[250] Appretmaschine (Stärkmaschine), eine der vielen für das Ausrüsten oder Zurichten von Geweben und Garnen bestimmten Appreturmaschinen, dient speziell zum Auftragen des Apprets, des Mehl- oder Stärkekleisters auf die für den Markt bestimmte Ware.
In früheren Zeiten wurden die Gewebe einfach im Strang und von Hand (wie heute noch in der Haushaltung) durch einen mit Appretmasse gefüllten Bottich gezogen, am hölzernen Pflock ausgewunden, breitgelegt und feucht über einen Tisch gezogen, um den Appret mit einer Handbürste gleichmäßig auf dem Stoff zu verstreichen. Dann kam die Stärkmaschine in ihrer einfachsten Form, bestehend aus einem hölzernen Gestell, einem Holztrog für die gekochte Stärke und, über ihm in senkrecht verschiebbaren Lagern ruhend, zwei Quetschwalzen aus Ahorn- oder Weißbuchenholz, von denen die untere mittels Handkurbel und Schwungrad angetrieben wird. Die zu stärkende Ware geht breit über ein oder zwei im Trog und in der Appretmasse laufende hölzerne Leitwälzchen, gelangt zwischen die zwei, den überschüssigen Appret aus dem Gewebe herauspressenden Quetschwalzen und wird hinter der Maschine von einem Arbeiter herausgezogen und breitgelegt. Noch ist dieses Urbild von Stärkmaschine in kleinen Bleichereien nicht ganz verschwunden, und was die späteren und neueren Konstruktionen betrifft, so haben sie sich mit Ausnahme der Vorrichtung für die Linksappretur vom Grundgedanken der ersten Maschine wenig oder gar nicht entfernt. An die Stelle des Handbetriebs trat der Riemenbetrieb der Maschine in Verbindung mit der Haupttransmission der Fabrik; das Gestell wurde in Eisen gegossen, die Zahl der horizontalen, glatten Spannstäbe vermehrt und beim Eingang der Ware in die Maschine durch strahlenförmig gekerbte, faltenglättende Traversen ergänzt (s. Ausbreitmaschinen), die Hebelübersetzung für die elastische Belastung der Quetschwalzen vervollkommnet, auf dem einen Zapfen, der unteren Quetschwalze ein Zahnrad befestigt und dieses mit einem zweiten Zahnrad in Verbindung gesetzt, um die Ware von einem Selbstableger oder einer Aufdockwalze (s. Aufbäumstuhl) breit aus der Maschine herausziehen zu lassen (s. Fig. 1); von den hölzernen Quetschwalzen endlich wurde zuerst die eine, dann auch die andre durch eine Messing-, Kupfer- oder eine mit Bombage (Leinwand- oder Baumwolltuch oder Kautschuk) überzogene Eisenwalze ersetzt. Jetzt konnte die Maschine auch als Padding-, Foulardier-, Klotz-, Pflatsch- oder Breitfärbemaschine Dienste leisten [1]. Der Appreteur hat es in der Hand, mehr oder weniger von der gekochten Stärke auf das Gewebe kommen zu lassen, je nachdem er die bombierten Quetsch- oder Preßwalzen schwächer oder stärker belastet, je nachdem er die Ware durch die Stärkmasse selbst im Troge oder nur zwischen den beiden Quetschwalzen hindurchführt, von denen in letzterem Fall die untere bis zu ihrer halben Höhe in der Appretmasse sich dreht. Eine derartige Anordnung mit zwei leicht pressenden Quetschwalzen (ohne Leitwälzchen im Trog) hat auch die Leim- und Gummiermaschine von Moritz Jahr in Gera für Woll- und Seidewaren. Eine Appretmaschine mit drei Preßwalzen, mit und ohne Leitwälzchen im Troge zu verwenden, baut Hummel in Berlin. Dieser dreiwalzige Apparat kann mit und ohne Friktion arbeiten, d.h. den Appret durch vollständige, raschere oder langsamere Drehung der Mittelwalze mehr oder weniger energisch in die Maschen des Gewebes hineindrücken und hineinreiben. Auch die Gummiermaschine ist dreiwalzig konstruiert worden und wird in dieser Form von Gebr. Wanzleben in Crefeld geliefert [2], Um jedoch auf die zweiwalzigen Apparate zurückzukommen, so kann die untere Metall walze auch pikotiert (s. Gravüre) und nur die obere glatte Walze mit Tuch umwickelt oder bombiert sein. Die Tausendpunktwalze (s. Gravüre) erhält ihren Appret von einer sie tangierenden, in dem Stärkekleister innerhalb des Trogs laufenden hölzernen Auftragwalze und trägt auf die direkt zwischen beiden Preßwalzen durchgehende Ware immer noch einen mittelstarken Vollappret auf. Wird aber eine Rakel an die untere pikotierte Walze angelegt und die Ware so zwischen ihr und der oberen bombierten Preßwalze durchgeführt, daß die linke Stoffteile die mit Stärke gefüllten Pikots der unteren Walze berührt, so hat man diese Art zu appretieren das Linksappretieren genannt. Der Baumwolldrucker war auf die Linksappretur verfallen, weil es ihm nicht entging, daß die Farben seiner Muster auf den nichtappretierten Stücken mehr Feuer und Leben zeigten als nachher auf der voll- oder beidseitig appretierten fertigen Ware. Der Vollappret legt sich wie ein Schleier oder Puder über die Farben, eine Beobachtung, der bei einfarbiger Ware durch Anwendung eines entsprechend gefärbten Apprets Rechnung getragen werden kann, nicht aber bei buntgedruckten Kalikots mit abwechselnd weißen und farbigen Partien des Musters. Die soeben beschriebene einseitige oder Linksappretur, auch Rakelappretur genannt, bei der als selbstverständlich vorausgesetzt wird, daß die gestärkten Stücke hinter der Appretmaschine nicht etwa breitgelegt oder aufgerollt werden, sondern direkt mit ihrer rechten Seite auf einen Trockenzylinder (s. Trockenapparate) auflaufen, erfüllt den Zweck, die farbige Ware vom Schleier des Vollapprets zu befreien, nur unvollkommen, auch wenn man an die obere bombierte Walze,[250] wie beim Walzendruck, eine Gegenrakel anlegt, um den durch die Maschen des Gewebes gepreßten Appret von dem Zusammentreffen mit der rechten Seite des Gewebes zurückzuhalten. Ein wirklicher Linksapparat hat jeglichen Durchgang der mit Stärkepaste ausgerüsteten Ware durch Quetschwalzen zu vermeiden. Dies ist der Fall bei einer Vorrichtung, die in der Mitte der sechziger Jahre für das Einseitigstärken in Aufnahme kam. Der Stärketrog hängt frei in der Höhe und die Ware wird horizontal, unter ihm hinweg, in gespanntem Zustand, mit der linken Seite nach oben sehend, dem mit Dampf geheizten Trockenapparate zugeführt. Durch einen verschließbaren und regulierbaren Längsschlitz im muldenförmigen Boden des Stärketrogs fällt der Appret auf die linke Seite der Stückware herunter und wird auf ihr durch zwei in einiger Entfernung voneinander angebrachte Rakeln von oben verstrichen, bezw. der Ueberschuß des Apprets auf dem vorwärts sich bewegenden Stück zurückgestrichen. Später fand eine andre, sicherer funktionierende Einrichtung für Linksappretur mehr Anklang bei den Baumwolldruckern. Hierzu gehört eine gewöhnliche Appretmaschine mit zwei glatten, nicht bombierten Kupfer- oder Messingwalzen, auf deren eisernen Spindelzapfen zwei Zahnrädchen ineinander greisen, damit keine der beiden Walzen auf der andern schleift. Die untere Metallwalze erhält den Appret aus dem Trog von einer mit Tuch umwickelten, zur Hälfte in der Stärke laufenden, hölzernen Auftragwalze; sie überzieht sich mit einer gleichmäßig dicken Appretschicht und überträgt einen Teil davon auf die obere Metallwalze, die sich mit einer ebenso gleichmäßigen und zusammenhängenden, aber bedeutend dünneren Appretschicht überzieht. Die obere Metallwalze dreht sich im Sinne der mit ihrer linken, unbedruckten Seite wagerecht über sie hinweglaufenden Ware (s. Fig. 2), die in stark gespanntem Zustand bei der Stärkmaschine ankommt und durch je ein kupfernes, senkrecht verstellbares Leitwälzchen vor und hinter der oberen Metallwalze leicht an diese angedrückt wird. So nimmt sich das Baumwollgewebe mit seiner Rückseite den Appret von der oberen Metallwalze weg, während es dem Trockenapparate zueilt. Aber bevor es diesen erreicht, streicht eine Stahlrakel von unten her den Ueberschuß des Apprets auf der linken Seite der Ware weg und läßt ihn wieder in den Trog zurückfallen. Diese Anordnung hat sich vortrefflich bewährt unter Verwendung des Apparatinapprets (s. Appretmittel), der wegen seiner zähen und unveränderlichen Konsistenz gleichmäßiger über die Oberflächen der nicht gravierten, blanken Metallwalzen sich verteilt, als ein gekochter, noch nach dem Erkalten seine Konsistenz mit jeder Stunde verändernder Stärkekleister [3]. Doch haben auch andre Einrichtungen dieser Art der Linksappretur gute Dienste geleistet. Man hat z.B. der oberen Metallwalze eine Drehung in entgegengesetzter Richtung zur Warenbewegung, wohl auch eine Gravüre gegeben, oder man hat mit nur einer Metallwalze gearbeitet, die, zum Teil im Appret laufend, ihren Appretüberzug ohne Beihilfe einer unteren Metall- und einer Auftragwalze direkt aus dem Troge sich holt. Die Anordnung einer einzigen Metallwalze findet man u.a. auch bei der Hummelschen Linksappreturmaschine, bei der überdies das Abstreichmesser nicht (wie soeben beschrieben worden ist) senkrecht von unten gegen die von der Appretwalze kommende und horizontal über ihm hinweglaufende Ware gestellt, sondern von der Seite schräg gegen die gravierte Metallwalze angelegt wird. Die Garnstärkmaschinen von Haubold und von Merkel bestehen in der Hauptsache aus einem viereckigen, länglichen Stärketrog, einem auf den oberen Längskanten dieses Troges gelagerten Kupferwälzchen und einem über dem Boden des Troges parallel mit diesem Kupferwälzchen sich drehenden Leitwälzchen. Beide Wälzchen können leicht aus dem Apparat herausgenommen werden; die Garnsträhne aber, um beide Wälzchen gehängt, bewegen sich mit der Drehung der letzteren durch die im Troge befindliche Stärkemasse, während eine in einem Hebel aufgehängte Druckwalze mit eignem und fremdem Gewicht auf der oberen Walze und dem Garne lastet. Schließlich wird das gestärkte Garn von den Wälzchen abgenommen und zwischen einer Kupfer- und einer Kautschukwalze, die auf der Rückseite des Troges über- und aufeinander montiert sind, hindurchgezogen und ausgequetscht, um den überschüssigen Appret aus dem Garn zu entfernen [4].
Literatur: [1] Dépierre, J., Die Appretur der Baumwollgewebe, Wien 1888. [2] Polleyn, F., Die Appreturmittel, Wien 1886. [3] Kielmeyer, in Oesterr. Woll- u. Leinenindustrie 1885, S. 408. [4] Herzfeld, Die Praxis der Färberei, Berlin 1892.
(Kielmeyer) R. Möhlau.
Buchempfehlung
Der junge Naturforscher Heinrich stößt beim Sammeln von Steinen und Pflanzen auf eine verlassene Burg, die in der Gegend als Narrenburg bekannt ist, weil das zuletzt dort ansässige Geschlecht derer von Scharnast sich im Zank getrennt und die Burg aufgegeben hat. Heinrich verliebt sich in Anna, die Tochter seines Wirtes und findet Gefallen an der Gegend.
82 Seiten, 6.80 Euro
Buchempfehlung
1799 schreibt Novalis seinen Heinrich von Ofterdingen und schafft mit der blauen Blume, nach der der Jüngling sich sehnt, das Symbol einer der wirkungsmächtigsten Epochen unseres Kulturkreises. Ricarda Huch wird dazu viel später bemerken: »Die blaue Blume ist aber das, was jeder sucht, ohne es selbst zu wissen, nenne man es nun Gott, Ewigkeit oder Liebe.« Diese und fünf weitere große Erzählungen der Frühromantik hat Michael Holzinger für diese Leseausgabe ausgewählt.
396 Seiten, 19.80 Euro