Zeitsignal [1]

[861] Zeitsignal, Mitteilung einer einheitlichen Zeit, und zwar der Zeit des Meridians von Greenwich über den ganzen Erdball auf funkentelegraphischem Wege durch eine Anzahl Radiostationen. Diese sollen nach den Beschlüssen der Pariser internationalen Zeitkonferenz von 1913 so gewählt werden, daß auf jedem Punkte der Erde wenigstens einmal am Tage und in der Nacht die Signale aufgenommen werden können. Deutscherseits wird sich an dem internationalen Zeitsignaldienst, dessen Eröffnung noch nicht feststeht, die Funkentelegraphenstation Norddeich beteiligen. Norddeich gibt jetzt bereits Zeitsignale für Deutschland ab.

Zur Aufnahme der Zeitsignale ist in Deutschland die Genehmigung des Reichs erforderlich. Mit Rücksicht auf die Wahrung des Telegraphengeheimnisses stellt die Reichstelegraphenverwaltung an die Einrichtung der Empfangsapparate die Anforderung, daß mit ihnen nur die Zeitsignale und die daran anschließenden Wettertelegramme, die mit einer bestimmten Wellenlänge gegeben werden, aufgenommen werden können. Es sind zu diesem Zwecke besondere Zeitsignalempfänger von der Telefunkengesellschaft, von der C.L. Lorenz A.-G., von Erich Huth u.a. konstruiert und von der Reichstelegraphenverwaltung genehmigt worden.

Der Zeitsignalempfänger der Telefunkengesellschaft. – Bei ihm sind sämtliche Abstimmvorrichtungen in einem plombierten Gehäuse untergebracht, so daß nachträgliche Aenderungen in der Abstimmung und der eingestellten Wellenlänge nicht vorgenommen werden können. Bei Anhängen des Fernhörers an den Hakenumschalter H des Apparates (Fig. 1) wird die Empfängerspule S kurz geschlossen und die Antenne A mit Erde verbunden, so daß eine Beschädigung durch atmosphärische Entladungen ausgeschlossen ist. Mit Hilfe des verschiebbaren Kontaktes Ka wird die Antenne, für die in den meisten Fällen ein in genügender Höhe und Länge isoliert über die Dächer geführter Kupfer- oder Bronzedraht von etwa 3 mm Durchmesser benutzt wird, auf die vorgeschriebene Wellenlänge abgestimmt. Der Kontakt Ka wird zu diesem Zwecke so lange verschoben, bis die Lautstärke im Fernhörer am größten geworden ist. Sodann wird die Koppelung des Detektorkreises mit Hilfe des verschiebbaren Kontaktes Ko so eingestellt, daß die Zeitsignale noch gut wahrnehmbar sind, aber Signale, die mit Wellen gegeben werden, deren Länge mehr als 5 vom Hundert von der Zeitsignalwelle abweicht, nicht mehr gehört werden können. Der benützte Wellenanzeiger D ist ein Gleichrichter, bei dem das zu einem 1 mm starken Bündel zusammengepreßte wellenempfindliche Mineral derart zwischen zwei Metallplatten eingeklemmt ist, daß es auf der nach der andern Elektrode zugewandten Seite etwa 11/2 mm aus den Metallbacken hervorragt. Die Gegenelektrode besteht aus einer U-förmig gebogenen versilberten Messingsender; sie legt sich mit ihrem federnden Teile gegen die Mineralelektrode. Die Membrane des Fernhörers T ist auf die Tonfrequenz 1000 abgestimmt, mit der die Zeitsignale von Norddeich gegeben werden.

Der Zeitsignalempfänger der C. Lorenz A.-G. – Der von Nesper entworfene Empfänger wird durch eine Uhr mit Quecksilberkontakten erst kurz vor Beginn des Zeitsignals an die Luftleitung angeschaltet und kurz nach dessen Beendigung wieder abgeschaltet. Das Uhrwerk ist mit den Abstimmungs- und Koppelungsspulen, einem Detektor und einem Glimmerkondensator in einem schrankförmigen Gehäuse (Fig. 2) untergebracht. Das Uhrwerk läuft mit einem Aufzuge vier Wochen; auf der Rückseite trägt es zwei Quecksilberkontakte, von denen der eine den elektrischen Alarmsummer betätigt, der auf den Beginn des Zeitsignals aufmerksam machen soll, und der andre die Empfangseinrichtung an die

Luftleitung anschaltet. – Da der Apparat nur zu den Zeiten des Signals empfangsbereit sein soll, ist die Uhr so angebracht, daß ihr Stand nicht von außen geändert werden kann. Abstimm- und Koppelungsspulen sind auf[861] Glaszylinder gewickelt; sie werden bei der Aufstellung des Apparates reguliert. Ein Schieber der Koppelungsspule ist mit einem Hartgummigriffe versehen, der durch die Schranktür hindurchreicht, und mit dem man die Abstimmung und Koppelung innerhalb geringer Grenzen ändern kann. Schließt die Uhr den Quecksilberkontakt K1 (Fig. 3), so ertönt, wenn auch der Umschalter U geschlossen ist, der Schnarrwecker W, um die zur Empfangnahme des Zeitsignals bestimmte Person herbeizurufen. Nimmt diese den Fernhörer F vom Haken H des Apparats, so geht die von der Antenne A aufgenommene Schwingungsenergie durch den kurz vor dem Empfang eingeschalteten Quecksilberkontakt K2, durchläuft die Abstimmspule Sa und die Koppelungsspule Sk und wird zum Teil unmittelbar, zum Teil über den Detektor D und den Kondensator C zur Erde geführt. Die Zeitsignale können so durch den Fernhörer F aufgenommen werden. Der Kontakt K2 wird nach Schluß des Zeitsignals wieder durch das Uhrwerk unterbrochen. Hängt man den Fernhörer an den Haken H, so wird der Kontakt bei K wieder geschlossen und damit die Antenne A unmittelbar an Erde gelegt.

Der Zeitsignalempfänger von Erich Huth. Er wird in zwei Ausführungen hergestellt; bei der einen wird nach Abstimmung der Wellenlänge und erforderlichen Lautstärke die Einstellung durch Lötung dauernd festgelegt, bei der andern blockiert ein Uhrwerk die Empfangsschaltung dauernd und gibt sie nur zur Zeit des Signals frei.

Otto Jentsch.

Fig. 1.
Fig. 1.
Fig. 2.
Fig. 2.
Fig. 3.
Fig. 3.
Quelle:
Lueger, Otto: Lexikon der gesamten Technik und ihrer Hilfswissenschaften, Bd. 9 Stuttgart, Leipzig 1914., S. 861-862.
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