Harnstoff

[779] Harnstoff (Karbamid), das Amid der Kohlensaure, besitzt die Konstitution


Harnstoff

eine Substanz von der größten physiologischen Bedeutung, da sie – im tierischen Organismus durch Zersetzung von Eiweißstoffen gebildet – sich im Harn namentlich der Säugetiere, in geringer Menge auch in dem der Vögel und Reptilien findet.[779]

Ein erwachsener Mensch produziert bei gemischter Kost täglich etwa 30 g Harnstoff. Dieser ist von den stickstoffhaltigen Umwandlungsprodukten der Eiweißstoffe das überwiegende Hauptprodukt, seine zuverlässige Bestimmung unter den Stoffwechselprodukten überhaupt daher von großer Wichtigkeit. Der Harnstoff bildet lange rhombische Prismen oder Nadeln, welche bei 132–133° schmelzen, einen kühlenden, an Salpeter erinnernden Geschmack besitzen und in Wasser und Alkohol sehr leicht, in Aether fast unlöslich sind. Er bildet mit Säuren, Basen und Salzen kristallinische Verbindungen. Dargestellt wird er entweder aus dem durch Eindampfen konzentrierten Harn in Form seines Nitrats durch Versetzen mit Salpetersäure oder künstlich durch Eindampfen einer wässerigen Lösung von Ammoniumcyanat. Diese von Wöhler aufgefundene Reaktion, welche nichts andres als eine intramolekulare Atomverschiebung ist:


Harnstoff

war die erste künstliche Synthese einer organischen Substanz aus den Elementen und daher eine Entdeckung von weittragender Bedeutung, insofern sie bewies, daß organische Verbindungen wie die anorganischen aus den Elementen künstlich aufgebaut werden können und hierzu nicht der Hilfe einer besonderen Kraft, der Lebenskraft, bedürfen. Literatur: Beilstein, Handbuch der organischen Chemie, Hamburg und Leipzig, 3. Aufl., 1893, Bd. 1, S. 1290.

Bujard.

Quelle:
Lueger, Otto: Lexikon der gesamten Technik und ihrer Hilfswissenschaften, Bd. 4 Stuttgart, Leipzig 1906., S. 779-780.
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