Biegeprobe

[785] Biegeprobe. Diese zählt neben der Schmiede- oder Ausbreit-, Loch- und Schweißprobe zu den technologischen Proben für Prüfung der Bearbeitungsfähigkeit von Konstruktionsmaterialien im kalten und warmen Zustande. Nach Korobkoff ist sie »die rationellste und billigte Prüfungsmethode für die Zähigkeit der Metalle« [1]. Die Probestücke, bei Rund- und Quadrateisen unbearbeitete Abschnitte und bei flach ausgewalztem Material Streifen von 25 bis 50 mm Breite (nach den Beschlüssen des Internationalen Verbandes für die Materialprüfung der Technik soll das Verhältnis von Dicke zu Breite a : b = 1 : 3 sein [2]; Martens empfiehlt, auch die Stützweite l der Dicke entsprechend zu wählen, a : b : l = 1 : 3 : 15, und den Druckstempel, um den die Biegung erfolgt, nach r = a abzurunden [3]) mit gebrochenen Kanten, werden entweder nach einem bestimmten Durchmesser oder frei in der Mitte umgebogen, bis in der äußeren, gestreckten Faserschicht ein metallischer Anbruch eintritt. Bei dem ältesten Verfahren zur Ausführung der Biegeprobe, bei der sogenannten Handprobe, wird das Versuchsstück mit einem Hammer umgeschlagen. Hierbei wird, wenn kein bestimmter Biegungshalbmesser vorgeschrieben ist, zunächst eine Schleife nach Fig. 1 gebildet und diese dann durch Hammerschläge auf die mit α bezeichnete Stelle weiter zusammengebogen. Ist ein bestimmter Biegungshalbmesser inne zu halten, so bedient man sich des sogenannten Probierstockes [4], bei dem die Probe auf eine gehobelte Stahlplatte gespannt und durch Schläge auf das überragende Ende um die nach dem vorgeschriebenen Halbmesser abgerundete Kante der Platte umgelegt wird. Von den beiden Verfahren liefert das erstere erfahrungsgemäß das günstigere Ergebnis. Dieses ist indessen in beiden Fällen von der Willkür und Geschicklichkeit des den Hammer Führenden abhängig. Daher verdienen maschinelle Vorrichtungen zur Ausführung der Biegeprobe den Vorzug. Zwar ist auch bei ihnen das Ergebnis von der Art der Probeneinspannung und von der Biegungsgeschwindigkeit abhängig; jedoch ist die Möglichkeit gegeben, durch Innehaltung bestimmter Vorschriften für die Versuchsausführung zu vergleichbaren Ergebnissen zu gelangen.

Die einfachste Form der maschinellen Vorrichtungen zur Ausführung der Biegung nach einem vorgeschriebenen Halbmesser ist die Richt- oder Schraubenpresse, bei der die Probe mit den Enden frei auf Unterlagen aufgelegt und in der Mitte um die abgerundete Kante eines Druckstückes (Dorn) umgebogen wird. Sondermaschinen gleicher Wirkungsweise, d.h. mit freier Probenauflage und Druckbelastung in der Mitte, sind die Maschinen von Mohr & Federhaff zu Mannheim und von Amsler-Laffon in Schaffhausen. Bei der ersteren (Fig. 2 [5]) wird das zwangläufige Druckstück durch ein Handrad oder eine Ratsche (Knarre) mittels einer drehbaren Schraubenspindel und festgelagerten Mutter gegen die Probe gedrückt, deren Widerlager einander durch Stellschrauben beliebig genähert und somit verschieden starke Proben bis zur vollständigen Anlage an das Druckstück zusammengebogen werden können. Bei der Maschine von Amsler-Lasson (Fig. 3) wird der 1–8 cm dicke, vorne zylindrisch abgerundete oder auf einen besonderen Zylinder wirkende Druckstempel hydraulisch gegen die Probe vorgetrieben. Der Druck kann hierbei auf 100 t gesteigert werden. Die beiden Auflager der Probe lassen sich je nach der Länge der letzteren durch Schrauben von 0–20 cm gegenseitiger Entfernung verstellen [6]. Ein zweites Verfahren zur maschinellen Biegung nach einem vorgeschriebenen Halbmesser besteht darin, daß die Probe mit dem einen Ende in eine schraubstockähnliche Vorrichtung eingespannt und durch einen allmählich fortschreitenden Druck gegen ihr hervorragendes Ende um die abgerundete Kante der Einspannbacken umgebogen wird. Die älteste dieser Vorrichtungen ist diejenige von Bauschinger [7]. Die Probe wird unter Anwendung einer verzahnten Keilbeilage auf eine starke Platte aufgeschraubt und das Umbiegen ihres überragenden Endes mittels einer durch einen Hebel betätigten Daumenwelle bewirkt, deren Drehungsachse mit der Mittellinie der Abrundung zusammenfällt. Um verschieden starke Proben prüfen zu können, werden Ringe von entsprechender Wandstärke auf den Druckdaumen aufgeschoben. – Bei der Biegemaschine der Ottakringer Eisengießerei und Maschinenfabrik (Fig. 4) ist der Probestreifen f unter 45° zur Achse der Druckschraube S zwischen Klemmplatten und dem Maschinengestell eingeschraubt.[785] Die Schraube S wird entweder unmittelbar durch ein Handrad oder durch ein Schneckengetriebe betätigt und schiebt hierbei das Druckstück D voran, so daß die Probe sich unter dem Druck der Rolle r um die Kante k des Maschinengestelles umlegt. Der Zeiger z zeigt die Größe der Biegung auf einer feststehenden Skala an [5], [8]. – Bei einer ähnlichen Maschine von Mohr & Federhaff wird die Verbiegung der Probe durch die Verdrehung eines geteilten Segmentes gegen eine feststehende Marke angezeigt [5]. – Allen diesen Maschinen haftet der Mangel an, daß das Probestück nicht lediglich auf Biegung, sondern durch die Reibungswiderstände an den Auflagern auch auf Zug beansprucht wird. Am größten sind diese schädlichen Zugbeanspruchungen bei denjenigen Vorrichtungen, mit denen das Versuchsstück durch einen Stempel in eine entsprechend geformte Matrize hineingedrückt wird. Um diesen Mangel zu vermeiden, hat man Biegemaschinen vorgeschlagen, bei denen die beiden Auflager während des Versuchs der Durchbiegung der Probe entsprechend einander stetig genähert werden [3]. – Bei dem freien Umbiegen ohne Rücklicht auf den Biegungshalbmesser wird die vorgebogene Probe nach Fig. 5 zusammengedrückt. Hierbei treten schädliche Beanspruchungen wenig oder gar nicht auf; auch bietet dieses Verfahren für die Warmbruchprobe noch den Vorzug, daß das rotwarme Versuchsstück nur an den Enden mit Metall in Berührung kommt und daher in dem meist gebogenen Teile keine schnelle Wärmeentziehung stattfindet Der Versuch kann mit Hilfe einer gewöhnlichen Richtpresse ausgeführt werden. Eine besonders für diesen Zweck erbaute Presse, die auf den Stahlwerken der Steel Company of Scotland in Benutzung fleht, ist in [9] dargestellt. Als Stützflächen dienen je nach dem Grade der erreichten Zusammenbiegung drei treppenartig angeordnete Absätze am Fuße des Maschinengestells. Das Druckstück[786] ist durch einen Exzenter betätigt. Amsler-Laffon in Schaffhausen hat die Maschine Fig. 6 zum Biegen ohne Dorn gebaut [6]. Bei ihr werden beide Enden der Probe in Klemmen festgelegt, so daß sie 5–10 cm zwischen denselben freiliegt. Die rechtsgelegene Klemme m mittels Zahnsegment und Schraube ohne Ende um eine wagerechte Achse drehbar; die zweite stützt sich auf einen Hebel. Dieser ist parallelogrammartig mittels Schneiden oder Bolzen an ein stählernes Dreieck und letzteres ebenso an das Maschinengestell angelenkt, so daß der Hebel mit der Klemme sich in einer zur Drehachse der erstgenannten Klemme senkrechten Ebene in weiten Grenzen bewegen, die Klemme sich aber nicht drehen kann. Die beweglichen Teile sind durch Gegengewichte ausgeglichen. Wird nun das Segment gedreht, so erfährt die Probe Biegung ohne Nebenbeanspruchungen. Das Biegungsmoment ist in allen Querschnitten gleich groß. Homogenes Material und genau prismatische Stabform vorausgesetzt, erfolgt die Biegung daher nach einem Kreise. Hierbei ist der Krümmungshalbmesser o in der neutralen Faser ρ = l : φ, wenn l die freie Länge der Probe und φ den abzulesenden Drehungswinkel des Segments bedeuten. Bei Herstellung der Gelenke durch Bolzen kann die Maschine auch zu Hin- und Herbiegeproben dienen. – Je nach dem Wärme- und Bearbeitungszustande, in den die Proben vor Beginn des Versuches gebracht sind, unterscheidet man folgende Arten von Biegeproben: 1. Die Kaltbiegeprobe dient zur Erkennung etwaiger Kaltbrüchigkeit des Materials, die besonders eine Folge übermäßigen Gehaltes an Phosphor ist. Der Versuch wird entweder mit dem Material im Verwendungszustande angestellt oder die Proben werden zuvor im Gasglühofen oder im Holzkohlenfeuer sorgfältig ausgeglüht und dann langsam erkalten gelassen. Auf den Konferenzen zur Vereinbarung einheitlicher Prüfungsverfahren wurde empfohlen, das Ausglühen nur dann vorzunehmen, wenn gleichzeitig auch Härtebiegeproben angestellt werden [10]. Der beim Glühen angewendete Hitzegrad ist von wesentlichem Einfluß auf den Erfolg; er sollte bei Eisen nie unter 750º C. betragen. Ebenso ist auch die Dauer des Abkühlens von Einfluß; mit ihr wächst z.B. nach Heyn [11] die durchschnittliche Größe der einzelnen, das Kleingefüge bildenden Ferritkörner bei Eisensorten, die Ferrit und Perlit enthalten. Beim Kupfer reichen im allgemeinen Glühhitzen von 550° C. hin. Aber auch hier ist die Glühdauer von wesentlichem Einfluß [12]. – 2. Die Blaubruchprobe soll die Empfindlichkeit des Materials gegen die Bearbeitung in einem ungenügend erwärmten Zustande kennzeichnen, dessen Einfluß in der Regel in einer Steigerung der Zugfestigkeit und Abnahme der Dehnbarkeit belieht (s. Wärmeeinfluß). Der Für die Versuchsausführung richtige Wärmegrad (etwa 300° C.) wird daran erkannt, daß eine frisch angeseilte Fläche der erwärmten Probe anfänglich die gelbe oder rote Anlauffarbe zeigt, allmählich blau gefleckt, licht-, dann dunkelblau wird und nun diese Farbe einige Zeit beibehält. Erscheint keine Anlauffarbe oder verschwindet die blaue wieder, so ist die Probe zu heiß; tritt dagegen an Stelle der blauen die bronzefarbene oder purpurrote Anlauffarbe auf und zwar für kurze Zeit unverändert, so ist die Probe zu kalt. Um den richtigen Wärmezustand möglichst gleichmäßig zu erzielen, legt man die Probe zur Erwärmung zwischen zwei rotwarme Platten oder in ein Bleibad. – 3. Die Warm- oder Rotbruchprobe dient zur Untersuchung des Materials auf Brüchigkeit im rotwarmen Zustande. Letztere ist eine Folge zu hohen Gehaltes an Schwefel und besonders beim Flußeisen auch an Eisenoxydul (Sauerstoff) [13], sowie beim Schweißeisen eine Folge des Gehaltes an derart trockener, d.h. basischer Schlacke, daß diese beim Schweißen nicht genügend flüssig wird. Solches Eisen erhält beim Auswalzen feinerer Querschnitte Kantenrisse und wird als »faulbrüchig« bezeichnet [14]. Dormus [15] weist darauf hin, daß sich beim Flußeisen die Verunreinigungen hauptsächlich im Innern (Kern) des erstarrten Blockes finden, und daß daher bei Prüfung von Walzstücken auf Rotbruch die Untersuchung sich auch nur auf die Kernzone erstrecken soll. Etwaige Rotbrüchigkeit des Materials der Randzone mache sich bereits beim Walzen bemerkbar. Zur Ausführung der Warmbruchprobe werden die Versuchsstücke gleichmäßig bis zur hellen Rotglut erhitzt und dann ebenso wie die Blaubruchprobe in einer Hitze gebogen. – 4. Die Härtebiegeprobe oder Abschreckprobe dient zur Bestimmung der Härtbarkeit. Die Versuchsstücke sind gleichmäßig zu erhitzen und dann in Wasser von 25–28° C. abzuschrecken. Die Härtungstemperatur, d.h. der Grad der Erwärmung vor dem Abschrecken, ist von erheblichem Einfluß auf das Versuchsergebnis. So fand Ball für das Abschrecken aus Wärmegraden über 1000° C. und die hierdurch erzielten Fertigkeiten folgende Beziehungen:[787]


Biegeprobe

Das Härtungsmaximum lag also bei etwa 1300° C. [16]. Heyn zeigt an einer Reihe mikrophotographischer Abbildungen von polierten und geätzten Flächen den Einfluß der Abschreckhitze auf das Kleingefüge des Eisens. Letzteres bestand z.B. bei gewalztem Schienenstahl mit 0,31% Kohlenstoff und 0,63% Mangan aus 80% Ferrit (nahezu kohlenstoffreies Eisen) und 30% Perlit (zwei meist lamellartig angeordnete Gefügeelemente, einem weichen, Ferrit, und einem harten, Zementit, der den Kohlenstoff in Form von Karbidkohle enthält). Nach dem Abschrecken bei 760° C. fand sich statt Perlit das Martensit (feste Lösung des Kohlenstoffs im Eisen); bei 800° C. war die Menge des letzteren auf 44% angewachsen, und bei 900° C. war nur noch Martensit vorhanden. Der Einfluß äußert sich also in der verschiedenartigen Ausscheidung der nach der Verbindung mit dem Kohlenstoff zu unterscheidenden Bestandteile des Eisens. Bei etwa 680° C. hören die Ausscheidungen auf und der Reit, die eutektische Mischung (Mutterlauge), Eisen mit 0,8% Kohlenstoff, erstarrt als Perlit. Abschreckungen unterhalb 650° C. wirken auf das Gefüge und die Form des Kohlenstoffs wie langsame Abkühlung [17]. Gebrauch ist es, die Proben bis zur Dunkelkirschrothitze (550–650°) zu erhitzen. Die abzuschreckenden Proben dürfen nicht mit Wasserstoff in Berührung kommen, was leicht eintreten kann, wenn das Erhitzen in undichten, mit Leuchtgas geheizten Muffeln erfolgt, so daß unverbranntes Leuchtgas zur Probe hinzutreten kann. Das auf 730–1000° C. erhitzte Flußeisen nimmt Wasserstoff aus der Umgebung auf, der beim langsamen Erkalten zwar wieder entweicht, beim Abschrecken aber in dem Eisen verbleibt und dieses brüchig macht. Die schädliche Wirkung des Wasserstoffes äußert sich besonders auf die äußeren Schichten der Probe. Sie scheint bei deren längerem Liegen an der Luft sich zu vermindern; schon durch geringes Erwärmen (100° C.) kann sie mehr oder weniger behoben werden und durch Glühen bei Rotglut in Stickstoff oder Luft wird sie vollends beseitigt, und zwar anscheinend um so leichter, je geringer der Kohlenstoffgehalt des Eisens ist [18]. – 5. Die Biegeprobe mit verletzten Stücken unterscheidet sich wieder in solche mit gebohrten und gelochten Streifen und in »Einkerbproben«. Bei der letzteren werden die Versuchsstücke auf der beim Biegen auf Zug beanspruchten Seite mit einem etwa 1 mm tiefen, von einem Rande zum andern durchlaufenden Einschnitt versehen, der entweder eingehobelt oder mit der Feile oder dem Meißel hergestellt wird. Beim Einkerben mit dem Meißel ist zu beachten, daß infolge der auftretenden Druckbeanspruchung molekulare Veränderungen stattfinden können. Die Inanspruchnahme des Materials bei der Einkerbprobe unterscheidet sich von derjenigen bei der Biegeprobe mit unverletzten Stücken dadurch, daß die äußerste, auf Zug beanspruchte, unmittelbar unter dem Einschnitt gelegene Materialschicht sich wenig oder gar nicht dehnt. Die Schichten reißen nach und nach ein; zugleich treten bei fortschreitender Biegung zwischen den einzelnen, bereits zerrissenen Schichten neben den Schubspannungen Zugspannungen auf, die darauf hinwirken, die einzelnen Schichten voneinander abzuheben, indem die Biegungselastizität, die den gerissenen Schichten innewohnt, bestrebt ist, sie wieder geradezurichten [19]. Diese Wirkungsweise läßt die Einkerbprobe zum Nachweis mangelhafter Homogenität und Dichtigkeit, besonders von nicht verschweißten Blasen, geeignet erscheinen. Letztere sind vornehmlich bei Feuerblechen für Kessel gefährlich, indem sie die Wärme nicht gleichmäßig übertragen und zu Blasenbildung und Abblätterung Veranlassung geben [20]. Kerpely mißt der Einkerbprobe im blauwarmen Zustande einen ganz besonderen Wert deshalb bei, weil nach seiner Ansicht der molekulare Zustand des Materials bei Blauwärme demjenigen »erregten« Zustande gleichkommt, in den es durch die Betriebsinanspruchnahme versetzt wird [21]. Mehrtens erblickt in der Einkerbprobe im kalten Zustande ein vorzügliches Erkennungsmittel für sprödes Flußeisen, rät aber dennoch davon ab, diese Probe allgemein als Vorschrift einzuführen, weil es praktisch unmöglich sei, überall denselben Einschnitt in gleicher Tiefe und gleicher Art auf dem Probestück anzubringen [22]. Nach seinen Beobachtungen ist die Einkerbprobe mit gehärteten Stücken für Flußeisen von 40–45 kg/qmm Fertigkeit weniger gefährlich als diejenige mit ungehärteten Stücken, wahrscheinlich weil das dem Härten vorausgehende Glühen die Zähigkeit des Materials erhöht, ohne daß das Abschrecken diesen günstigen Einfluß wieder zu beseitigen vermag, indem eine eigentliche Härtung des Materials nicht eintritt. Krohn schließt aus seinen Versuchen, daß verbranntes Material bei der Einkerbprobe im kalten Zustande deutlich daran erkannt werden kann, daß die Versuchsstücke bei verhältnismäßig geringer Biegung spröde auseinander brechen und der Bruch grobkörniges, charakteristisch verbranntes Gefüge zeigt [23]. Nach Stöckl sind plötzliche Brüche bei zähem Material eine Folge ungleichmäßiger Zusammensetzung des Gefüges oder des Einflusses der Abkühlungsverhältnisse. Im letzteren Fall liefern die Proben nach dem Ausglühen bessere Ergebnisse. Er hält die Einkerbprobe zur Erkennung wirklich verläßlichen Flußeisens für allein maßgebend [24]. Heyn empfiehlt zur Ermittlung der Sprödigkeit Hin- und Herbiegeproben mit eingekerbten Proben, die bei 60 mm Länge und 4 × 6 mm Querschnitt in der Mitte der einen Breitseite mit einer V2 mm tiefen, eingehobelten Kerbe versehen sind. Sie werden bis zur Kerbe in einen Schraubstock eingespannt, dann durch Schläge mit dem Handhammer gegen das freie Ende von der Kerbseite her um 90° gebogen und nun zwischen den Backen des Schraubstocks wieder geradegerichtet. Als Maßstab für die Sprödigkeit dient die Anzahl der Hin- und Herbiegungen um 90°, die die Probe bis zum Bruch erleiden kann. Für zähes Flußeisen beträgt sie etwa 3,5 [12]. Bei der Biegeprobe mit gestanztem Loch hängt das Ergebnis davon ab, inwieweit die Eigenschaften des Materials durch die hohe Inanspruchnahme beim Stanzen in der Nähe der Ein- und Austrittsstelle verändert sind, indem die Festigkeit erhöht und die Dehnbarkeit vermindert wurde [24]. – Bei der Entnahme der Probestreifen aus Blechen, Flach- und Profileisen ist auf die Lage des Stückes zur Walzrichtung[788] zu achten; die Abschnitte sind nach »Längs«- und »Quer« proben zu unterscheiden. Den letzteren wird bei der Prüfung von Flußeisen ein besonderer Wert deswegen beigemessen, weil sie die schädlichen Wirkungen der Porenkränze (Anordnung der von Gaseinschlüssen herstammenden Blasenräume) durch einen in scharf ausgeprägten Absätzen verlaufenden Bruch am deutlichsten zur Erscheinung bringen [25], Auch toll die Einkerbprobe bei Eisensorten mit einer vorherrschenden Walzrichtung strenger sein, wenn die Kerbe parallel zur Walzrichtung verläuft als senkrecht zu ihr [26], Als Gütemaßstab für die Beurteilung des Materials nach der Biegeprobe dienen in der Regel der bis zum metallischen Anbruch auf der Außenseite erreichte Biegungswinkel und der Krümmungshalbmesser an der Biegestelle; und zwar wird der letztere meist Tür die konvexe Seite der Probe ermittelt. Beim Zusammenschlagen der Probe bis zum vollständigen Aufeinanderliegen der Schenkel treten auf der Innenseite der Biegestelle häufig seine Risse auf; diese sind nicht in Betracht zu ziehen. Krohn empfiehlt von diesem völligen Zusammenschlagen Abstand zu nehmen, weil die erwähnten Risse bei ungeschickter Behandlung des Probestückes zu dessen Zerstörung führen können [23]. Korobkoff bezeichnet die größte Dehnung der freigebogenen Probe auf der Außenseite der Biegestelle als maßgebend [1]. Tetmajer spricht dem Biegewinkel jede Bedeutung als Maß für die Biegbarkeit ab; er lasse beim Biegen um einen Dorn von bestimmtem Durchmesser nur erkennen, wieviel Elemente des Stabes an der Biegung teilgenommen haben, indem die Biegung von Querschnitt zu Querschnitt fortschreitet, ohne daß sie mit wachsendem Biegewinkel innerhalb des an den Dorn bereits anliegenden Stabteiles weiter zunimmt. Er beurteilt das Material nach der Größe des »Biegungskoeffizienten« Bg = 50 s: ρ, wenn s die Dicke der Probe und ρ den Krümmungshalbmesser, gemessen in der neutralen Faserschicht des gebogenen Streifens, bedeuten [25]. Unter der Annahme, daß das Material in der neutralen Faserschicht keine Längenänderung erleidet, drückt der Wert für Bg die prozentuale Dehnung des Materials auf der Außenseite der Probe an der Biegestelle aus. Vom Internationalen Verbände für die Materialprüfung der Technik ist das Tetmajersche Verfahren angenommen [2]. Die Vorschriften für die Größe des Krümmungshalbmessers beim Biegen um einen Dorn sind sehr verschieden (s. Lieferungsbedingungen). Der Halbmesser Toll bei der Kalt- und Härtebiegeprobe entweder für alle Stabdicken konstant gleich 12–13 mm oder gleich der ein- bis anderthalbfachen Dicke des Versuchsstückes sein. Für die Warmbiegeprobe schreibt die englische und holländische Marine vor, die Kanten des Probierstockes scharf zu machen; Schuchart schlägt vor, diese nach 2, 4 und 6 mm Halbmesser abzurunden und die Bleche je nach ihrer Dicke bis zu 10 und 20 mm oder mehr nach verschiedenen Halbmessern zu biegen [4]. Tetmajer empfiehlt bei Kaltbiegeproben mit unverletzten oder in der Stabmitte gebohrten Probestücken aus flußeisernen Blechen und Flacheisen als Höchstwerte für den Krümmungshalbmesser bei Längsproben 1/3 und bei Querproben 3/4 der Streifendicke; die geringsten Werte für den Biegungskoeffizienten Bg sollen dann gleich 60 bezw. 40 sein [25]. Gemessen wird die Krümmung an der Biegestelle am besten mittels Blechlehren, in die kreisförmige Ausschnitte eingearbeitet sind, deren Krümmungshalbmesser von 2 zu 2 mm fortschreiten und die 45° Winkelöffnung haben. Sie sind in Mitte der Breite an die Probe anzulegen.


Literatur: [1] Ueber die rationelle und einfache Bestimmung der Zähigkeit und Biegsamkeit der Metalle, Baumaterialienkunde Bd. 1, S. 287. – [2] Ebend., S. 282. – [3] Martens, Materialienkunde für den Maschinenbau, Berlin, S. 259. – [4] Schuchart, A., Die Grobbleche des Handels, Berlin 1884. – [5] Rudeloff, Hilfsmittel und Verfahren der Materialprüfung, Leipzig 1889. – [6] Amsler-Lasson, Ueber Biegungsversuche, Baumaterialienkunde Bd. 1, S. 7. – [7] Die Eigenschaften von Eisen und Stahl, Wiesbaden 1880. – [8] Mitteilungen des technologischen Gewerbemuseums, Wien 1885, Nr. 10. – [9] Lechner, Die Stahlwerke der Steel Company of Scotland und dort angestellte Materialprüfungen, Zeitschr. d. Ver. deutscher Ing. 1886, S. 433. – [10] Beschlüsse der Konferenzen über einheitliche Untersuchungsmethoden, München 1887. – [11] Heyn, Einiges über das Kleingefüge des Eisens, »Stahl und Eisen« 1899, S. 768. – [12] Heyn, Untersuchungen über Krankheitserscheinungen im Eisen und Kupfer, Zeitschr. d. Ver. deutscher Ing. 1902, S. 1115, und Dingl. Polyt. Journal 1902, Bd. 317, S. 741. – [13] Ledebur, Das Verbrennen des Eisens und Stahls, »Stahl und Eisen« 1883, S. 502. – [14] Ledebur, Ueber den Sauerstoffgehalt des schmiedbaren Eisens, »Stahl und Eisen« 1893, S. 293. – [15] Zeitschr. d. österr. Ing. – u. Arch. – Vereins 1900, S. 42. – [16] Ledebur, Die kritischen Punkte der Eisenlegierungen nach den Untersuchungen Osmonds, »Stahl und Eisen« 1891, S. 634. [17] »Stahl und Eisen« 1899, S. 709. – [18] Heyn, Eisen und Wasserstoff, »Stahl und Eisen« 1900, S. 837. – [19] Rudeloff, Vergleichende Untersuchungen von Kesselblechen aus Thomas-, Siemensmartin- und Schweißeisen, Mitteilungen aus d. techn. Versuchsanstalten zu Berlin, 1890, S. 289. – [20] Homogenity Test for Boiler Iron, Eng. and Min. Journ. 1891, Bd. 2, S. 423. – [21] Kerpely, Unterscheidungsmerkmale des Stahls, Berg- und Hüttenm.-Ztg. 1878, S. 405. – [22] Mehrtens, Ueber die beim Bau der neuen Eisenbahnbrücken in Dirschau und Marienburg mit der Verwendung von Flußeisen gemachten Versuche und Erfahrungen, »Stahl und Eisen« 1891, S. 705. – [23] Krohn, Verwendung des Flußeisens im Brückenbau, Zeitschr. d. Ver. deutscher Ing. 1891, S. 1118. – [24] Stöckl, Flußeisen für Brücken in Oesterreich, »Stahl und Eisen« 1890, S. 20. – [25] Tetmajer, Ein Beitrag zur Flußeisenfrage, Schweizer. Bauztg., Bd. 19, Nr. 19–23. – [26] Stöckl, Ueber Eisenbrücken in Oesterreich, »Stahl und Eisen« 1892, S. 20.

Rudeloff.

Fig. 1.
Fig. 1.
Fig. 2.
Fig. 2.
Fig. 3.
Fig. 3.
Fig. 4.
Fig. 4.
Fig. 5.
Fig. 5.
Fig. 6.
Fig. 6.
Quelle:
Lueger, Otto: Lexikon der gesamten Technik und ihrer Hilfswissenschaften, Bd. 1 Stuttgart, Leipzig 1904., S. 785-789.
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