Almēida-Garrett

[355] Almēida-Garrett, João Baptista da Silva Leitão de, ausgezeichneter portug. Dichter, geb. 4. Febr. 1799 in Oporto, gest. 10. Dez. 1854 in Lissabon, studierte seit 1816 die Rechte in Coimbra, wo er mit drei antik gehaltenen Tragödien: »Xerxes«, »Lucrecia« und »Merope«. hervortrat, schloß sich dann 1820 der demokratischen Erhebung an und ward, kaum 21 Jahre alt, im Ministerium des Innern mit der Leitung des öffentlichen Unterrichts betraut. Damals verfaßte er eine Tragödie: »Catão«. die zu den bessern Produkten der portugiesischen Literatur gehört. Infolge der Restauration von 1823 verbannt, wendete er sich nach England, wo er eine romantisch-chevalereske Dichtung: »Magrico« schrieb und den »Tratado de educação« (Lond. 1829, Bd. 1) veröffentlichte, nahm dann in Havre eine Stelle in den Kontoren des Hauses Laffitte an und verfaßte daselbst seinen »Camões« (Par. 1825), ein romantisches Gedicht in zehn [355] Gesängen, worin er mit hoher patriotischer Begeisterung Leben und Tod des berühmtesten Dichters seiner Nation besang (deutsch vom Grafen von Schack, Stuttg. 1890), sowie die »Dona Branca ou a conquista do Algarve« (1826), ein episch-lyrisches Gedicht von satirischer Tendenz in Wielands Manier, das vorzugsweise das Mönchswesen persifliert. Nach dem Tode Johanns VI. (1826) ins Vaterland zurückgekehrt, war er als Publizist besonders für liberale Blätter tätig, bis er 1828 unter Dom Miguels despotischem Regiment eingekerkert und zur Flucht genötigt ward. Er begab sich abermals nach England, wo er sein berühmtes romantisches Gedicht »Adozinda« (1828), kurz darauf den Romanzenzyklus »Bernal-Francez« und die »Lirica de João Minimo« (Lond. 1829) erscheinen ließ (Gedichte aus seiner Studentenzeit im arkadischen Geschmack). 1832 machte er von der Insel Terceira aus die Expedition Dom Pedros als Gemeiner in einem Jägerbataillon mit und ward in Oporto mit der Organisation des Ministeriums des Innern betraut. Nach Herstellung der Ordnung unter der Königin Donna Maria II. fungierte er 1834–36 als Geschäftsträger in Brüssel und ward nach der Septemberrevolution von 1836 in die konstituierenden Cortes von 1837 gewählt, wo er sich als glänzender Redner bewies. Seine literarische Tätigkeit war seitdem auf Herstellung eines nationalen Theaters gerichtet. Sein »Auto de Gil Vicente« (1838) wird von den Kunstkritikern für das erste neuere, rein portugiesische Drama erklärt. Weitere dramatische Arbeiten von ihm sind: »D. Filippa de Vilhena« (1840), »Alfageme de Santarem« (1841), »Sobrinha do Marquez« und sein Meisterstück »Frei Luiz de Sousa« (1844; deutsch von W. L., Frankf. a. M. 1847). Im Romanfach versuchte er sich nur einmal in »O Arco de Sant' Anna« (1846). Unter den Prosaschriften werden die »Viagens na minha terra« (1837; deutsch in Reclams Universal-Bibliothek) hoch geschätzt. Lyrische Dichtungen voll Anmut und eigentümlichen Reizes sind die »Folhas cahidas« (1852). Sehr verdienstvoll ist sein »Romanceiro« (1851–53, 3 Bde.), die früheste Sammlung portugiesischer Volksromanzen, woraus Wolf in den »Proben portugiesischer und katalonischer Volksromanzen« (Wien 1856) einiges mitgeteilt hat. Eine Gesamtausgabe seiner Werke erschien in 25 Bänden (Lissab. 1854–77). Über sein Leben vgl. die »Memorias biographicas« seines Freundes Gomes de Amorim (Lissab. 1881–84, 3 Bde.).

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 1. Leipzig 1905, S. 355-356.
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