Auflager [2]

[360] Auflager der eisernen Brücken, jene besonderen Vorrichtungen, die dazu bestimmt sind, die Uebertragung des Druckes des Brückenüberbaues, das ist der Hauptträger, auf die Pfeiler und Widerlager zu vermitteln. Sie haben insbesondere die Aufgabe: 1. den Druck auf eine größere Fläche des Pfeilers zu verteilen, 2. allfällig auch Verschiebungen bei Temperaturänderungen und infolge der Durchbiegung der Träger zu ermöglichen, und 3. die Lage des Angriffspunktes des Stützendruckes bestimmt zu machen. Je nachdem die zweite dieser Anforderungen erfüllt ist oder nicht, unterscheidet man bewegliche und feste Lager; die dritte Anforderung, Fixierung des Stützendruckes, wird in vollkommener Weise nur durch Kipp- oder Gelenklager erreicht, wogegen für kleinere Spannweiten Flächenlager genügen.

Balkenträger erhalten nur ein festes Lager, während die übrigen Auflager verschieblich anzuordnen sind. Die Bogenträger erfordern unverschiebbare Auflager Die Hängeträger sollen auf den Mittelpfeilern (Pylonen) bewegliche Lager erhalten, damit die Pfeiler nicht in horizontalem Sinne beansprucht werden und sich die volle Horizontalkraft durch die Spannketten auf die Verankerung überträgt. – Die für Balkenträger kleinerer Spannweite angewandten festen Flächenlager bestehen aus einer gußeisernen Platte, auf welcher der Träger mit der unteren Gurtung aufliegt. Es empfiehlt sich aber selbst schon bei kleineren Brückenträgern (Blechträgern), die Auflagerfläche nicht eben zu machen, sondern die Lagerplatte mit einer schwachen Krümmung auszuführen (Fig. 1), um zu verhindern, daß sich bei einer Durchbiegung des Trägers der Druck zu sehr an der vorderen Kante konzentriert. Es entsteht dadurch ein Kipplager, dessen Stützpunkt sich nur wenig verschiebt. Die Größe der Lagerplatten muß so gewählt werden, daß der Druck auf den Auflagsquader das zulässige Maß (20–35 kg pro Quadratzentimeter) nicht übersteigt Zur Erzielung einer gleichmäßigen Druckverteilung wird zwischen Platte und Quader eine 10–15 mm dicke Zementschicht oder eine 5 mm starke Bleiplatte gegeben. – Für Balkenträger von größerer Spannweite sind, wie oben bemerkt, außer dem einen festen im übrigen bewegliche Lager anzuordnen, um die Horizontalkräfte, die durch die Wärmeausdehnung oder -zusammenziehung hervorgerufen würden, auf das Maß des Reibungswiderstandes des beweglichen Lagers herabzumindern. Man kann die ausgeführten beweglichen Lager in drei Gruppen teilen: a) Gleitlager, bei denen zwei Lagerkörper mit gehobelten und geschmierten Flächen aufeinander gleiten. Dieselben entsprechen aber dem angestrebten Zwecke am wenigsten, ja sie können im Laufe der Zeit durch Verrosten und Staubansatz ganz unwirksam werden. Früher auch für größere Spannweiten angewendet, werden sie jetzt nur auf kleine Spannweiten (bis etwa 20 m) beschränkt, wenn man es nicht vorzieht, sie auch hier durch Walzenlager oder durch die oben beschriebenen kleinen Kipplager zu ersetzen. b) Walzenlager (Fig. 2) oder Stelzenlager (Flachwalzen, Fig. 3), bei denen die Bewegung durch Wälzung auf zylinderförmigen Körpern stattfinden kann. Diese Lager bestehen aus drei Hauptteilen: der Unterlagsplatte, den Walzen oder Stelzen und der mit dem Träger verbundenen Ueberlagsplatte. Stelzen oder Flachwalzen sind Walzen mit beiderseits fehlenden Segmenten. Um sie in unverändertem Abstande zu erhalten, bezw. bei den Stelzen die Parallelität zu sichern, sind ein bezw. zwei Führungsrahmen angebracht. Die Anzahl η der für ein Lager notwendigen Walzen von der Länge l und dem Durchmesser d in Zentimetern kann bei dem Auflagerdruck D (in Tonnen) aus der Formel nld = aD bestimmt werden. Für den Koeffizienten α werden von verschiedenen Autoren (Winkler, Schwedler, Baentsch, Fränkel, Tetmajer u.a.) sehr abweichende Angaben gemacht. Weyrauch hat unter Benutzung der Hertzschen Untersuchungen über die Druckübertragung zwischen sphärischen und zylindrischen Flächen diesen Koeffizienten aus den Elastizitäts- und Festigkeitsziffern des betreffenden Materials mit a = 0,358E/s2 (für Tonnen und Zentimeter) entwickelt [1], worin jedoch ohne Ueberschreitung der Elastizitätsgrenze für die Inanspruchnahme s ein ziemlich hoher Wert (für Stahl bis 5t, cm2) eingesetzt werden kann. Man kann hiernach[360] für Stahlgußlager etwa a = 85 bis 34 annehmen, und zwar die untere Grenzziffer dann, wenn nur zwei walzen angeordnet werden, während bei größerer Zahl von Walzen wegen der niemals ganz gleichmäßig zu erzielenden Belastung ein größerer Koeffizient zu setzen ist. Die Stelzen ermöglichen die Anwendung eines größeren Durchmessers und sind daher leichter verschieblich; es müssen aber Vorkehrungen getroffen sein, um eine bleibende Schiefstellung oder gar ein Umkippen der Stelzen durch Erschütterungen nicht eintreten zu lassen. Diese Vorkehrungen – eine hiervon ist in Fig. 3a dargestellt – haben sich nicht immer als genügend wirksam erwiesen. – Für die Beweglichkeit des Lagers wäre es am günstigsten, nur eine einzige Rolle oder Stelze anzuordnen, doch müßte dieselbe bei stärker belasteten Lagern einen großen Durchmesser, sonach große Höhe erhalten, was wieder mit Rücksicht auf die Uebertragung der horizontalen Seitenkräfte nicht empfehlenswert erscheint. Man hat daher nur in vereinzelten Fällen solche Einrollenlager angewendet (Fig. 4). Einem Vorschlage von Kübler [3], Stelzen zu verwenden, deren beide Krümmungsflächen einen größeren Halbmesser als die halbe Stelzenhöhe haben, haftet der Nachteil an, daß eine Längsverschiebung des Trägers eine Hebung desselben und eine Verschiebung der Stützpunkte des Pendels, sonach das Auftreten einer Horizontalkraft zur Folge hätte. Eine bessere Lösung gibt das Haberkaltsche Wälzungslager [4], das ebenfalls nur eine Stelze enthält, die sich aber mit verschieden, jedoch in gleichem Sinne gekrümmten zylindrischen Flächen in einem oberen Lagerkörper bezw. auf einem unteren Lagerkörper abwälzt (Fig. 5). Durch entsprechende Wahl der Krümmungsradien kann man es dahin bringen, daß die Hebung des Tragwerks und die sich hieraus ergebenden Bewegungswiderstände innerhalb beliebig festgesetzter Grenzen bleiben. Die Lager mit bloß einer Walze oder Stelze wirken auch gleichzeitig als Kipplager, und zu diesen Anordnungen gehört auch die in Amerika für Brücken mittlerer Spannweite häufig angewandte Lagerkonstruktion, bei welcher der Träger mittels eines Zapfens (Gelenkbolzen) im Mittelpunkte eines Walzensegmentes gelagert ist (Fig. 6). Im allgemeinen kann die Kipplagerung in zweifacher Art erreicht werden: entweder erfolgt die Uebertragung des Druckes durch zwei sich. berührende Zylinder- oder Kugelflächen von gleicher Krümmung, von denen die eine konkav, die andre konvex ist (Zapfenkipplager Fig. 2 und 7, bezw. Kugelkipplager), oder dieselbe erfolgt in zylindrischen Flächen von verschiedener Krümmung, gewöhnlich dann mit einer ebenen Fläche auf einer Zylinderfläche (Tangentialkipplager Fig. 1 und 3). Die Berührungsfläche liegt zwischen zwei Teilen: dem Balancier, der unmittelbar mit dem Träger verbunden ist, und dem Lagerkörper, der bei festen Lagern auf dem Mauerwerk, bei beweglichen auf den Walzen oder Stelzen ruht Die Kugelkipplager gestatten auch eine seitliche Neigung der Endständer, die infolge der Querträgerdurchbiegung auftritt; wollte man unter allen Umständen auch, bei Zapfenkipplagern eine zentrische Uebertragung des Stützendruckes erzielen, so müßten zwei solche zueinander senkrecht gestellte Zapfenlager angeordnet werden (Fig. 4). Bei einer Brücke mit zwei oder mehr Hauptträgern finden wir die sämtlichen Hauptträger in der Regel gleichartig gelagert. Der Querdilatation der Brücke, sowie den Bewegungen infolge der Horizontaldurchbiegung wird dabei nicht Rechnung getragen. Bei größerer Brückenbreite und dann bei größeren Horizontaldurchbiegungen wird sich aber eine Rücksichtnahme darauf empfehlen. Es dürfte dann bei einer Balkenbrücke mit zwei Hauptträgern überhaupt nur ein Lager fest angeordnet werden, während die übrigen Lager nach der Längs- und zum Teil auch nach der Querrichtung beweglich auszuführen wären (Fig. 8). – c) Eine dritte Gruppe der beweglichen Lager bilden die Pendellager, bei denen Bewegungen der aufgelagerten Konstruktion durch die Schiefstellung eines oben und unten um feste Achsen drehbaren Hänge- oder Stützpendels ermöglicht werden (Fig. 9). Sie kommen in vereinzelten Fällen, so bei kontinuierlichen Gelenkträgern, wo häufig die zwischen den Auslegerarmen angeordneten Schwebeträger auf einer Seite an Zugstangen aufgehängt oder auf Stützpendel gelagert sind, ferner bei mehrfeldrigen Trägern als Pendelpfeiler u.s.w. in Anwendung. Mit Kugellagerung ausgeführte Stützpendel gestatten dann die Beweglichkeit auch[361] nach der Querrichtung. – Für Träger, die auf mehr als zwei Stützen liegen, ferner für Bogenträger ohne Scheitelgelenk empfehlen sich regulierbare Lager. Die Regulierung wird in der Regel durch Keile bewerkstelligt, die entweder zwischen zwei parallelen Platten unter dem Lagerkörper oder bei Kipplagern zwischen dem Lagerkörper und dem im Unterteil rechteckig gestalteten Drehzapfen anzubringen sind. – Die gelenkförmigen Bogenauflagerungen sind immer nach Art der festen Kipplager konstruiert, natürlich unter Berücksichtigung, daß hier der Auflagerdruck verschiedene Richtungen annehmen kann.

Die Auflagerplatten einer Brückenkonstruktion werden bei gemauerten Pfeilern oder Widerlagern auf entsprechend große Quader (Auflagsquader) gelegt, an welche die Anforderung großer Fertigkeit und sicherer Lage zu stellen ist, so daß sie durch Erschütterungen und Stöße nicht leicht losgerüttelt werden können. Da nur sehr große Steine dieser Anforderung entsprechen, so hat man zuweilen bei kleineren Spannweiten die Pfeiler oder das Widerlager zu oberst aus einer entsprechend mächtigen Stampfbetonschicht gebildet und darauf unmittelbar die Lager versetzt.


Literatur: [1] Weyrauch, Ueber die Berechnung der Brückenauflager, Zeitschr. des Arch. –und Ing. – Vereins zu Hannover 1894. – [2] Häseler, Der Brückenbau, 1. Teil, 1. Lieferung, Braunschweig 1892. – [3] Zeitschr. des Vereins deutscher Ingenieure 1900, S. 216, 328, 917. – [4] Haberkalt, Das Wälzungslager, Oesterr. Wochenschr. s.d. öffentl. Baudienst 1902.

Melan.

Fig. 1., Fig. 2.
Fig. 1., Fig. 2.
Fig. 3.
Fig. 3.
Fig. 3a.
Fig. 3a.
Fig. 4.
Fig. 4.
Fig. 5., Fig. 6., Fig. 7.
Fig. 5., Fig. 6., Fig. 7.
Fig. 8.
Fig. 8.
Fig. 9.
Fig. 9.
Quelle:
Lueger, Otto: Lexikon der gesamten Technik und ihrer Hilfswissenschaften, Bd. 1 Stuttgart, Leipzig 1904., S. 360-362.
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360 | 361 | 362
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