[176] Lithoklasen, Klüfte, die natürlichen, von mehr oder minder ebenen und annähernd parallelen Flächen begrenzten, im Gestein vorhandenen schmalen Hohlräume. Sie entstehen teils durch Zusammenziehung (Kontraktion) beim Erkalten eines feurig-flüssigen Magmas, teils auch beim Austrocknen eines feuchten Gesteins oder durch Zertrümmerung in spröden, festen Gesteinen.
Bei den durch Zusammenziehung entstandenen Klüften in Eruptivgesteinen sind die Hohlräume durchschnittlich eng und dünn geblieben. Ihr Verlauf ist bei Lavaströmen meist senkrecht zur Oberfläche (Säulenabsonderung des Basaltes) oder bei Gängen senkrecht zu den Wänden des Ganges. Ganz dünne haarförmige Klüfte (Leptoklase) können durch innern Druck im Gestein bei molekularen Veränderungen oder durch Ausdehnung und Zusammenziehung eintreten. Bei den Eruptivgesteinen sind die Lithoklasen zumeist die Hauptwege für die unterirdische Wasserbewegung und Hauptwasserbehälter. Die durch stärkere mechanische Einflüsse sich bildenden Klüftungen in den Gesteinen, besonders in den Schichtgesteinen, sind meist ziemlich weit und von größerer Erstreckung. Da die verschiedenen Gesteine sich gegen Druck und Zug verschieden verhalten, nimmt auch die Klüftung in jedem Gestein besondere Formen und Verlauf an, zumeist setzt sie trotz der gleichen Ursache nicht von einem Gestein in dessen Hangendes und Liegendes hinein, wenn letzteres anders beschaffen ist. Die Klüftung der Kalksteine ist eine andre als diejenige der Sandsteine oder Schiefer. Je dichter und feinkörniger im allgemeinen ein Gestein ist, desto stärker die Klüftung. Schiefer zeigen sehr starke, Kalksteine weniger, aber Sandsteine in dicken Lagen am wenigsten Klüfte. Die Klüfte gehen meist nur von einer Schichtfläche zur nächsthöhern oder -tiefern, gelten demnach nur für eine Schicht. Die Ursache der mechanischen Veränderungen, welche die Lithoklasen erzeugen, sind die Gebirgsstörungen, bei welchen sich in Form von Pressung, Quetschung, Faltung, Schieferung der Schichten starker seitlicher oder vertikaler Druck bemerkbar macht. Bei festen, elastischen Gesteinen haben die Klüfte einen bestimmten Verlauf zur Richtung der drückenden Kraft, z.B. bei Sandsteinen vielfach parallel und senkrecht zum Seitendruck. Vornehmlich in der unmittelbaren Nähe starker Brüche und Verschiebungen von Schichten häufen sich die Lithoklasen sehr an und zerlegen die Gesteine in viele kleine Trümmer. Ist auf der Lithoklase eine Verschiebung (Verwerfung) erfolgt, dann heißt sie Paraklase, wenn nicht Diaklase. Die weiten Diaklasen und Paraklasen sind in der Regel mit Zertrümmerungsmaterial des Nebengesteins ausgefüllt und durch eingeschwemmtes toniges Material ganz geschlossen, so besonders in Tonschiefer, Schiefertonen, tonigem Sandstein. In Kalksteinen und tonfreien Sandsteinen sind Lithoklasen zumeist offen geblieben und hier in hervorragendem Maße zur Bewegung der unterirdischen Wasserläufe geeignet. Die Lithoklasen der Kalksteine sind häufig durch Lösung des Kalkes zu Höhlen erweitert worden. Die weiten Klüfte der Sandsteine und andrer fester Gesteine geben an der Oberfläche Anlaß zur Bildung von Wasserrissen und sind somit für die Entstehung der Täler von großer Bedeutung. Da durch die auf den Klüften zirkulierenden Gewässer eine starke Zersetzung des Nebengesteins bewirkt wird, so ist dieses hier selten frisch und fest, meist aufgelöst und gelockert und zum Weitertransport geeignet (Talbildung nach Lithoklasen). Sind in die offenen Klüften fremde Mineralsubstanzen eingeführt oder feurig-flüssige Magmen eingepreßt worden, so entstanden dadurch Mineral-, Erz-, Eruptivgänge. Die Bedeutung der Lithoklasen für die unterirdische Wasserbewegung und die Quellbildung ist sehr groß. Die Feststellung des Verlaufes ist jedoch bei ihrer Bedeckung durch andre Schichten unmöglich. Beim Steinbruchbetrieb ist der Verlauf und die Häufigkeit der Diaklasen für die Art der Gewinnung, Form und Größe der Blöcke von besonderer Wichtigkeit.
Literatur: Daubrée, Géologie expérimentale, Paris 1880; Reyer, E., Theoretische Geologie, Stuttgart 1888.
Leppla.