einherier Met und Bier aus den Hirnschädeln der überwundenen Feinde; als Schenkmädchen dienten die Walküren. Aus dem Tranke eines göttlichen Met erlangt man nach der Edda Weisheit und Dichtkunst.[1077] So waren die Germanen auch grosse Freunde von Gelagen; gemeinschaftliche Opfer und Feste, bei denen zu Ehren der Götter gewaltige mit Silber beschlagene Auerochsenhörner geleert wurden, waren häufig. Ein gallischer Bischof des 6. Jahrhunderts, Venantius Fortunatus, der solchen Gesellschaften beigewohnt hatte, berichtet: »Sänger sangen Lieder und spielten die Harfe dazu. Umher sassen Zuhörer bei ahornen Bechern und tranken wie Rasende Gesundheiten um die Wette. Wer nicht mitmachte, ward für einen Thoren gehalten. Man musste sich glücklich preisen, nach dem Trinken noch zu leben.« Bündnisse auf Leben und Tod, Verträge und öffentliche Handlungen wurden beim Trunke abgeschlossen, der Trunk gehörte unter die gottesdienstlichen Handlungen; in den Tempeln wurden die Gott geweihten Becher durch die Opferflamme gehoben, und der erste zu Wodans, der andere zu Thors und Freyas Verehrung geleert, der dritte galt dem Gedächtnis berühmter Helden, der vierte, Minnebecher, dem Andenken geschiedener Freunde. Auch auf den Gräbern feierten sie Gastgelage und stellten den Verstorbenen Speise und Trank hin. Kein Wunder, wenn der ernste Römer an mehreren Stellen seines Büchleins (Tacitus Germania 22 und 23) der Trunkleidenschaft der Germanen Erwähnung thut und seither eine fast fortlaufende Kette ähnlicher Nachrichten zu Gebote steht; namentlich spielt dabei das Wett- und Zutrinken eine grosse Rolle; dasselbe wird schon erwähnt von Priscus bei der Beschreibung eines Attilaschen Gastgebotes, wobei auch Deutsche anwesend waren. Sobald die römischen Gesandten das Gemach betreten hatten, brachte ihnen ein Schenk einen Becher zum Trinken dar. Hierauf eröffnete der Länderbezwinger das Gelage mit einer Gesundheit, die er den vornehmsten seiner Tischgenossen ausbrachte und die diese stehend erwiderten; später forderte er seine Gäste zu einem allgemeinen Trinkgefecht auf. Ähnlich klingt die bekanntere Schilderung des Attilaschen »Weinturniers«, die Ekkehart im Walthariliede niedergelegt hat. Wiederholt erliessen fränkische Synoden Erlasse gegen Trunksucht der Geistlichkeit. Zwar Karl d. Gr. hielt auch hier Mass; er war kein Freund von Gastereien und suchte durch mancherlei Verordnungen dem Laster seines Volkes entgegenzuwirken; dagegen hat sich Ludwig der Deutsche im Vertrage von Verdün ausdrücklich die jenseits des Rheins gelegenen Bistümer Speier, Worms und Mainz deshalb ausbedungen, weil sie starken Weinbau hatten. Auch die Bedeutung, welche das Schenkenamt an den Höfen des Mittelalters besass, spricht für die Bedeutung des Weingenusses. Die höfische Zucht zügelte für einige Zeit die wilde Leidenschaft, wofür es in den Aussprüchen der Dichter manche Belege gibt; desto schlimmer wurde es in den folgenden Jahrhunderten, zuletzt besonders im 15. und 16., welche die Blütezeit der deutschen Säuferei sind. Die Zeugnisse dafür sind unzählbar, alle Stände, vorab aber der Adel, dann die Bürger, Studenten, Landsknechte, die Geistlichen brachten dem Trunk-Gotte ihren Zoll. Die Chroniken, z.B. die Zimmersche, Satiren, wie das Narrenschiff (Kap. 16), Fastnachtspiele, die Schriften des Hans Sachs, namentlich auch die Selbstbiographie des Ritters Hans von Schweinichen sind voll Material zur Geschichte der Säuferei; ein grosser Trinker zu sein, war eine Ehre, und der genannte Schweinichen erzählt einmal: »Habe auf diesem Ritt im Reich grosse Kundschaft bekommen und mir mit meinem Saufen einen grossen Namen gemacht.« Unter den satirisch-moralischen Schriften des 16. Jahrhunderts, die den Namen »Teufel«[1078] tragen, fehlt natürlich auch der »Saufteufel« nicht.

Erfreulicher als diese bis ins 18. Jahrhundert dauernde Erscheinung ist das Aufkommen der Weinpoesie. Der höfischen Lyrik ist noch jedes Wein- und Trinkmotiv fremd; die erste Weinpoesie, ein Spruchgedicht in Reimpaaren, genannt der Weinschwelg, stammt schon aus der zweiten Hälfte des 13. Jahrhunderts und schildert höchst ergötzlich einen Allein-Zecher, der in regelmässigem Fortschritt – dô huob er ûf unde tranc – seine Kanne mit Wein leert, denselben preist, forttrinkt und forttrinkt, bis er am Schluss des Gedichtes – erst eigentlich anhebt zu trinken. Erst im 14. Jahrhundert tritt mit dem Volkslied auch das Trink- und Gesellschaftslied auf, das sehr heitere Blüten getrieben hat, und wenn der Spruch: »wer nicht liebt Wein, Weib und Gesang« u.s.w. auch nicht von Luther herrühren sollte, so bezeichnet er doch den Inhalt des Volksliedes seiner Zeit, das neben der Liebe und dem Gesang namentlich den Wein besingt: »Der liebste Buhlen, den ich han, der leit beim Wirt im Keller, er hat ein hölzin Röcklein an und heisst der Muskateller.« Es sind meist Schlemmerlieder, die ein Hans Ohnesorge in die Welt hinaussingt, oder mutwillige Gesellschaftslieder, wozu auch die Martinslieder gehören; vgl. Uhlands Volkslieder, Nr. 205 ff.; Hoffmann v. F., Gesellschaftslieder, Nr. 174–265. Ergötzlich sind auch die aus Mariengrüssen parodierten Weingrüsse und Weinsegen des Nürnberger Wappenmalers Hans Rosenblüt, genannt der Schnepperer.

An den Trunk knüpft sich endlich auch das Trinkgefäss und das Fass, in weiterer Linie Tisch, Stuhl und Schenktisch. Das älteste Trinkgeschirr ist das Horn, unter Umständen mit Silber eingefasst und bis zum 12. Jahrhundert in Gebrauch; in Aachen wird noch das Horn Karls d. Gr. und in Braunschweig dasjenige Heinrichs des Löwen aufbewahrt. Aus uralter Zeit wird von Schädeln erschlagener Feinde berichtet, aus denen die Germanen getrunken hätten; bei den Langobarden hiess dieses Gefäss schala. Später traten zum Teil nach römischem Muster rohgeformte Gefässe aus Metall, Bronze, Silber oder Gold auf, deren Grundformen der Kelch und der Becher sind. Siehe den Art. Gefässe. Auch hölzerne Becher waren im Brauch, aus Ahorn-, Fichten- und Nussbaumholz; aber der Vornehme bediente sich wenigstens bei Festlichkeiten der metallenen, zum Teil mit Edelsteinen geschmückten Pokale, auf welche man seit dem 10. und 11. Jahrhundert viel Geld und Arbeit verwendete. Im 12. und 13. Jahrhundert werden Köpfe und Schalen als übliche Trinkgefässe genannt, jener ein dem Kelch verwandtes halbkugelförmiges, auf einem Fuss stehendes, dieses ein flachgewölbtes Trinkgefäss ohne Fuss. Unmässige Zecher tranken aus Kannen. Mit der Zeit vermehrte sich die Grösse der Köpfe und Humpen, ähnlich wie man eine Ehre darein zu setzen anfing, ungeheure Fässer im Keller zu haben. Kurfürst Johann Kasimir von der Pfalz liess 1591 ein Fass von 132 Fudern zimmern; 1664 liess Karl Ludwig ein grösseres von 204 Fudern aufstellen, bis endlich Karl Theodor das jetzige Fass zu Heidelberg von 250 Fudern bauen liess; es wurde 1752 am Martinstage zuerst, später noch drei Mal gefüllt; seit 1769 steht es leer; noch grösser waren die Königsteiner Fässer, deren grösstes 1725 erbaut wurde, 34 Fuss lang und 24 Fuss hoch war und 600 Eimer mehr als das Heidelberger Fass fasste. – Wackernagel, Mete Bier Win Lûtertranc in den kl. Schriften I; Kriegk, Bürgertum, I, Abschnitt 16; Schultz, höfisches Leben,[1079] I, Abschnitt 4; Deutseher Trunk. Kulturhistorische Skizzen. Leipzig, 1863; R. Schultze, Geschichte des Weins und der Trinkgelage, Berlin 1867; Nordhoff, der vormalige Weinbau in Norddeutschland, Münster 1877; Hahn, Kulturpflanzen und Haustiere.

Quelle:
Götzinger, E.: Reallexicon der Deutschen Altertümer. Leipzig 1885., S. 1074-1080.
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