Der Hunds-Stern verbrännt ihn fast

[129] Qwodlibet.


Titan sich mit Tellus drukkt/

das sind die blauen Tage;

ich bin ausser mir/ verzukkt/

ich weiß nicht/ waß ich sage.

Itzt ist die gantze Welt

ein bundtes Rohsen-Feld/

itzt ist es schön;

die schwartze Nachtigall

verübt am Wasser-Fall

ihr süß Gethön!


Zwischen Hertz-Kraut und Kamillen/

drauß die zährtsten Düffte qwillen/

lihgt Apoll in tieffem Traum

unter einem Lorbeer-Baum/

der/ wenn früh die Sonne blizzt/

nichts alß nur Juwelen sprizzt.[130]

Blanck darzwischen steht betaut

Frauen-Hahr und Wihgen-Kraut/

kleine Schaafe weiß wie Schnee

weiden ümb den Mümmel-See.

Feister Klee/ gesunder Qwendel/

krause Müntze und Lawendel/

Hahnen-Tau und Sonnen-Rauch/

alles muß in ihren Bauch!


Wie ümb den Ulmen-Baum die Rebe/

schlingt sich ümb Hercules itzt Hebe/

man siht den schilfichten Neptun

vergnügt bey Amfitriten ruhn.

Venus/ nakkt biß unters Kinn/

kikkert/ kukk mal/ wie ich bin.

Marspiter schmeisst auff den Flekk

seinen blancken Harnisch weck.

Drauff so trukken beyde sich

embsiglich!

Für nichts alß Rohsen-Ketten

weiß er sich kaum zu retten/

auß ihren Mund-Korallen

auff ihn blohß Küssckens knallen.

Stähts bemüht/ sich zu verpaaren/

pakkt er sie bey ihren Hahren/

süß durch seine Raserey

trifft sein Ohr ihr Lihbes-Schrey![131]


Rosilis lihgt auff dem Rükken/

nun sey blohß kein Knoten-Stokk/

du bräuchst dich nur nach ihr zu bükken/

der Wind hebt ihren Sommer-Rokk.

Nichts nicht lässt er ohnberührt/

wie sich solches itzt gebührt;

in den Zweigen auff und nihder

dantzt verbuhlt das Lufft-Gefihder!


Gleich so nehm ich bey ihr Blazz:

Kindgen/ traumt dir itzt dein Schazz?

Laß den thummen Lemmel lauffen/

er wird gewiß itzt Broihan sauffen!

Ich verschmachte/ ich verschwizze/

wie ein Gräsgen in der Hizze;

küß mich mitten auff den Mund/

schön bün ich nicht/ doch sehr gesund!

Rohsen zihren blohß die Häkken/

daß an ihnen Weßben läkken/

drauff so gihb mir deine Hand

alß belihbtes Unter-Pfandt!


Mit den allzu sehr Suptilen

förchtet man sich fast zu spihlen;

doch dihß gläub ich fäst und steiff/

deine Oepffel sind lengst reiff.

Ein Griffgen/ das nichts räubt/

ist überall verläubt;[132]

worhin man auch die Finger legt/

du bist rächt wohl verpflegt.

For so rohsige Pilaster/

weicht der zihrste Alabaster/

kaum Apell hat so gemahlt

waß wie Tulpen-Athlaß strahlt!


Ey/ ey! Ey/ ey! Bozz Klekkgen!

Waß ist denn daß for Flekkgen?

Sälbst waß ihn rundrümb zihrt/

ist durch und durch ambrirt!

Fast so acht ich höher dihß/

alß des Jasons göldnes Vlihß –

die aller-kleinste Sachen

offt am vergnügsten machen!


Nichts alß Lihbe brachte um

Thisben sowie Pyramum/

Dido hat sich gantz durchstochen/

Saffo gar den Haltz zerbrochen/

eine Wildt-Sau fraß Adon/

Pygmalion starb ümb Töpffer-Ton/

Leander ist ersoffen/

Dafne davon-geloffen/

Pythia auff dem Dreyfuß-Sizze/

Pythia sälber briet für Hizze/

ach/ es fing sie alle/ alle/

Amor/ deine Mause-Falle![133]


Ey/ kukk/ wer kombt denn dort geflogen?

Cupido mit dem Fidel-Bogen!

Dein rohtes Mündgen/ das gelacht/

hat ihn dir gantz verlihbt gemacht.

Nun schihßt der kleine Flegel

gar durch die Lufft Kopps-Kegel

und lässt sich husch/ husch/ husch

in einen Bluhmen-Pusch.

Er sizzt in lautter Rohsen

und singt und lacht:

Waß habt ihr blohß/ ihr Losen/

gemacht?


Quelle:
Arno Holz: Dafnis. München 1904, S. 129-134.
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