Oelextraktion

[491] Oelextraktion. – Weder die früher benutzten Apparate noch auch die Lösungsmittel haben sich, letztere vermöge der leichten Brennbarkeit und Explosibilität der Dämpfe, so bewährt, daß das Verfahren allgemein geworden wäre. Alle Vorrichtungen müssen darauf aufgebaut sein, daß das verwendete Lösungsmittel für das Fett oder Oel aus den Materialien gelöst und in ununterbrochenem Kreislauf dann abdestilliert und immer wieder in flüssigem Zustande in den Betrieb zurückgeführt wird; das Extraktionsmittel aber darf nur Fett lösen, harz- und andersartige Stoffe aber ungelöst lassen und dem Extraktionsgut keinerlei Geruch, Geschmack oder irgendeinen Anteil verleihen. Erst in die letzteren Jahre fällt nebst der Konstruktion brauchbarer Vorrichtungen und unbrennbarer Lösungsmittel die Möglichkeit einer ausgedehnten Anwendung des Extraktionsverfahrens. Aus fetthaltigen Abfällen ebensowohl wie aus Samen und Früchten, überhaupt jedwedem fetthaltigen Material lassen sich die wertvollen Stoffe isolieren und Industrie und Landwirtschaft verdanken der Extraktion die Erschließung neuer beträchtlicher Werte. Es lassen sich extrahieren: Knochen, Kadavermehl, Fischabfälle, Griefen, Leimrückstände, Lederabfälle, ölige Abfälle aus den Spinnindustrien, ölige Putzwolle und Putzhadern, Walk- und Wollfettkuchen, Raffinationsrückstände aus der Oel-, Fett-, Wachs- und Mineralölindustrie und noch manches andere. Wie gesagt, ist der Apparat und das Extraktionsmittel von größter Wichtigkeit für die Rentabilität der Extraktion. Ing.-Chemiker Merz-Brünn sagt über das Verfahren: Der Apparat soll so konstruiert sein, daß die Extraktion bei der höchstmöglichen bezw. höchstzulässigen Temperatur dabei ohne Druck stattfinden kann, Wärmeverluste nach Tunlichkeit vermieden werden; je einfacher die Konstruktion, je weniger Teile, um so leichter ist den Forderungen zu entsprechen. Komplizierte Apparate mit vielen Teilen, Verbindungsröhren und dergleichen sind nicht gut brauchbar. Auch mit Rücksicht darauf, daß derartige Vorrichtungen größere Verluste an Lösungsmitteln unvermeidlich erscheinen lassen. Die Erzeugung zu großer Kondenswassermengen,[491] die Verlust an Lösungsmittel bedingen, ist zu vermeiden, Rührwerke sind von geringem Wert, da sie dichte Abschlüsse nicht gestatten. Manche zu extrahierende Materialien erfordern die Extraktion mittels flüssiger, andere mittels dampfförmiger Lösungsmittel und im ersteren Falle hat man das spezifische Gewicht desselben zu berücksichtigen, wie auch der erhaltenen Lösung, um zu beurteilen, ob die Extraktion von oben nach unten oder in umgekehrter Richtung zu leiten ist. Von Bedeutung ist auch, daß bei Batterien jeder Apparat für sich und unabhängig von anderen arbeite, nicht gemeinsame Kühler vorhanden sind und manches andere noch. Der Praxis entspricht am bellen ein Apparat, der aus möglichst wenig Teilen besteht, die Extraktion bei höherer Temperatur gestattet, leicht zu bedienen und zu kontrollieren ist, womöglich automatisch arbeitet, keine sich bewegenden Teile besitzt, sich auf alle oder viele ölhaltige Materialien anwenden läßt und auch die Verwendung der verschiedensten Lösungsmittel gestattet, sowohl in flüssiger als auch in dampfförmiger Gestalt, dabei in seiner Arbeit von anderen Apparaten völlig unabhängig ist.

Andés.

Quelle:
Lueger, Otto: Lexikon der gesamten Technik und ihrer Hilfswissenschaften, Bd. 1 Stuttgart, Leipzig 1920., S. 491-492.
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