Schraubenbewegung

[797] Schraubenbewegung oder Windungsbewegung ist die aus einer Drehung um eine Achse und einer Verschiebung längs dieser Achse zusammengesetzte Bewegung, durch welche ein unveränderliches Punktsystem (starrer Körper) aus einer Lage in eine beliebige zweite Lage stets übergeführt werden kann. Der Drehwinkel und die Verschiebungsstrecke heißen auch Amplitude und Translationsgröße (Höhe) der Schraubenbewegung. Die Reihenfolge von Drehung und Verschiebung ist vertauschbar.

Alle Punkte des Systems beschreiben infolge der Schraubenbewegung Schraubenlinien um dieselbe Achse. Die Neigung derselben gegen die Achse wächst mit der Entfernung der Punkte von dieser, für die Punkte der Achse ist die Neigung Null, für die unendlich fernen Punkte ist sie 90°. Die Translationsstrecke der Schraubenbewegung ist die Projektion der Abstände homologer Punkte von Σ1 und Σ2 (Anfangs- und Endlage des Punktsystemes Σ) auf die Schraubenachse. Der Uebergang des Systems Σ von Σ1 nach Σ2 ist erfolgt, sobald drei Punkte A, B, C von ihren Lagen A1, B1, C1 in Σ1 in die homologen Lagen A2, B2, C2 von Σ2 übergegangen sind. Trägt man daher von irgend einem Punkte O drei Strecken geometrisch gleich A1 A2, B1 B2, C1 C2 ab, verbindet ihre Endpunkte, die A2, B2, C2 entsprechen, durch eine Ebene, so ist die Senkrechte von O auf diese Ebene die Richtung der Schraubenachse, weil die Projektionen der drei Strecken auf sie von derselben Größe sind. Projiziert man hierauf die Systeme Σ1, Σ2 auf eine zu der Richtung des Perpendikels senkrechte Ebene, so erhält man zwei kongruente ebene Systeme, die durch Drehung um einen Punkt ineinander übergeführt werden können. Durch diesen Punkt muß die Schraubenachse hindurchgehen. – Die Folge der gleichzeitigen Verbindung zweier Schraubenbewegungen um zwei Achsen a und b von den Amplituden α, β und den Translationen u, v ist äquivalent einer Schraubenbewegung um eine gewisse Achse c von einer Amplitude γ und einer Translation w, deren Konstruktion in Aequivalenz der Bewegungen (Zusammensetzung zweier Schraubungen) Bd. 1, S. 84 gegeben ist.

Die Elementarbewegung eines unveränderlichen Systems ist eine unendlich kleine Schrauben- oder Windungsbewegung. Vgl. a. Momentanachse.


Literatur: Die Auffindung des Satzes, daß jedes unveränderliche System durch eine Schraubung aus einer ersten in eine zweite Lage übergeführt werden kann, verdankt man Giulio Mozzi (1768). Seine Schrift sowie die wichtigsten Schriften über Schraubenbewegung sind im Art. Momentanachse angeführt. Vgl. a. Zentralachse.

(Schell) Finsterwalder.

Quelle:
Lueger, Otto: Lexikon der gesamten Technik und ihrer Hilfswissenschaften, Bd. 7 Stuttgart, Leipzig 1909., S. 797.
Lizenz:
Faksimiles:
Kategorien:
Ähnliche Einträge in anderen Lexika