Lichtdruck

[159] Lichtdruck (Albertotypie, Artotypie, Glasdruck, Heliotypie, Kollographie, Leimdruck, Photographiedruck, Phototypie), 1855 von Alphons L. Poitevin in Paris erfundenes, 1865 von C.M. Tessié du Motay und Ch. R. Maréchal in Metz in die Praxis eingeführtes und mehrmals, namentlich aber von Joseph Albert in München (1868) wesentlich verbessertes photomechanisches Druckverfahren (vgl. Graphische Künste), bei dem von einer dünnen Leimschicht gedruckt wird.

Eine dicke, mit Schlämmkreide und Wasser, dann mit verdünntem Ammoniak sorgfältig gereinigte Spiegelglasplatte, die beim Anhauchen sich völlig gleichmäßig beschlägt, wird zunächst der Vorpräparation unterzogen, d.h. man bringt eine sehr dünne Schicht eines aus Wasserglas und Bier, Gelatine oder Eiweiß bestehenden Gemenges auf. Dies ist notwendig, um eine sichere Haftung der nun auf die Platte gelangenden Druckschicht aus Gelatinelösung (die mit Kaliumbichromat lichtempfindlich gemacht wurde und in bestimmten Mengen auf die mittels eines Nivelliergestells wagerecht postierte Platte gegossen wird) zu bewirken. Hierauf kommt die Glastafel in den Trockenofen, in dem sie unter Lichtabschluß bei etwa 50° C. getrocknet wird. Hierbei geht die Bildung des notwendigen und für Lichtdruckprodukte sehr charakteristischen Lichtdruckkorns (Runzelkorns) vor sich, indem bei der erhöhten Temperatur die Gelatineschicht zu unterst noch flüssig bleibt, wenn sie oben schon austrocknet, verhornt und dabei zerreißt, wodurch eine runzlige Struktur verursacht wird. Je nachdem die Gelatine weicher oder härter, die Schicht dicker oder dünner ist, wird das Korn gröber oder zarter. Nachdem die Platte unter einem Negativ kopiert worden ist, wäscht man sie in kaltem Wasser aus, wodurch das unveränderte Chromsalz entfernt wird, und läßt sie trocknen. Behandelt man nun die Leimschicht mit der aus Wasser, Glyzerin und etwas Ammoniak (eventuell mit Zusatz von Kochsalz, zum »Ausputzen der Lichter« von Aetzkalium) bestehenden Lichtdruckätze (als Feuchtflüssigkeit), läßt diese geraume Zeit einwirken, entfernt den Ueberschuß mit Schwamm und löschendem Papier und überrollt die Platte mit fette Druckfarbe führenden Walzen, so nehmen die Bildstellen an den verschiedenen Partien entsprechend ihrem Tonwerte mehr oder weniger Farbe an, nämlich der je nach dem Tonwert verschiedenen Gerbung entsprechend. Diese Erscheinung ist darauf zurückzuführen, daß durch die Feuchtung die unteren unbelichtet, daher ungegerbt gebliebenen Schichtteile quellen und infolgedessen eine stärkere oder schwächere Glättung des Runzelkorns eintritt, je nachdem ob die Härtung (infolge der Belichtung) sich nur in geringe Tiefe (an den hellen Bildstellen) oder in größere (an den dunkleren Stellen) sich erstreckt hat. – Die Negative für den Lichtdruck müssen gut durchgezeichnet sein. Zumeist zieht man die Haut vom Glase ab; mehrere Häute vereinigt man auf einer Glasplatte zu einer Form. – Beim Vielfarbenlichtdrucke, der außerordentlich sein modulierte polychrome Reproduktionen ergibt, stellt man eine Anzahl von verschieden dichten und verschieden durchgezeichneten Negativen her und löscht durch Retusche die zur betreffenden Farbenkomponente nicht gehörigen Anteile. Oder es werden nach einem Negativ entsprechend viele Diapositive angefertigt, diese retuschiert und nach ihnen erst die Negative gemacht (Höschotypie). Der Dreifarbenlichtdruck wird analog der Dreifarbenautotypie (s. Dreifarbendruck) abgewickelt. – Man kann unter Umständen Lichtdruck gleichzeitig mit dem Druck von Letternsatz vornehmen (typographischer Lichtdruck, ferner die Bissontypie) und verwendet dann Bleizinnplatten (Unger) oder Aluminium (Albert) als Schichtträger (s.a. Lichtdruckmaschinen). – Bei der Metall-Lichtdruckhochätzung wird eine Kupferplatte ganz so wie sonst die Glastafel behandelt, sodann mit ätzfester Harzfarbe angedruckt, an den Rändern und auf der Rückseite mit Asphalt bestrichen und in Eisenchloridlösungen geätzt. Wird ein Negativ benutzt, so erhält man ein Buchdruckklischee mit Korntönen (vgl. Kornätzung), dagegen eine Tiefdruckform, wenn ein Diapositiv zur Anwendung gelangte.

Der Lichtdruck ergibt falsche Halbtonbilder (vgl. Klischee) von großer Feinheit und reicher Abschattierung. Er gestattet ferner eine bedeutende Reduktion des Originals. Seine Anwendung empfiehlt sich namentlich bei der Reproduktion von sehr detailreichen Objekten, bei der Faksimilewiedergabe von Handzeichnungen und bei kleinen Auflagen von Bilderdrucken überhaupt, in welchem Falle die größere Kostspieligkeit der von mancherlei Faktoren beeinflußten Methode – gegenüber einem Hochdruckverfahren (z.B. der Autotypie, s.d.) nämlich – dadurch wettgemacht wird, daß man die Herstellung der feuern Klischees erspart; ferner ist beim Lichtdrucke die Beschaffenheit der Papieroberfläche von nebensächlicherer Bedeutung. Da durch eine entsprechende Ausstattung den Lichtdrucken eine große Aehnlichkeit mit photographischen Silberbildern erteilt werden kann, benutzt man den Lichtdruck sehr gerne zur Erzeugung von Ansichtskarten, Städtebildern u.s.w.


Literatur: Husnik, J., Das Gesamtgebiet des Lichtdrucks, 4. Aufl., Wien 1898; Albert, A., Die verschiedenen Methoden des Lichtdrucks, Halle a. S. 1900; Ders., Der Lichtdruck an der Hand- und Schnellpresse, 2. Aufl., Halle a. S. 1906.

A.W. Unger.

Quelle:
Lueger, Otto: Lexikon der gesamten Technik und ihrer Hilfswissenschaften, Bd. 6 Stuttgart, Leipzig 1908., S. 159.
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