Klima [3]

[333] Klima. Das Klima oder der vergleichende jährliche Weiterverlauf hat zwar physikalische (meteorologische) Unterlagen, seine Betrachtung bezweckt aber das Verständnis der physiologischen Wirkung auf Mensch, Tier, Pflanze und Bauwerk. Die Zusammenhänge der einzelnen meteorologischen Faktoren mit diesen physiologischen Wirkungen sind nur ungefähr festgestellt. Kenntnis der Physiologie des Menschen und der Pflanzen ist Voraussetzung für das Verständnis eines Klimas.

Die umfangreiche Klimatologie von J. Hann enthält neben physikalischen Grundlagen (meteorologische Beobachtungen, deren Mittelwerte, Schwankungen u.s.w.) auch weniger empfehlenswerte Klimaschilderungen von Reifenden, die oft ein flüchtiges, gelegentlich ein ganz falsches Bild geben. Die »Klimate der Erde« von Wocikow geben mehr die physikalische Erklärung[333] oder die Zusammenhänge; die Klimatologie Köppens in der Sammlung von Göschen faßt kurz und übersichtlich für den Laien alles Wesentliche zusammen. Das Klima drückt auch der Technik in jedem Lande seinen Stempel auf. In Gegenden, die von Taifunen heimgesucht werden, baut man die Häuser leicht, weil sie in jedem Fall von Taifunen zerstört werden, aber taifunsichere Keller darunter. Den maximalen Windstärken muß in. jedem Lande die Fertigkeit der Konstruktionen entsprechen. Der schönste Windmotor nutzt nichts in einem Lande, in dem der Wind für ihn nicht ausreicht. Die zerstörende Feuchtigkeit und das Ungeziefer der Tropen wird bekämpft, indem man das Haus auf kleine Pfeiler frei in die Luft stellt; die rasche Temperaturschwankung des skandinavischen Klimas durch Luftisolierung (Holzverschalung, DachpappeLuft [Balkengerüst] – Dachpappe, Holzverschalung). Die Wetterseite der Häuser wird in rauhem Klima ohne Fenster oder Türen gelassen, oft noch zum Schutz besonders verkleidet (Schiefer). In Ländern mit Schneeverwehungen liegt der Eingang des Hauses zweckmäßig auf der Seite, von der der Schneewehenwind kommt, da sich auf der Leeseite eine Schneewehe ansetzt. Im Rauhreifgebiet muß der elektrische Strom unterirdisch in Kabeln geleitet werden. Kanalisation und Stromregulierung muß die maximale Niederschlagsmenge und Niederschlagsdichte berücksichtigen. In Ländern mit starken Regengüssen (Tropen) baut man die Wege auf den Kämmen der Hügel und Berge, weil sie sonst vom ablaufenden Regen als Flußläufe benutzt und zerrissen werden. Die Eisenbahnen im Schneewehengebiet, z.B. in Schweden und Norwegen, müssen durch Holztunnels gegen Schneewehungen geschützt werden. Derselbe Pflug, der im gemäßigten Klima sich ausgezeichnet bewährt, vermag in den zum Felsen erstarrenden Boden eines sommertrockenen Klimas nicht einzudringen und zerbricht. Kurz, es gibt kaum ein Bauwerk der Technik, das nicht bei der Uebertragung in ein anderes Land dem Klima angepaßt Werden müßte.

Kurt Wegener.

Quelle:
Lueger, Otto: Lexikon der gesamten Technik und ihrer Hilfswissenschaften, Bd. 1 Stuttgart, Leipzig 1920., S. 333-334.
Lizenz:
Faksimiles:
333 | 334
Kategorien: