[74] Bessemer-Gebläsemaschinen werden in neuerer Zeit fast immer mit Hörbiger-Ventilen ausgerüstet, wodurch die Ventilwiderstände nicht unerheblich verringert, also auch der Kraftverlust durch dieselben verkleinert wird.
Die Ausführung solcher Maschinen durch die Märkische Maschinenbauanstalt Wetter a. R., jetzt Deutsche Maschinenfabrik A.-G. in Duisburg, zeigt Fig. 1. Die Ventile sind in Ringkästen untergebracht, so daß das Innere der Gebläsezylinder nach Herausnahme des Deckels zugänglich ist. Die je aus einem Saug- und einem Druckventil bestehenden Ventilsätze (Fig. 2) sind mit gemeinsamen Spindeln so im Ringkarten befestigt, daß beide gemeinsam nach der Seite des Saugraums zu herausgenommen werden können. Zwei neuere Ausführungen dieser Maschinen zeigen folgende Abmessungen [1]:
[74] Es werden bei dieser Bauweise die vielen einzelnen Deckel vermieden, die ja nicht allein einen bedeutenden Arbeitsaufwand, sondern auch eine bedeutende Schwächung des Ringkastens verursachen, was namentlich bei Stahlwerksgebläsen zu vermeiden ist. Kieselbach (Maschinenfabrik Sack & Kieselbach in Rath-Düsseldorf) baut das Gebläseventil sowohl als einfaches wie als Etagenventil und als Ventil mit mehreren konzentrischen Ringtellern. Die Ventilteller sind aus Hohlblech gepreßt, außen durch kräftige Spiralsendern belastet und innen an Führungsrippen geführt. Eine starre Hubbegrenzung findet nicht statt, vielmehr stützt sich die Belastungssender auf eine elastische, als Hubbegrenzung dienende Platte, wodurch nicht nur ein sanftes, stoßfreies Oeffnen, sondern auch ein schneller Schluß erzielt wird. Die Ventilwiderstände sind daher sehr gering, für eine mittlere Luftgeschwindigkeit von 20 m/Sek. ergab sich der Saugunterdruck zu nur 0,07 at, der Ueberdruck über die Windpressung zu 0,022 at, daher der gesamte indizierte Druckverlust zu 0,029 at. Bei einem Versuche (im September 1905) ergab die bessere Leistung dieser Ventile bei gleichem Winddruck eine Verringerung des mittleren indizierten Druckes um 0,1135 at und eine Dampfersparnis (bei 24 Chargen in der Schicht) von 14400 t-Dampf im Jahre oder (bei siebenfacher Verdampfung und einem runden Preis von 10 ℳ pro Tonne loko Kesselhaus) zu rund 20000 ℳ.
Von neueren, durch Hochofengase betriebenen Stahlwerksgebläsen sind besonders erwähnenswert diejenigen der Nürnberger Maschinenbau-Aktiengesellschaft (MAN), diejenigen von Thyssen & Cie. in Mülheim a. d. Ruhr und der Siegener Maschinenbau-Aktiengesellschaft. Die Ausführung der neuen Gasgebläse der ersteren Firma zeigt Fig. 3. Die Gebläsezylinder sind mit Sang- und Druckventilen System Hörbiger versehen. Die Regulierung erfolgt von Hand durch Verstellung des Gasventilhubes. Nur für die oberste Grenze der Tourenzahl ist ein kleiner Regulator vorhanden, welcher bei Ueberschreitung dieser Grenze die Zündung zeitweilig ausschaltet. In den Chargenpausen laufen die Maschinen leer weiter, die Windförderung wird hierbei durch Oeffnen eines durch einen Drehschieber steuerbaren Entlastungsventils unterbrochen. Während dieser Blaspausen läuft die Maschine mit nur 40 Touren (im Betrieb 85 bis 95 Touren). Der Gasverlust durch diesen Leerbetrieb entspricht den durch die Blaspausen bedingten Niederschlagsverlusten in den Rohrleitungen und Zylindern bei den bisherigen Dampf-Stahlwerksgebläsen. Von den 419 vom Jahre 1902 bis Ende 1912 von der Nürnberger Maschinenbau-Aktiengesellschaft gebauten Großgasmaschinen mit einer effektiven Gesamtleistung von 675370 PS. waren 98 Gasgebläse (86 Hochofen-, 12 Stahlwerksgebläse) mit einer Gesamtleistung von ~ 186500 PSe oder im Mittel 1632 PSe für ein Hochofen-, 3844 PSe für ein Stahlwerksgebläse.
Das Stahlwerksgebläse von Thyssen verwendet ebenfalls Plattenventile, welche jedoch durch vier S-förmig gebogene Sendern belastet lind, wie aus Fig. 4 und 5 zu ersehen. Nach Mitteilung der Firma Thyssen sind bis Ende 1912 ca. 60 Gebläsemaschinen und Kompressoren mit Ventilen dieser Bauart geliefert worden [2].
Literatur: [1] Michenfelder. Neuere Stahlwerksgebläsemaschinen, Zeitschr. d. Ver. deutsch. Ing. 1909, S. 1393. [2] v. Ihering, Gebläse, 3. Aufl., Berlin (J. Springer) 1913, S. 90 f.
v. Ihering.
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