Stative

[255] Stative (für geodätische Instrumente) sind Dreibeine von etwa 1,25 m Höhe mit einem Kopfe zur Beteiligung des Instruments. Die Konstruktion ist abhängig von Größe, Gewicht und Bauart des zu tragenden Instruments.

Für Höhenmesser, Winkelköpfe und ähnliche Instrumente dient häufig nur ein einfacher Stab als Stütze. – Für kleine und leichte Instrumente, wie Taschennivelliere und Bussolen, kommt vielfach das Zapfenstativ zur Anwendung, bei dem das Instrument auf einem Zapfen oder einer Schraube befestigt wird und die drei Beine auf den Seitenflächen eines dreiseitigen Prismas sich bewegen. Werden solche kleinen Stative zum bequemen Zusammenlegen wie ein Stock hergerichtet, so nennt man sie Stockstative.

Für Theodolite, Tachymeter, Meßtische und Nivellierinstrumente werden in der Regel Stative verwendet, welche nach der Form ihres wagerecht zu Heilenden Oberteiles als Scheiben- oder Tellerstative bezeichnet werden. Die Konstruktion sowie die Beteiligung des Instruments auf dem Kopfteil sind sehr verschieden und abhängig vom Instrument. Für die Winkelmesser ist ein entsprechender Spielraum zum Zentrieren der Instrumentachse über dem Messungspunkte erforderlich. Am gebräuchlichsten ist die Beteiligung durch eine Schraubenstange. Sie wird auf einen zentralen Achszapfen des Instruments aufgeschraubt und zieht es durch eine starke Spiralfeder auf dem Stativkopf fest, z.B. Bd. 6, S. 643, Fig. 5. Die Schraubenstange bildet die Verlängerung der Instrumentachse und trägt eine Vorrichtung zum Einhängen des Schnurlotes. An den Stativen für ältere Instrumente findet man statt der Schraubenstange wohl den Stengelhaken, der in eine Oese am unteren Teil des Instruments eingreift. – Der Stativkopf ist entweder aus Holz oder aus Metall hergestellt. Die Beine sind stets aus Holz gefertigt und mit starken Fußspitzen (Schuhen) und Ansätzen (Auftritten) zum Festtreten versehen; zuweilen sind sie zur Erleichterung des Aufstellens auf ungünstigem Boden verstellbar[255] eingerichtet. Von wesentlicher Bedeutung ist die Anordnung und Lagerung der Drehachse des Beines im Stativkopf. Diese Achse soll möglichst lang und stabil sein sowie gleichmäßigen Gang haben. Die günstigste, eine große Standfestigkeit gewährende Normalform ist von Vogler entwickelt in [1]. Ein danach konstruiertes einfaches und billiges Stativ s. [2] (s. Tachymetrie, Fig. 3). Neuerdings werden Stative dieser und ähnlicher Konstruktion bevorzugt, während früher das Münchner (Reichenbachsche) Stativ, bei welchem die Beine mit zylindrischen Gelenken im Stativkopf gelagert sind, sehr verbreitet war (vgl. Bd. 6, S. 645, Fig. 12). – Einige andre Formen veranschaulichen in Bd. 6, S. 643–645, die Fig. 5, 9, 13, in Bd. 6, S. 393, Fig. 2. Wegen der verschiedenen andern Formen und Befestigungsarten der Instrumente muß auf die Verzeichnisse der bei Geodätische Instrumente, Bd. 4, S. 382, genannten mechanischen Institute verwiesen werden. Die Anforderungen sind: Standfestigkeit, die man bei aufgestelltem Instrument prüft, Möglichkeit der schnellen und sicheren Befestigung des Instrumentes, bequeme Aufstellung und Zentrierung, geringes Gewicht. Ueber besondere Zentriervorrichtungen s. [2].

Für einzelne Zwecke kommen besondere Anordnungen in Betracht. Es ist zu erwähnen das Stativ mit starrem Lot von Meißner, das eine rasche und sichere Zentrierung, namentlich in Polygonzügen, gestattet [4]. Für schnelle Horizontierung bei Nivellierinstrumenten eignen sich die nach amerikanischem und französischem Muster mit Kugeleinstellung versehenen Horizontierköpfe [5]. Eine Uebersicht über verschiedene Nivellierstative gibt [6]. – Besondere Einrichtungen erfordert die Aufstellung der Meßinstrumente in Gruben und unterirdischen Kanälen. Hierzu dienen neben Stativen mit verstellbaren Beinen auch vertikal oder horizontal gegen die Wände gestemmte Spreizen, welche die Standplatten für die Instrumente tragen, oder Tragarme, welche in Balken eingeschraubt werden; vgl. a. Grubeninstrumente, Bd. 4, S. 642. – Für sehr große Instrumente werden besondere Böcke verwendet oder wie bei der Haupttriangulierung auch Pfeiler aus Stein oder Holz; vgl. Triangulierung. – Ueber Stative zur photographischen Kamera s. Bd. 5, S. 309.


Literatur: [1] Zeitschr. f. Vermessungswesen 1886, S. 104. – [2] Ebend. 1887, S. 468. – [3] Ebend. 1900, S. 100. – [4] Ebend. 1888, S. 115 und 252. – [5] Ebend. 1892, S. 262, sowie Jordan, Handbuch der Vermessungskunde, Bd. 2, 7. Aufl., fortgesetzt von Reinhertz, bearbeitet von Eggert, S. 489, Stuttgart 1908. – [6] Verhandlungen der internat. Erdmessung zu Genf 1893, Beil. A, II.

(† Reinhertz) Hillmer.

Quelle:
Lueger, Otto: Lexikon der gesamten Technik und ihrer Hilfswissenschaften, Bd. 8 Stuttgart, Leipzig 1910., S. 255-256.
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