Schneiden [3]

[567] Schneiden, autogenes, von Eisen, das z.B. im Schiffsbau zum Zuschneiden starker Bleche, Panzerplatten, zum Ausschneiden von Oeffnungen in solchen, von Mannlöchern in Kesselblechen, beim Zerlegen abzubauender Eisenkonstruktionen u.s.w. wachsende Verwendung findet, beruht auf der Verbrennung des auf eine bestimmte Temperatur erhitzten Eisens im Sauerstoffstrom. Wie bei jeder Verbrennung wird hierbei Wärme frei, die zur Erhitzung weiterer Eisenteile dient. Welche Umstände für das Gelingen des autogenen Durchschneidens von Eisen maßgebend sind, erstellt am bellen aus den folgenden Ausführungen der Patentschrift des D.R.P. Nr. 137588.

»Obgleich die Temperatur der bekannten Knallgasflamme weit höher ist als der Schmelzpunkt der meisten schwerschmelzbaren Metalle, kann man doch mit ihr an schwer schmelzbaren Massen, zumal bei guten Wärmeleitern, z.B. an Eisenblöcken, die wesentlich größer sind als der Flammenkörper, in absehbarer Zeit keine Durchschmelzung zustande bringen. Dies liegt daran, daß erstens die Wärmeleitung die zugeführte Wärme zu sehr abschwächt, und daß zweitens, angenommen, es träte dennoch eine Schmelzung ein und das Loch singe an, tiefer zu werden, das geschmolzene Eisen, wenn es aus dem Bereich der heißen Flamme gekommen ist, wieder erstarrt und den Eingang des Loches zusetzt, teils aber in dem Loche vor der Flamme hin und her tanzt und so der Flamme neue Angriffspunkte zum Schmelzen verdeckt. Es ist also nötig, erstens die Wärmeableitung zu überwinden, um überhaupt eine Schmelzung einleiten zu können, und zweitens das geschmolzene Material aus dem Loche herauszubefördern. Beides wird in nachstehend beschriebenem Verfahren erreicht. Durch das äußere Rohr eines nach Art eines Daniellschen Hahnes konstruierten Brenners von etwa 20 mm Lochweite wird ein brennbares Gas geleitet und entzündet. Alsdann wird durch das innere Rohr Sauerstoff geblasen und der durchzuschmelzende Eisenblock an dieser Stelle auf die Temperatur erhitzt, bei welcher das Eisen anfängt, im Sauerstoffstrome zu verbrennen. Alsdann wird durch die Flamme hindurch Sauerstoff gegen die erhitzte Stelle mit wachsender, sehr hoher Pressung geblasen. Hierdurch wird die Flamme zwar kälter, aber das nun verbrennende Eisen und gegebenenfalls seine verbrennenden Bestandteile – Phosphor, Silicium, Kohlenstoff u.s.w. – entwickeln durch ihre hohe Verbrennungswärme eine so enorme Hitze, daß die der Verbrennungsstelle benachbarten Eisenteilchen flüssig werden. Wenn man nun diese durch sehr starken Druck schneller hinwegpreßt, als wie sie die Wärmeableitung im Eisen wieder zum Erstarren bringen kann, so ist die Gefahr der Wärmeableitung tatsächlich überwunden, und die Schmelzung schreitet fort, gleichgültig, wie groß die zu durchschmelzende Masse ist.«

Die für das autogene Schneiden verwendeten Schneidbrenner sind entweder so gebaut, daß der Sauerstoff einer mittleren Düse entströmt, während das Brenngas durch eine die erstere umgebende Ringdüse zugeführt wird, oder es sind zwei getrennte Düsen für beide Gase dicht hintereinander angeordnet. – Die Güte des autogenen Schneidverfahrens hängt von der Reinheit des verwendeten Sauerstoffes und von der möglichst geschlossenen Form und guten Führung des auf die Schnittstelle geblasenen Sauerstoffstrahles ab. Zur Erzielung eines scharfen Schnittes ist eine mechanische Führung des Schneidbrenners erforderlich, die in der Regel in einem zu beiden Seiten der Düse angeordneten Rollenpaar besteht. Zur Ausführung von kreisförmigen Schnitten bedient man sich einer Kreisführung, mittels der der Brenner im Kreis um eine feststehende Achse geführt wird. Unregelmäßige Figuren werden mit Hilfe einer Schablone geschnitten, an der der Brenner entlang geführt wird. Auch kann mit Hilfe eines Pantographen (Storchschnabel) die Bewegung eines eine beliebige vorgezeichnete Figur in kleinerem Maßstab umfahrenden Schreibstiftes auf den Schneidbrenner übertragen werden. – Mit steigender Blechstärke muß die Strömungsgeschwindigkeit des Sauerstoffstrahles erhöht werden, damit er die geschmolzenen und verbrannten Metallteile aus der Schnittfuge zu schleudern und neue Stellen


Schneiden [3]

[567] für den Verbrennungsprozeß freizumachen vermag. – Das für autogenes Schneiden am bellen geeignete Gas ist Acetylen, das die heißeste Flamme ergibt; jedoch läßt sich mit einer zu starken Heizflamme kein sauberer Schnitt erzielen. Nach Kautny erreicht der Gasverbrauch und die Arbeitszeit für verschiedene Blechstärken die Werte der vorstehenden Tabelle.

Nach Wiß (Zeitschr. d. Ver. deutsch. Ing. 1917, Heft 46) hängt die Schneidbarkeit eines Metalles im wesentlichen von folgenden Umständen ab: 1. Die Entzündungstemperatur des Metalles muß unterhalb seiner Schmelztemperatur liegen; 2. das Metall muß in Sauerstoff verbrennen und das Oxyd muß leichtflüssig sein; 3. der Schmelzpunkt des Oxydes darf nicht oberhalb des Schmelzpunktes des Metalles liegen.

Während das autogene Schneiden des schweißbaren Eisens sieh dank der außerordentlichen Schärfe des Schnittes (1 mm Schnittstärke mit fast ganz glatten Rändern ist bei sachgemäßer Ausübung des Verfahrens möglich) zu einem wertvollen Arbeitsverfahren im Eisenkonstruktionsbau entwickelt hat, ist die Anwendung des Verfahrens auf Gußeisen, namentlich zum Abschneiden verlorener Köpfe, Eingußtrichter u.s.w., erst neuerdings in vollem Maß möglich geworden. Bislang stand die Schwierigkeit entgegen, daß das unter der Einwirkung, der Brennerflamme gebildete Eisenoxyd erst bei 1350°, also bei höherer Temperatur als Gußeisen selbst schmilzt. Ausgehend von der Erfahrung, daß das Aufbrennen eingeschmolzener Abstichöffnungen an Hochöfen bei Gegenwart von reinem Eisen erheblich rascher vor sich geht, da die bei der Verbrennung des Eisens im reinen Sauerstoff entstehende Wärmemenge mitwirkt, ist es neuerdings gelungen, bei Verwendung von reinem Eisen statt Wasserstoff als Brennstoff mit einem Sauerstoffstrahl von 5 bis 7 Atm. Gußeisenplatten von 10 cm Stärke zu schneiden. Als Brennrohr dient hierbei ein Eisenrohr von etwa 10 mm äußerem und 5 mm innerem Durchmesser, als Seele benutzt man drei Eisendrähte von rund 2,5 mm Stärke. Der zu schneidende Gußeisenteil wird zunächst mit einem gewöhnlichen Schweißbrenner auf Kirschrotglut erhitzt, sodann das erwähnte Schneidrohr aufgesetzt, letzteres wird mit fortschreitendem Schnitt seinem Abbrand entsprechend vorgeschaltet. Zweckmäßig ist die Vorwärmung des Sauerstoffes. Durch die Verbrennung des Eisens und seine Mischung mit verschmolzenem Gußeisen entsteht eine kohlenstoffarme Legierung, deren Schmelzpunkt höher als der des Eisenoxydes liegt, so daß das Gemisch im Sauerstoffstrom verbrennen kann.

Treiber.

Quelle:
Lueger, Otto: Lexikon der gesamten Technik und ihrer Hilfswissenschaften, Bd. 1 Stuttgart, Leipzig 1920., S. 567-568.
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