Betoneisenbrücken

[736] Betoneisenbrücken sind Brücken, deren Tragwerk aus einer armierten Beton- oder aus Betoneisenkonstruktion besteht. Die dabei zur Anwendung gebrachten Systeme beruhen teils auf dem Gewölbe- oder Bogenträgerprinzip, teils sind es armierte Betonbalkenbrücken.

Für kleine Spannweiten (Durchlässe) genügen armierte Platten, für größere kommen Platten mit nach unten gelegenen Rippen (Balken), für noch größere Weiten Gewölbe zur Anwendung. Die Bauweisen (s. Betoneisenkonstruktionen), die im Betoneisenbrückenbau eine Rolle spielen [1], sind hauptsächlich das System Monier (Platten und Gewölbe), Moeller (Balkenbrücken), Hennebique und verwandte Systeme (hauptsächlich Balken-, aber auch Bogenbrücken), Melan (Bogenbrücken). Auch die Konstruktion von Fachwerksbalken in Eisenbeton ist versucht und von Considère unter Anwendung einer eignen Bauweise (mit Draht umschnürter Beton, Béton freue) auf ein größeres Probeobjekt (Brücke von Ivry mit 20 m Spannweite) angewendet worden [2]. Von den Balkenbrücken in armiertem Beton dürfte der Fußsteg über die Schwarza zu Payerbach, Niederösterreich, mit 26 m die größte Spannweite besitzen. Auf die gewölbten Brücken hat das System Monier die erste und ausgedehnteste Anwendung gefunden. Hervorragende Beispiele von Monier-Brücken sind: die Brücke zu Waidhofen über die Ybbs, Niederösterreich, mit 44 m Spannweite, die Brücke über den Oberlandkanal zu Draulitten mit 26,3 m, jene zu Wildegg, Schweiz, mit 37,2 m u.a. [3].

Das System Hennebique [4] hat vornehmlich auf Balkenbrücken, dann aber auch auf Bogenbrücken Anwendung gefunden. Das bedeutendste Bauwerk ist die im Jahre 1899 erbaute Brücke über die Vienne zu Châtellerault mit drei Oeffnungen, von denen die mittlere 50 m und die seitlichen 40 m Spannweite haben. Das Tragwerk besteht aus einzelnen Bogenrippen, auf welche die Fahrbahn mittels armierter Betonstützen gestellt ist. Auch die Mittelpfeiler und Widerlager sind in mit Rundeisen armierter Betonkonstruktion ausgeführt. Nach demselben Typ ist auch die [736] Brücke über den Nervion zu Bilbao, Spanien, mit drei Oeffnungen zu je 35 m erbaut. Das System Möller, eine Balkenträgerkonstruktion mit fischbauchförmigen Tragrippen, die einen an den Enden verankerten Eisenzuggurt enthalten, hat hauptsächlich in Deutschland zu Straßenbrücken (Ueberbrückung des Pleißemühlgrabens zu Leipzig, 11 m Spannweite, Syrabrücke zu Plauen, 20 m Spannweite) und in der Lokalbahnbrücke über die Oker zu Rüningen (7 m Spannweite) Anwendung gefunden. Eisenbetonbrücken nach System Melan [5] sind seit dem Jahre 1896 in größerer Zahl in Oesterreich und Nordamerika gebaut worden. Gegenwärtig sind größere Melan-Brücken auch in der Schweiz (Brücke Chauderon-Montbenon in Lausanne, sechs Oeffnungen zu je 29 m) und in Italien (Brücke über den Tagliamento bei Pinzano, Friaul, drei Oeffnungen zu je 52 m) in Ausführung begriffen. Es sind dies durchwegs gewölbte Brücken, deren Betongewölbe durch eiserne Bogenträger ausgesteift ist. Die Gewölbe sind entweder mit eingespannten Kämpfern oder mit Kämpfer- und Scheitelgelenken ausgeführt. Bei der Ausführung wurden die Lehrgerüste in der Regel an die montierten Eisenbogen angehängt, um die Gerüste selbst leicht halten zu können und gegen Deformationen zu sichern, und um in die Eisenbogen gewisse Anfangsspannungen zu bringen. Beispiele größerer Melan-Brücken sind: die Schwimmschulbrücke in Steyr, Oberösterreich (mit 42 m Spannweite und bloß 1/16 Stich), die in Fig. 1 und 2 dargestellte Kaiser Franz Josef-Brücke in Laibach (33 m Spannweite), in Spanien die Brücke über den Fluß Candal zu Mières (zwei Oeffnungen zu je 35 m Spannweite), in Nordamerika die Topekabrücke über den Kansasfluß (fünf Oeffnungen zu 29,7–38,1 m Spannweite), die Brücke zu Dayton (lieben Oeffnungen mit 21,0–26,8 m Spannweite), die Eisenbahnbrücke zu Detroit (15,2 m Spannweite) u.a.

Auch zur Bildung der Fahrbahntafeln eiserner Brücken haben armierte Betonkonstruktionen mehrfach und mit Vorteil Anwendung gefunden, vornehmlich Monier- und Melan-Gewölbe (Rheinbrücken Fussach und Brugg in Vorarlberg).


Literatur: [1] Paul Christophe, Le Béton armé et ses applications, Paris 1902. – [2] Annales des ponts et chaussées, 3e Trienn. 1903, Le pont d'Ivry. – [3] Rehbein Monierbauweise, Berlin 1894. – [4] Relevé des travaux exécutés et en Système Hennebique pendant l'année 1902. – [5] Betoneisenbrücken nach Bauweise Melan, Prag 1904.

Melan.

Fig. 1.
Fig. 1.
Fig. 2.
Fig. 2.
Quelle:
Lueger, Otto: Lexikon der gesamten Technik und ihrer Hilfswissenschaften, Bd. 1 Stuttgart, Leipzig 1904., S. 736-737.
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