Bruch [2]

[323] Bruch heißt die Trennung der Teile fester Körper durch Kräfte, die nicht wie beim Schneiden, Sägen u.s.w. in den Trennungsflächen selbst angebracht sind. Die Trennungsflächen nennt man Bruchflächen, die größten Kräfte, die auf den Bruch hingewirkt haben, Bruchkräfte (Bruchlast, Bruchbelastung). Bei Festigkeitsversuchen pflegt der Bruch herbeigeführt zu werden durch Zug (Zerreißen), Druck (Zerdrücken, Zerknicken), Schub (Abscheren), Biegung (Zerbrechen im engeren Sinne), Torsion (Zerdrehen). Je nach der Art dieser Einwirkungen, besonderen Verhältnissen derselben (Geschwindigkeit des Anwachsens, Dauer, Wiederholungen, Temperatur u.s.w.) und der Form der Probestücke können die Bruchflächen selbst bei gleichem Material verschiedenes Aussehen[323] gewinnen [9], [10]. Im allgemeinen ist letzteres abhängig von der Zusammensetzung, Herstellungsart, Bearbeitung, sonstigen vorausgegangenen Einwirkungen, überhaupt von den Eigenschaften des Materials. Bei genügender Erfahrung und entsprechender Vorsicht lassen sich also umgekehrt aus den Bruchflächen Schlüsse auf die Beanspruchungsart und einzelne jener Eigenschaften ziehen. Für Eisen und Stahl hat man in neuerer Zeit der Aufklärung dieses Zusammenhangs unter Zuhilfenahme des Mikroskops bei der Beobachtung von Bruchflächen und Schliffflächen (bei den ungeschliffenen Bruchflächen kommt auch der Einfluß der Schwächung des Materials durch die übermäßige Beanspruchung zum Ausdruck) besondere Aufmerksamkeit zugewendet [1]–[8]. Weiter hat man sich nicht damit begnügt, einzelne Stäbe und gewalzte Träger bis zum Bruche zu belasten, sondern ist zu Bruchproben mit ganzen Konstruktionen übergegangen (Blechträger, Fachwerke, Gewölbe u.s.w.), um die tatsächlichen Verhältnisse beim Zusammenwirken aller Einflüsse kennen zu lernen und daraus Schlüsse auf zweckmäßige Anordnung, zulässige Belastung und dauernde Sicherung solcher Konstruktionen zu ziehen. Vgl. Blechträger, Fachwerke, Biegeprobe, Biegungsfestigkeit u.s.w.


Literatur: [1] Martens, Die mikroskopische Untersuchung des Eisens, Zeitschr. des Ver. deutscher Ing. 1878, S. 11, 205, 481; 1880, S. 397. – [2] Wedding, Die Eigenschaften des schmiedbaren Eisens, abgeleitet aus der mikroskopischen Untersuchung des Gefüges, Zeitschr. des Ver. deutscher Ing. 1885, S. 572. (Vgl. auch Sorby und Daelen, S. 630; Braune, S. 96.) – [3] Osmond et Werth, Théorie cellulaires des propriétés de l'acier, Annales des mines 1885, VIII, p. 5. – [4] Schild, Die mikroskopische Untersuchung des Eisens, Zeitschr. des Ver. deutscher Ing. 1887, S. 109. – [5] Martens, Ueber das Kleingefüge des schmiedbaren Eisens, Stahl und Eisen 1887, S. 235; s.a. S. 393. – [6] Martens, Ueber einige mikroskopische Eisenuntersuchungen, Mitteilungen der K. techn. Versuchsanstalten zu Berlin 1892, X, S. 57; s.a. 1893, XI, S. 273. – [7] Behrens, Das mikroskopische Gefüge der Metalle und Legierungen, Hamburg 1894. – [8] Osmond, Contribution à l'étude de la structure des aciers, Comptes rendus etc., 1894, CXIX, p. 329; s.a. CXVIII, p. 807. – [9] Martens, Handbuch der Materialienkunde für den Maschinenbau, I, Berlin 1898, S. 75, 229 u.s.w. – [10]. Thallner, Konstruktionsstahl, Freiberg 1904, S. 22, 107 u.s.w.

Weyrauch.

Quelle:
Lueger, Otto: Lexikon der gesamten Technik und ihrer Hilfswissenschaften, Bd. 2 Stuttgart, Leipzig 1905., S. 323-324.
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