Glyzerinersatzmittel

[259] Glyzerinersatzmittel. Schon vor 1914 hat man als Ersatzmittel für Glyzerin wasseranziehende Salze in Verkehr gebracht, die für einzelne technische Zwecke recht gut brauchbar waren, aber erst der große Verbrauch des Glyzerins für Sprengstoffe und Munition hat eine ganze Reihe von Ersatzmitteln gezeitigt. Nach der Beschaffenheit und dem Verwendungszwecke kann man dieselben wie folgt einteilen: 1. Schleim- oder Leimlösungen, 2. Zuckerlösungen, 3. ölhaltige Ersatzmittel, 4. Salzlösungen und 5. Mischungen aus Bestandteilen der eben genannten Gruppen, ferner noch 6. synthetische Präparate. Glyzerinersatzmittel für kosmetische Zwecke bestehen der Hauptsache nach aus schleimigen Stoffen, Leim oder Gelatine, allenfalls mit Zuckerlösungen, wasseranziehenden Salzen und ähnlichem vermengt, auch milchsaure Salze bilden einen Bestandteil.

Während der jüngst vergangenen Jahre sind die nachgenannten Ersatzmittel bekannt geworden: Carpiem für technische Zwecke, Zusammensetzung nicht bekannt; Fermentolglyzerin, aus Zucker und Hefe durch Vergärung hergestellt, nur für Heereszwecke gebraucht. Glyzerinersatz ohne nähere Bezeichnung, eine Lösung von 40 bis 50% technischem Traubenzucker in wasserfreiem Chlormagnesium, nicht eintrocknend. Glyzerinersatz von Henkel, dickflüssig, stark klebend, süß, aus Rohr- und Invertzucker bestehend, als Zuckersyrup anzusehen; Glyzerinol für kosmetischen Gebrauch, ein Pflanzenschleim mittels Borsäure konserviert; Glyzerinora aus Chlorcalcium, milchsaurem Calcium und Pflanzenschleim bestehend; Glykol, auch als Togoglykol bezeichnet, nach patentiertem Verfahren hergestelltes Aethylenglykol, wasserhell, neutral dickflüssig, etwas süß, auch für pharmazeutische Zwecke; Lempelin, Abkochung von Karragheenmoos mit Borax und Formaldehyd, für kosmetischen Gebrauch; Mollohorus, eine hochprozentige flüssige Raffinade, Invert- und Rohrzucker enthaltend, nicht auskristallisierend, nicht trocken werdend, klebrig, neutrale bis schwach saure Reaktion für kosmetischen und technischen Gebrauch; Novaglyzerin nur technisch verwendbar, eine leicht verderbende Leimlösung; Perglyzerin, eine Lösung von milchsaurem Natron und Perkaglyzerin, ein Kaliumlaktat; beide sind wasserklar, farblos oder blaßgelb, schlüpfrig wie Glyzerin, nicht süß schmeckend; Proglyzerin, eine flüssige Lanolinemulsion; Protoglyzerin,[259] auf biologischem Weg hergestelltes Glyzerin, nur für Heereszwecke; synthetisches Glyzerin, überall dort brauchbar, wo die Aufnahmefähigkeit oder die Mischbarkeit mit Wasser und die Schlüpfrigkeit in Betracht kommt, sind höhere Alkohole der gleichen aliphatischen Reihe, als geeignete Ersatzstoffe anzusehen, so das Erythrit, Pentahydrit, Arabinose und Xylose. Erythrit, ein dem Glyzerin zunächst stehender Alkohol mit vier Hydroxylgruppen, statt drei des Glyzerins, der normale Tetrabutylalkohol kann sowohl aus Pflanzen, nämlich Algen und Flechten, in denen es in Form von ersterem als Algen- oder Flechtenfett fertig gebildet vorkommt, als auch auf synthetischem Wege gewonnen werden. Aus den Flechten gewinnt man Erythrit durch Behandeln mit ätzenden Alkalien und Filtrieren der Extraktlösung; synthetisch kann man es aus Leuchtgas herstellen; es ist wie Glyzerin nitrierbar. Pentahydrit wird durch Einwirkung von Formaldehyd und Acetaldehyd auf ein Gemisch von Aetzkalk und Wasser hergestellt. Arabinose durch Kochen von Kirschgummi mit Schwefelsäure, Xylose durch Behandlung von Sägespänen und Strohmehl mit Schwefelsäure.

Andés.

Quelle:
Lueger, Otto: Lexikon der gesamten Technik und ihrer Hilfswissenschaften, Bd. 1 Stuttgart, Leipzig 1920., S. 259-260.
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