Walachei

[659] Walachei, Wlachei, türk. Ak-Iflak, Hospodariat, zwischen Siebenbürgen, Moldau, Bulgarei, Serbien u. Ungarn, durch die Aluta in die große u. kleine [659] W. getheilt, ist 1330 QM. groß, mit 2600000 E., die größtentheils Walachen oder Romänen sind. Hauptfluß ist die Donau, die bedeutendsten Nebenflüsse sind Aluta u. Sereth; an der Nordgränze zieht sich das metallreiche siebenbürg. Gebirge hin, das viele Zweige gegen die Donau sendet, an der sich eine weite, sehr fruchtbare Ebene ausbreitet. Der Ackerbau wird noch roh betrieben, ermöglicht aber doch wie die Viehzucht eine beträchtliche Ausfuhr. Von Industrie finden sich außer den gewöhnlichen Handwerken in den Städten kaum einige Spuren. Der größte Theil des Grundbesitzes gehört den gegen 3000 Familien starken Bojaren; die Landesbewohner, namentlich auch die zahlreichen Zigeuner. sind größtentheils leibeigen. Die W. ist ein türk. Vasallenstaat; an der Spitze der Regierung steht ein auf 7 Jahre gewählter Hospodar, in der Regel ein Fanariote; die endliche Regulirung der Verfassung wird gegenwärtig von den europäischen Großmächten erwartet (anfangs 1857). – Die W. war ein Theil Daciens, kam unter Trajan an das römische Reich u. wurde romanisirt; nach den Ueberfluthungen der Völkerwanderung war es längere Zeit unabhängig oder Schutzland von Ungarn, bis es sich 1526 freiwillig und bedingungsweise unter osman. Schutz begab. Seit 1716 setzte die Pforte Fanarioten als Hospodare ein u. verletzte die Landesrechte vielfach; Rußland gebrauchte bei jedem Kriege gegen die Türkei die Kräfte der W. und errang im Frieden zu Adrianopel 1829 eine förmliche Schutzherrlichkeit. 1848 hatte auch die W. ihre Revolution, welche russ. u. türk. Truppen in das Land führte, das sie erhalten mußte. 1853 besetzte es Kaiser Nikolaus I. als Pfand dafür, daß die Türkei seine Anforderungen erfülle; es war der Schauplatz der blutigen Kämpfe bei Oltenitza, Kalafat, Slatina, Giurgewo, bis die russ. Truppen im Hochsommer 1854 auf Verlangen Oesterreichs abzogen, welches im Einverständniß mit England u. Frankreich u. zufolge eines besondern Vertrages mit der Türkei die W. u. Moldau besetzte u. auch seit dem Pariser Frieden einige Truppen dort stehen läßt, bis die Angelegenheiten der Donaufürstenthümer definitiv geregelt sind.

Quelle:
Herders Conversations-Lexikon. Freiburg im Breisgau 1857, Band 5, S. 659-660.
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