[287] Maltonweine (Malzweine), alkoholhaltige, den Südweinen ähnliche Getränke, die aus Malz unter Anwendung des Hefereinzuchtverfahrens hergestellt werden.
Der Erfinder des Verfahrens ist F. Sauer. Die erhaltenen Produkte lassen sich hinsichtlich des Geschmackes kaum von den natürlichen Südweinen unterscheiden. Das Ausgangsmaterial bildet die Gerste, deren Stärkemehl durch die Diastase in Zucker übergeführt wird. Zu diesem Zwecke wird die Gerste zum Keimen gebracht, d.h. dem sogenannten Malzprozeß unterworfen. Hierbei bildet sich aus der Stärke unter der Einwirkung der Diastase Malzzucker oder Maltose. Gleichzeitig wird unter Einwirkung eines andern Enzyms, der Peptase, das unlösliche Eiweiß in lösliche Stickstoffverbindungen (Albumosen, Peptone u.s.w.) übergeführt. Der Reinigungsprozeß wird bald unterbrochen und die geleimte Gerste (das Grünmalz) auf der Darre getrocknet zu Darrmalz. Hierbei entsteht das bekannte angenehme Malzaroma. Das Malz wird nunmehr geschrotet und mit Wasser angesetzt (eingemaischt). Hierbei wird eine Temperatur von 5075° eingehalten und dafür gesorgt, daß unter der Einwirkung der Diastase sich möglichst viel Maltose und möglichst wenig Maltodextrin ganz im Gegensatz zu dem Verfahren in der Bierbrauerei bildet. Durch die Jodprobe wird festgestellt, ob die Verzuckerung beendigt ist, was der Fall ist, wenn mit Jod keine Blaufärbung mehr eintritt. Dann erfolgt durch Abläutern die Trennung der zuckersüßen, aromatischen Malzwürze von den Trebern. Diese Stammwürzen für die Maltonweine können bis zu 29% Extrakt zeigen, im Gegensatz zur Bierbrauerei, woselbst bei guten Lagerbieren die Würze selten über 16% Extrakt zeigt. Nunmehr wird die Malzwürze mit Reinkulturen von Milchsäurebakterien geimpft und 1824 Stunden auf einer Temperatur von 50° gehalten. Die Milchsäure schmeckt bekanntlich[287] in reinem Zustande durchaus rein sauer und den im Naturwein enthaltenen Fruchtsäuren zum Verwechseln ähnlich. Hierdurch wird den Maltonweinen ein vollständiger Ersatz für die in den Traubenweinen enthaltenen Fruchtsäuren geboten. Außerdem wird der Malzwürze durch die Milchsäuregärung ein für die Erzielung einer gut funktionierenden späteren Hefetätigkeit notwendiger Gärschutz verstehen. Die Maltonwürze oder der Maltonmost schmeckt in diesem Zustand bereits sehr angenehm süß-säuerlich. Ist bei der Milchsäuregärung ein Gesamtsäuregehalt von 0,60,8% erreicht, so wird das Wachstum der Keime durch Sterilisation bei ca. 75° unterbrochen und darauffolgend bei einer unter 25° liegenden Temperatur die alkoholische Gärung (Hochgärung) durch Zusatz besonders gezüchteter Südweinedelhefen ausgewählter Weinlagen eingeleitet. Schon Pasteur und sein Schüler Jacquemin hatten beobachtet, daß sich aus Bierwürze unter Verwendung von Weinhefen weinartig duftende Gärungsprodukte erzeugen lassen. Sauer hat diesen Befund in zielbewußter Arbeit verfolgt und gelangte so zu dem ihm patentierten, eben beschriebenen Verfahren zur Darstellung der Maltonweine. In großen Gärbottichen vollzieht sich die von den Reinzuchthefen eingeleitete Spaltung des Zuckers in Alkohol und Kohlensäure. Anfangs geht diese Gärung still vor sich, später wird sie mehrere Tage lang stürmisch, worauf noch eine fülle Nachgärung erfolgt. Nach einigen Wochen enthält das vergorene Produkt bis zu 19 Volumprozent Alkohol, die zu erzielen bis dahin in der Gärungstechnik für unmöglich gehalten wurde und was nur unter Verwendung von aus Südweinen gezogenen Heferassen möglich war. Während der Gärung wird ab und zu noch Maltose in Form von Malzextrakt zugegeben, analog wie bei der Bereitung des Tokayerausbruchs, wo dem gärenden Traubenmoste zur Erhöhung des Alkohol- und Extraktgehaltes Rosinen bester Trauben (Ausbrüche) zugesetzt werden. Je nach Abstammung der Reinzuchthefen gelang es Sauer, Maltonsherry, -tokayer, -portwein, -malaga u.s.w. zu erzeugen, deren Geschmack und Aroma demjenigen der entsprechenden Traubenweine sehr nahe kommt. Nach Vollendung der saueren und alkoholischen Gärung wird der Maltonjungwein filtriert und der Warmlagerung mit Luftberührung ausgesetzt. Hierbei wird er auf hohe Fässer von ca. 7000 l Fassungsraum übergeleitet, dieselben werden aber nur zur Hälfte gefüllt, und darüber lagert keimfrei filtrierte Luft. Hierbei wird der für Weine so wichtige Alterungsprozeß beschleunigt und dem Jungwein der noch deutlich an seine Abstammung von Malz erinnernde Geschmack genommen. Nach 69 Wochen ist dann der Maltonjungwein ausgereift. Die Maltonweine werden im Hinblick auf ihren Nährwert und ihre einwandfreie Bereitung als Stärkungsmittel in Krankheitsfällen und bei Schwächezuständen den natürlichen Südweinen von den Aerzten sehr häufig vorgezogen. Ein Flasche Maltonwein kostet ca. 1,25 M.
Literatur: Schiller-Tietz, Die Maltonweine, neue Wege d. Gärkunde, Hamburg 1898.
Mezger.