Basen

[555] Basen sind nach der Bezeichnungsweise der älteren Chemie diejenigen Verbindungen, die, mit Säuren vereinigt, Salze bilden. Die neueren Anschauungen der physikalischen Chemie erlauben eine schärfere Definition. Danach sind Basen diejenigen Elektrolyte (s. Elektrolyse), deren Anion die einwertige OH-Gruppe (Hydroxyl) ist. Dieses Ion ist demnach bestimmend für die allgemeinen Eigenschaften der Basen, von denen insbesondere die Aetzwirkung (»Aetzlaugen«) und die basische oder alkalische Reaktion hervorzuheben ist, d.h. die Fähigkeit, gewisse Farbstoffe, die sogenannten Indikatoren (s.d.), in bestimmter Weise zu verändern, z.B. rote Lackmustinktur zu bläuen, Phenolphthalein zu röten u.s.w. Die individuellen Eigenschaften der verschiedenen Basen hängen anderseits von der Natur des mit dem OH-Anion verbundenen Kations ab.

Hiernach unterscheidet man anorganische und organische Basen. Die Kationen ersterer sind wesentlich die sogenannten Metalle, die Repräsentanten der drei ersten und der achten Vertikalreihe des periodischen Elementensystems in der üblichen Anordnung (s. Atomgewicht). Die stärksten (s. weiter unten) Basen sind die Hydroxylverbindungen der Alkalien und alkalischen Erdmetalle. Man nennt sie Aetzlaugen, speziell Aetzkali, Aetzbaryt u.s.w. Die Kationen der anorganischen Basen sind meist Elemente, doch gibt es auch zusammengesetzte Kationen: Ammonium NH4, Phosphonium PH4, Arsonium AsH4, Stibonium SbH4, Sulfinium SH3, Tellurinium TeH3, deren Existenz in Gestalt von Basen, d.h. als Hydroxylverbindung, jedoch nur bei ersterem möglich zu sein scheint. Die wichtigste dieser Basen ist die wässerige Lösung des Ammoniakgases NH3, das in Wasser zum Teil NH4OH und daraus OH-Ionen bildet. Da nur ein kleiner Teil des NH3 dieser Umwandlung unterliegt, so enthält die Ammoniaklösung (Salmiakgeist) nur wenig OH und ist deshalb viel schwächer basisch, als äquivalente Lösungen von Aetzalkalien. Alle die genannten zusammengesetzten Kationen liefern durch Substitution von Wasserstoffatomen durch organische Radikale die existenzfähigen organischen Basen. Für die Stärke der Basen, ihre Affinität (s. Verwandtschaft, chemische) ist ihre elektrolytische Dissoziation (s.d.) maßgebend: je weiter die Hydroxylverbindung in ihr Kation und OH-Anion zerfallen ist, desto stärker basisch ist sie. Der Grad dieses Zerfalls hängt von der Temperatur, der Konzentration und namentlich von dem Lösungsmittel ab, und ist bisher nur für wässerige Lösungen untersucht. Hiernach bilden außer den obenerwähnten Kationen der Alkalien und alkalischen Erden noch diejenigen organischen Kationen starke Basen, bei denen sämtliche Wasserstoffatome des anorganischen Radikals durch organische Gruppen ersetzt sind. Die Ermittlung der Stärke der Basen ist nach obigem gleichbedeutend mit der ihres Dissoziationsgrades, wofür die Methoden der Molekulargewichtsbestimmungen in Lösungen (s.d.) oder die Untersuchung der Leitungsfähigkeit (s.d.) zu Gebote stehen.


Literatur: Arrhenius, Zeitschr. f. physik. Chemie 1889, II, S. 284. – Bredig, Zeitschr. f. physik. Chemie 1894, XIII, S. 289.

Abegg.

Quelle:
Lueger, Otto: Lexikon der gesamten Technik und ihrer Hilfswissenschaften, Bd. 1 Stuttgart, Leipzig 1904., S. 555.
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