Byssus [3]

[672] Byssus, durchschimmernde Gewebe verschiedener Feinheit aus weißen und gelblichen Leinenfäden. Die gröbere Sorte diente in Ober- und Unterägypten zur Pharaoneuzeit als Umhüllung der Mumien. Die feinste und teuerste Sorte, an Wert dem Purpur[672] gleichstehend, wurde aus den zartesten Fäden einer Leinpflanze gewebt, die nur im Delta Ägyptens wuchs; sie war im klassischen Altertum und in den frühesten christlichen Zeiten sehr gesucht und bekannt unter der Bezeichnung: alexandrinischer B.; ihr stand an Feinheit und Wert der syrische B. nahe, der in der Nähe von Antiochien gewebt und durch Karawanen auf orientalischen Märkten abgesetzt wurde. Die Zartheit dieser feinsten Art des B. führte zur Bezeichnung linea nebula oder opus araneum; er wurde vorzugsweise zur Umhüllung des Hauptes (sudarium, suaire) hoher Verstorbener benutzt, weil die Züge derselben noch hindurchschimmerten. Dieser Eigenschaften wegen fand der B. dann überhaupt als Kopfhülle oder leichtes Obergewand Aufnahme; die Sitte verbot es aber bald, ihn ohne Unterkleidung zu tragen. Je mehr die Kultur und Industrie nach den Kreuzzügen an Ausdehnung gewannen, auch die indischen und persischen Baumwollenstoffe Eingang fanden, desto seltener wurde der B., bis er im 15. Jahrh. überhaupt nicht mehr erscheint. Vgl. F. Bock, Geschichte der liturgischen Gewänder des Mittelalters (Bonn 1859, Bd. 1, S. 329,396); Derselbe, Die textilen Byssusreliquien des christlichen Abendlandes etc. (Aachen 1895); A. Braulik, Altägyptische Gewebe (Stuttg. 1900).

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 3. Leipzig 1905, S. 672-673.
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