Augenschein

[110] Augenschein (Augenscheinseinnahme, Okularinspektion), in der Rechtssprache die von einer Behörde in amtlicher Eigenschaft vorgenommene Besichtigung eines Gegenstandes, namentlich die richterliche Augenscheinseinnahme. Nach der deutschen Zivilprozeßordnung (§ 371, 372) bildet der Ä. ein Beweismittel; doch darf der Richter nach § 144 auch von Amts wegen dessen Einnahme veranlassen. Ob dabei Sachverständige zuzuziehen sind, entscheidet das Gericht, das die Einnahme auch einem »beauftragten« oder »ersuchten« Richter (s. d.) übertragen darf. Die deutsche Strafprozeßordnung handelt vom A. in den § 86, 87, 185, 191, 193, 224 und 248, die unter anderm bestimmen, welche Personen dazu beigezogen werden müssen. Im Strafprozeß ist die Leichenschau von besonderer Bedeutung. Ob Dritte zur Gestattung der Einnahme des Augenscheins verpflichtet sind, richtet sich nach dem bürgerlichen Recht. In Österreich handeln von dem A. die § 368 ff. der Zivilprozeßordnung und die § 116 ff. der Strafprozeßordnung. Vgl. v. Weveld, Zur Lehre vom gerichtlichen A. (Münch. 1877).

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 2. Leipzig 1905, S. 110.
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