[716] Umwandlung der Gesteine und Minerale begreift die natürlichen chemischen und mechanischen Veränderungen derselben in sich. Soweit diese unter dem Einflusse der sogenannten Atmosphärilien (Regen, Schnee, fließendes Wasser, Wind, Wärmeunterschiede u.a.) vor sich gehen, werden sie auch als Verwitterung und Zersetzung bezeichnet.
Von den einzelnen Agentien der Umwandlung ist das wichtigste das Wasser. In chemisch reinem Zustand löst es auf, zerstört und führt fort Steinsalz, Gips, Vitriole, Alaun, Chloralkalien, Alkalisulfate, Karbonate; ist es mit Kohlensäure aus der Luft (Regen) oder wie in Säuerlingen geschwängert, so löst es langsam und zerstört kohlensaure Salze (Kalkstein u.s.w.), Silikate von Kalk, Natron, Kali, Eisenoxydul, Manganoxydul, Zink, Kupfer, Nickel u.s.w., also Augite, Hornblende, Feldspate, Glimmer und alle diese enthaltenden Gesteine, nicht aber Tonerdesilikate, also nicht reinen Ton. Unter den gesteinsbildenden Mineralien ist Quarz am wenigsten oder[716] gar nicht angreifbar, weit mehr werden Feldspate (unter ihnen Anorthit und Labradorit am meisten), Leucit dagegen wenig, Nephelin stark, von den Glimmern der Biotit mehr als der Muskowit, Hornblende stärker als Augit angegriffen. Bei der Einwirkung auf genannte Silikate bilden sich kohlensaure Salze dieser zweiwertigen Metalle und Halbmetalle (Calcium, Magnesium, Eisen, Mangan u.s.w.) und Kieselsäure als Quarz. Enthält das Wasser neben Kohlensaure noch Spuren von Schwefelsäure oder schwefliger Säure, Salpetersäure u.a. (wie z.B. das Regenwasser in der Umgebung von Rauch liefernden Fabrikschloten) oder Humussäuren (wie in der Nähe von Torfmooren und Sümpfen), so wird seine Lösungskraft gesteigert und die Verwitterung der ihm: ausgesetzten Minerale beschleunigt (beschleunigte Verwitterung der Gesteine, besonders des Marmors in großen Fabrikstädten). Die Lösung oder Verwitterung wird auch beschleunigt, wenn die verwitternden Gesteine oder Minerale große Flächen für den Angriff bieten, also bei porösen, löcherigen, rauhen, nicht oder wenig behauenen Gesteinen mehr als bei glatten oder polierten. Die seinen Haarspalten und Risse vermitteln aber auch bei letzteren das Eindringen des lösungskräftigen Wassers. Neben Wasser wirkt der Sauerstoff der Luft noch zersetzend, indem er mit Wasser eine Reihe von Mineralen besonders in der Wärme oxydiert, z.B. Metalloxydule (Eisen, Mangan) gehen in Oxyde und Oxydhydrate über, Schwefelkies wird in schwefelsaures Eisenoxydul verwandelt. Auf der Bildung von Eisenoxydhydrat aus Eisenoxydulsalzen beruht die Heller-, besonders die Gelb-, Braun- und Rotfärbung in der Verwitterung der Gesteine. An organischen Substanzen reiches Wasser verändert viele Minerale unter Entziehung von Sauerstoff. Wind wirkt verwitternd, indem er entweder den Zusammenhang der ihm ausgesetzten Gesteine (Sandsteine) lockert oder auf ihnen und in ihren seinen Poren veränderliche und lösliche Staubteile, Mikroorganismen (Algen, Flechten, Bakterien, Samen u.s.w.) ablagert und durch deren Veränderungen die Gesteine angreifen läßt. Unter dem Einfluß starker Sonnenbestrahlung (Tag) und darauffolgender starker Abkühlung (Nacht) zerfallen und springen Gesteine entzwei, werden gelockert und den lösenden Agentien zugänglicher. Geht die Abkühlung bei Gegenwart von Wasserdampf (Tau) stark unter den Gefrierpunkt, so bildet sich auf und in den Gesteinen Eis, was Volumenveränderungen und Zersprengungen der Gesteine im Gefolge hat. Mit letzteren Erscheinungen, mit Zersprengung, Lockerung und Zerfall beginnt die natürliche Umwandlung der Gesteine. Polierte und Kristallflächen werden rauh, glanzlos. Im weiteren entstehen beim Vorhandensein der weit verbreiteten Eisenverbindungen Aenderungen in der Farbe. Das dritte Stadium besteht in der vollständigen chemischen Umsetzung der lösbaren Minerale. Das Endergebnis der Verwitterung aller tonerdehaltigen Minerale, also der meisten Silikate, ist Ton.
Literatur: Zirkel, F., Lehrbuch der Petrographie, Leipzig 1894, Bd. 1; Bischof G., Lehrbuch der chemischen Geologie, 18631866, 2. Aufl.; Brauns, R., Chemische Mineralogie, Leipzig 1896; Roth J., Allgemeine und chemische Geologie, Berlin 1879, Bd. 1; Weinschenk, E., Allgemeine Gesteinskunde, 2. Aufl., Freiburg 1907; Gabriel, A., Verwitterung der Mineralien durch Adsorption, Dissertation, Jena 1909.
Leppla.