Wein

1955. Wein.
1955. Wein.

[964] Wein, Gärungsprodukt zuckerhaltiger Obstsäfte, insbes. der gegorene Saft der Früchte des Weinstocks. Edler Weinstock, edle Rebe (Vitis vinifĕra L. [Abb. 1955; a, b, c, Blüte auf verschiedenen Entwicklungsstufen, d Frucht, e dieselbe, durchschnitten, f Samen, durchschnitten, g Vorder-, h Hinterseite des Samens]), zu den Ampelideen gehöriger kletternder Strauch der Alten Welt, vom Orient aus über die gemäßigten Länder aller Weltteile verbreitet; auch einige andere Arten der Gattg. Vitis (s.d.), z.B. V. labrusca L., werden zur Weingewinnung kultiviert. Mit der Klassifikation und Beschreibung der Sorten befaßt sich die Ampelographie. Nach dem Gebrauch der Trauben unterscheidet man Tafeltrauben (Gaisdutte, Malvasier, Seidentraube, Damaszener, Frühburgunder, Ochsenauge, Isabelle, Königsgutedel etc.) und Kelter- oder Weintrauben (Orléans, Riesling, Traminer, Burgunder, Gutedel, Muskateller etc.); einige kernlose Sorten dienen zur Bereitung der Rosinen und Korinthen. Zur Bereitung des W. werden die zur Weinlese (August bis November) abgeschnittenen Trauben zertreten oder zerstampft, dann auf der Kelter ausgepreßt; der Saft (Most, s.d.) tritt dann in Gärung (erste oder Hauptgärung, stille oder Jungweingärung, dritte oder Lagergärung), durch welche er sich unter Absetzung von Hefe, Weinstein etc. (dem sog. Trub) in W. verwandelt. W. besteht in der Hauptsache aus Wasser (durchschnittlich 90 Proz.), Alkohol (7) und einigen andern Bestandteilen (3 Proz.): Trauben- und Fruchtzucker, Weinsäure, Farbstoff, Önanthäther etc. Rheinwein enthält meist 9-10, Ungarwein 9-11, franz. Rotwein 9-14, Champagner 9-12, Xeres 17, Madeira, Portwein, Marsala 15-24 Proz. Alkohol. Der Kellerbau oder die Kellerwirtschaft umfaßt die Behandlung des W. vom Beginn der Gärung bis zur Flaschenreise. Zur »Verbesserung« des W. dienen eine große Anzahl zum Teil jedoch verwerflicher Methoden: Verschneiden, Entsäuern, Glacieren, Feuern, Spritten, Scheelisieren, Chaptalisieren, Gallisieren, Gipsen, Petiotisieren etc. Einige dieser Methoden, die zum Teil unter die Verfälschungen fallen, sind verboten. Das Gesetz vom 24. Mai 1901 regelt den Verkehr mit W., weinhaltigen und weinähnlichen Getränken. Weinsorten: trockne, geistige, bukettreiche, süße (Likör-, Stroh-W., Essenzen), Sekt, Ausbruch, markige W., schwere, leichte volle oder körperhafte, Rot-W., halbrote oder Schiller-W., Weiß- oder Blank-W., Schaum- (Champagner- oder moussierende) W., gerbstoff-(tannin-)haltige W. Bedeutendster Weinbau in Europa bes. in Frankreich, Italien, Deutschland, Österreich-Ungarn, Spanien. Schädlich werden dem Weinstock von Insekten bes. die Reblaus (s.d.), die Pyraleraupe, der Traubenwickler (s. Wickler), Rebenstecher etc.; durch Pilze hervorgerufene Krankheiten des Weinstocks sind die Traubenkrankheit, Schwarzfäule, der schwarze und rote Brenner, die Blattfallkrankheit u.a. – Über den Weinstock und seine Kultur vgl. Hamm (3. Aufl. 1886); Babo und Mach (Bd. 1, 2. Aufl. 1893), Dochnahl (3. Aufl. 1896), Wenisch (1905), Goldschmidt (4. Aufl. 1906); Schädlinge: Vetter (1900); Bereitung: Babo und Mach (Bd. 2, 3. Aufl. 1896) Neßler (7. Aufl. 1897), Dal Piaz (4. Aufl. 1900); Wortmann (»Wissenschaftliche Grundlagen«, 1905), Windisch (»Chem. Vorgänge«, 1906); Untersuchung; Dal Piaz (1897), Borgmann (2. Aufl. 1897), Windisch (1904); Rechtliches: Windisch (»Weingesetz«, 1902).

Quelle:
Brockhaus' Kleines Konversations-Lexikon, fünfte Auflage, Band 2. Leipzig 1911., S. 964.
Lizenz:
Faksimiles:
Kategorien: