Czartoryski-Sanguszko

[256] Czartoryski-Sanguszko, polnisches Adelsgeschlecht von den Jagellonen abstammend; Ahnherr ist Korygiel von Tschernikow, der 1300 vor Wilna blieb; den Namen C. nahm es von der Stadt Czartorysk an, erhielt 1623 die deutsche Reichsfürstenwürde, 1808 die ungar. Magnatenwürde. – Adam Casimir, Fürst C., geb. 1. Decbr. 1734, trat nach August III. Tode als Bewerber um die Krone auf, unterlag aber dem Stanislaus Poniatowski, den Katharina II. wegen seiner Untauglichkeit zur Regierung mit ihrem ganzen Einflusse unterstützte. Bekanntlich wurde unter diesem Könige Polen zuerst getheilt u. schließlich vernichtet; während dieser Katastrophe seines Vaterlandes bewies sich C. immer als einen entschiedenen, einsichtsvollen Patrioten; als mit Napoleons Feldzug von 1807 die Auferstehung Polens zu beginnen schien, ging C. als poln. Gesandter nach Dresden, stellte sich 1812 an die Spitze der gegen Rußland gerichteten poln. Conföderation, als die Polen von Napoleon die Wiederherstellung ihres Reiches hofften, jedoch abermals getäuscht waren. Nach 1815 wurde er von Kaiser Alexander zum Senator ernannt, blieb aber ohne Einfluß und st. 1823. Sein ältester Sohn Adam, geb. 14. Jan. 1770, kam 1795 als Geißel nach Petersburg, wo er sich die Gunst des Großfürsten und nachmaligen Kaisers Alexanders erwarb. [256] Nach dessen Thronbesteigung wurde er dessen Minister des Auswärtigen und blieb, obwohl er diese Stelle schon 1805 aufgab, dessen Rathgeber in vielen Angelegenheiten. Von ihm hoffte er viel für Polen, als er 1815 einen Theil desselben als Königreich wiederhergestellt hatte; allein er mußte bald einsehen, daß sich ein Polen und dazu ein constitutionelles weder mit der Stellung noch mit der Regierungsweise Rußlands vertrage u. trat deßwegen 1821 in das Privatleben zurück. 1830 schloß er sich der poln. nationalen Erhebung vollständig an, opferte die Hälfte seines Vermögens, erlangte auch eine sehr wichtige Stellung, konnte jedoch den ererbten Geist der Uneinigkeit unter seinen Landsleuten nicht bändigen. Nach den Unruhen in Warschau am 15. u. 16. August 1831 legte er sein Amt als Präsident der provisorischen Regierung nieder, schloß sich Ramorinoʼs Corps an u. ging mit diesem auf österreich. Boden über. Er hält sich jetzt in Paris auf, bildet den Mittelpunkt der constitutionell-monarchischen poln. Emigration und wird von dieser als poln. Thronerbe betrachtet.

Quelle:
Herders Conversations-Lexikon. Freiburg im Breisgau 1854, Band 2, S. 256-257.
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