Lunker [1]

[266] Lunker (Lunger, Saugtrichter), Hohlraum in Gußstücken, der infolge der Eigenschaft des Schwindens der Metalle beim Erstarren und Abkühlen, ferner aber auch durch Ausscheidung von Gasen, die im Gußstück eingeschlossen werden, entsteht.

Er findet sich an der Stelle, an welcher das Metall am längsten flüssig war. Die infolge der Schwindung entstandenen Hohlräume zeigen mit Kristallen oder kristallinischen Bildungen besetzte Wände, während die durch Gasausscheidung hervorgerufenen mehr oder weniger glatt sind. Da der Lunker ein Gußstück unbrauchbar machen kann, so sucht man ihn möglichst zu Vermeiden oder ihn an einer für das Gußstück unschädlichen Stelle, gewöhnlich im Einguß, den man zu einem sogenannten verlorenen Kopf (s. Eisengießerei, Bd. 3, S. 363) erweitert, sich bilden zu lassen und den den Lunker enthaltenden Teil von dem Gußstück abzutrennen. Bei Flußeisen (Flußstahl-) blöcken wird bisweilen (abhängig vom Zweck, für den die Blöcke benimmt sind) der den Lunker enthaltende Teil abgeschnitten, wodurch natürlich viel Abfall entsteht; zweckmäßiger ist deshalb das Verfahren, die Lunkerbildung durch Beheizen des Blockkopfes oder durch Pressen des Blocks während des Erstarrens zu verhindern.

Das Beheizen des Blockkopfs nach Patent Riemer [2] geschieht mit Hilfe eines mit glühendem Koks gefüllten Ofens (Fig. 1, Heizanlage für Blöcke von 10–60 t), in dem durch gepreßte Luft Kohlenoxydgas erzeugt wird, das oberhalb des Blocks zu Kohlensäure verbrannt wird. Der Ofen befindet sich vor dem Gießen des Blocks über der Kokille, um durch leichtes Anstellen des Gebläsewindes den Koks auf Rotglut anzublasen, wobei die bei a abziehende Flamme zum Vorbeizen der Kokille und des feuerfesten Aufsatzes oder der feuerfesten Ausmauerung verwertet wird. Kurz vor Beginn des Gusses wird der Ofen von der Kokille entfernt und der Wind mit vollem Druck angelassen,[266] so daß während des 15–25 Minuten dauernden Gießens des Blocks die Koksfüllung rotglühend wird. Unmittelbar nach dem Gießen wird der Ofen auf die Kokille zurückgefahren. – Von den Verfahren zum Pressen des Blocks während des Erstarrens ist das Verfahren von Härmet (D.R P.) [3] erwähnenswert. Die mit flüssigem Stahl a (Fig. 2) gefüllte, im unteren Teil gerade, oben kegelige, gußeiserne und mit gewalzten Stahlringen armierte Kokille b wird mit Hilfe eines Wagens c in die Presse gefahren. Man drückt den Boden der Kokille b langsam in die Höhe mit Hilfe der hydraulischen Preßvorrichtung d und treibt so die erstarrende Masse in den Kegel hinein. Gleichzeitig wird die Kokille außen mit Wasser berieselt. Nach etwa 20 Minuten wird mit dem oberen Druckkopf e mit Niederdruck auf den Block gedrückt. Der obere Kolben geht mit dem nach oben gepreßten Block langsam zurück. Um eine unbedingt sichere, den ganzen Block durchdringende Verdichtung zu erzielen, müssen der dem jeweiligen Erstarrungsgrad entsprechende Druck und die Zeit des Drucks, die auf empirischem Weg ermittelt werden, scharf beobachtet werden. Der Druck auf die Bodenfläche beträgt rund 350 kg/qcm und die Preßdauer bei wassergekühlter Kokille 1/4 Stunde für 1 t Blockgewicht. Fig. 3 stellt eine vierfache hydraulische Harmetsche Pressenanlage für je 1250 t Druck (Breuer, Schumacher & Co., Kalk bei Cöln) dar.

Zum Verhüten der Lunkerbildung benutzt man auch Thermit (Lunkerthermit, s. Aluminothermie und [4]), das in einer an einen Eisenstab gebundenen Büchse in das Innere des Blocks eingeführt wird. Die sofort eintretende chemische Reaktion verflüssigt infolge der hohen Wärmeentwicklung den zum Teil schon erstarrten Stahl, der die bereits vorhandenen Lunkerstellen ausfüllt. Der sich bildende Trichter wird mit bereitgehaltenem flüssigen Stahl nachgefüllt. Als Verbrauch an Thermit wird 10 kg für einen 20 t-Block angegeben.

Eine Zusammenstellung der zur Vermeidung der Lunkerbildung in Stahlblöcken vorgeschlagenen Verfahren gibt [5].


Literatur: [1] Ledebur, A., Handbuch der Eisenhüttenkunde, 4. Aufl., Leipzig 1903, Bd. 3, S. 914 ff. – [2] »Stahl und Eisen« 1903, S. 1196–1203; Zeitschr. d. Ver. deutsch. Ing. 1903, S. 1675; 1905, S. 1342 und 1764. – [3] »Stahl und Eisen« 1901, S. 857; 1902, S. 1238; 1906, S. 42, 345 und 628; Zeitschr. d. Ver. deutsch. Ing. 1906, S. 1279. – [4] Zeitschr. d. Ver. deutsch. Ing. 1905, S. 1764; »Stahl und Eisen« 1907, S. 1117 ff. – [5] Zeitschr. d. Ver. deutsch. Ing. 1905, S. 1398.

A. Widmaier.

Fig. 1., Fig. 2., Fig. 3.
Fig. 1., Fig. 2., Fig. 3.
Quelle:
Lueger, Otto: Lexikon der gesamten Technik und ihrer Hilfswissenschaften, Bd. 6 Stuttgart, Leipzig 1908., S. 266-267.
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