Spitzertypie

[220] Spitzertypie, von Emanuel Spitzer in München erfundenes Verfahren zur photomechanischen Gewinnung von Bilderdruckformen für Hoch- und Tiefdruck nach Halbtonoriginalen (vgl. Pressendruckverfahren).

Eine polierte Kupferplatte wird mit einer lichtempfindlichen Chromatleimschicht (in verschiedener Weise aus Fischleim, Kölnerleim, Gelatine, Eiweiß, Gummiarabicum, Ammoniumbichromat und Wasser zusammengesetzt) versehen und auf einem Schleuderapparat getrocknet. Hierauf wird unter einem gewöhnlichen Halbtonnegative kopiert, die Platte erhitzt und sodann unmittelbar in Eisenchloridbädern verschiedener Konzentration (dies deshalb, um die verschiedene Diffusionsgeschwindigkeit der schwächer oder stärker gesättigten Eisenchloridbäder dazu auszunutzen, um eine korrekte Abstufung der Halbtöne zu erzielen) geätzt. Benutzt man zum Kopieren ein Negativ, so erhält man ein Buchdruckklischee; wenn ein Diapositiv angewendet wird, resultiert eine Tiefdruckplatte. Es entfällt also bei diesem Verfahren, das sehr feinkörnige, tonreiche Bilder ergibt, sowohl die Anwendung eines Rasters (s. Autotypie) als auch alle sonst üblichen Mittel der Zerlegung von homogenen Halbtönen in Punkttöne (vgl. Klischee und Pressendruckverfahren, photographische). Vielmehr findet durch die Erwärmung der kopierten Platte, dann auch durch die Einwirkung des Aetzmittels eine Strukturveränderung der Leimschichte derart statt, daß durch die Bildung von ungleich großen und kleinen Leimkörnern, die notwendigen Zerteilungselemente und durch damit parallel einhergehendes »Zerreißen« der Schicht gleichsam »Scheidegänge« geschaffen werden, die schließlich eine recht differenzierte Tonzerlegung zustande kommen lassen. Die Leimschicht selbst fungiert als Aetzgrund, und zwar stellt sie einen wohl gleich dicken, aber entsprechend der an den verschieden durchlässigen Negativstellen größeren oder geringeren Lichtwirkung (daher verschieden tief gegerbten) ungleich permeabeln Aetzgrund dar. Die Aetzflüssigkeit wird daher zuerst die an den am wenigsten belichteten Stellen äußerst oberflächlich nur gegerbte Decke durchdringen und, da die Permeabilität der darunter befindlichen ungehärteten Schichtteile vorerst eine weit größere ist, am raschesten zur Kupferplatte gelangen; am spätesten dagegen an den am meisten belichteten und daher bis in die bedeutendste Tiefe gegerbten Schichtpartien. – Für den Druck auf gröberem Papier muß nach dem ersten Aetzen noch mit säurefester Harzfarbe eingewalzt und »tiefgeätzt« werden.

A.W. Unger.

Quelle:
Lueger, Otto: Lexikon der gesamten Technik und ihrer Hilfswissenschaften, Bd. 8 Stuttgart, Leipzig 1910., S. 220.
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