[80] Aepfelsäure, eine organische Säure, die zur Klasse der zweibasischen Oxysäuren gehört und die Zusammensetzung C4H6O5 besitzt. Ihrer Konstitution nach ist sie als Oxybernsteinsäure aufzuraffen und ihr demgemäß folgende Formel zuzuerteilen:
CH2 COOH
CH(OH) COOH.
Die Aepfelsäure [1] kommt in sauren Aepfeln, Birnen, Stachelbeeren, Johannisbeeren, Kirschen, unreifen Vogelbeeren und vielen andern Früchten, häufig zusammen mit Oxalsäure, Weinsäure oder Zitronensäure, teils in freiem Zustande, teils an Basen gebunden, vor. Zur Darstellung der Aepfelsäure eignet sich am bellen der Saft der unreifen Vogelbeeren. Dieser wird eingedampft, filtriert und kochend mit Kalkmilch gelättigt. Das abgeschiedene rohe Kalksalz wird durch Umkristallisieren aus verdünnter Salpetersäure gereinigt. Beim Abkühlen der salpetersauren Lösung kristallisiert das saure Calciumsalz der Aepfelsäure. Zur Reingewinnung der Säure selbst stellt man aus dem sauren Calciumsalz das Bleifalz dar, zerlegt dies mit Schwefelwasserstoff, filtriert und engt das Filtrat zur Kristallisation ein [2]. Synthetisch ist die Aepfelsäure unter anderm durch Reduktion der Weinsäure und Traubensäure mit Jodwasserstoff erhalten worden [3]. Eigenschaften: Die Aepfelsäure kristallisiert nur schwierig, bildet glänzende, vieroder sechsseitige Nadeln, meist aber blumenkohlartig gruppierte Gebilde bezw. Kristallaggregate, die an feuchter Luft zerfließen, in Alkohol leicht, in Aether wenig löslich sind und bei 130135° schmelzen. Da die Aepfelsäure ein asymmetrisches Kohlenstoffatom besitzt, so sollte sie nach der Theorie von van 't Hoff in drei isomeren zwei optisch aktiven und einer inaktiven Modifikationen auftreten. Diese drei Modifikationen sind tatsächlich bekannt. So dreht die natürlich vorkommende Säure die Schwingungsebene des polarisierten Lichtes nach links, wenigstens in verdünnten Lösungen [4], während die aus Rechtsweinsäure erhaltene rechtsdrehend, die aus Traubensäure aber optisch inaktiv ist. Letztere kann aber mittels des Cinchoninsalzes in Rechts- und Linksäpfelsäure zerlegt werden, wie man umgekehrt die inaktive Modifikation durch Zusammenbringen gleicher Teile von Rechts- und Linksäpfelsäure (Racemische Mischung) erhält [5]. Durch Reduktion geht die Aepfelsäure in Bernsteinsäure über; es geschieht dies bei der Gärung des Kalksalzes durch Hefe und beim Erwärmen der Säure mit Jodwasserstoffsäure auf 130°. Beim Erhitzen der Aepfelsäure für sich auf 180° entstehen neben Wasser zwei isomere ungesättigte zweibasische Säuren von der Zusammensetzung C1H4O4, die Fumar- und die Maleinsäure. Die Salze und Ester der Aepfelsäure bezeichnet man als Malate. Je nachdem ein oder beide vertretbaren Wasserstoffatome durch Metall bezw. organische Radikale ersetzt sind, unterscheidet man zwischen sauren und neutralen Malaien. Die sauren Salze, so namentlich das saure Calciumsalz, sind leicht, die neutralen nur schwierig kristallisierbar [2]. Erkennung: Durch Bleiacetatfüllung und andres, mehr aber durch die aus obigem sich ergebenden Eigenschaften, quantitative exakte Bestimmungsmethoden fehlen zurzeit noch. Die Aepfelsäure findet in der Pharmazie Verwendung durch Darstellung von offizinellen Eisenmalaten.
Literatur: [1] Gmelin, Handbuch der organischen Chemie, 2, 336. [2] Hagen, Annalen der Chemie, 38, 257. [3] Bremer, Ber. d. deutsch. ehem. Gesellsch., 8, 1594; 13, 351. [4] Vgl. Schneider, Annalen d. Chemie, 207, 257; Thomsen, Ber. d. deutsch. ehem. Gesellsch., 15,441; Journ. s. prakt. Chemie, 35, 150; Bremer, Ber. d. deutsch. ehem. Gesellsch., 3, 162; Bell, Jahresber. über d. Fortschr. d. Chemie, 1886, 312; Guye, Annales de chimie et de physique, 25, 205. [5] J.H. Van 't Hoff, Dix années dans l'histoire d'une théorie, Rotterdam 1887, p. 47; Bremer, Ber. d. deutsch. ehem. Gesellsch., 13, 351; Schmidt, Pharm. Chemie, 1901.
Bujard.