Catanĭa [2]

[809] Catanĭa, Hauptstadt der gleichnamigen. ital. Provinz (s. oben), am südöstlichen Fuß des Ätna, am Ionischen Meer und an den Eisenbahnlinien Messina-Bicocca u. C.- Bronte-Riposto gelegen, ist die schönste und nach Palermo die volkreichste Stadt Siziliens.[809] Die breiten, geraden Straßen, worunter die Via Steficoro-Etnea und der dieselbe senkrecht durchschneidende Corso Vittorio Emanuele, sind mit Lava gepflastert. Unter den Plätzen zeichnen sich aus: der Domplatz mit dem Elefantenbrunnen von 1736 (ein antiker, aus Lava gehauener Elefant, der einen ägyptischen Obelisken trägt), die Piazza Steficoro (nach dem Dichter Stesichoros, der in C. 556 v. Chr. starb, benannt) mit dem Denkmal Bellinis, u. a., dann der schöne öffentliche Garten Villa Bellini. Unter den Gebäuden sind sehenswert: die Kathedrale (1075 von Roger gegründet), durch die Erdbeben von 1169 und 1693 teilweise zerstört, die Kirche San Carcere mit Marmorportal aus dem 11. Jahrh., das Castel Ursino, 1232 unter Friedrich II. erbaut, und das ehemalige Benediktinerkloster San Nicola, ein nach dem Erdbeben von 1693 errichteter Kolossalbau mit Kirche (berühmte Orgel), Museum (Gemälde und Altertümer) und Bibliothek. Die Stadt zählt (1901) ca. 120,000 (als Gemeinde 149,295) Einw., die Industrie und Handel betreiben. Es gibt eine Tabakfabrik, bedeutende Schwefelraffinerien, Fabriken für Seife, Zündhölzchen, Teigwaren, Zitronenessenz, Lakritzensaft, Kanditen, Leder, Möbel und Wagen; auch werden Artikel aus Bernstein, Lava u. dgl. verfertigt. Der Warenverkehr, der sich zur See 1900 auf 519,960 Ton. belief, umfaßt in der Einfuhr (16,9 Mill. Lire): Getreide, Häute und Leder, Steinkohlen, Baumwollen- und Wollenwaren, Holz, Eisen; in der Ausfuhr (28 Mill. Lire): Schwefel, Agrumen, Mandeln, Haselnüsse, Wein, Süßholzsaft u. a. Der Hafen, der 1669 durch Lavaströme verschüttet wurde, ist nicht tief genug, übrigens jetzt durch einen großen Molo erweitert worden. 1900 sind in demselben 3349 Schiffe mit 1,245,954 Ton. ein- und 3345 Schiffe mit 1,246,526 T. ausgelaufen. C. besitzt eine Universität (1434 gegründet), eine Sternwarte, ein Seminar, ein Lyzeum, ein Gymnasium, ein technisches Institut, eine technische Schule, eine Kunstgewerbe-, eine Schiffahrts- und eine Weinbauschule, ein Theater, ist Sitz eines Erzbischofs, einer Präfektur, eines Appellhofs, eines Handelstribunals, einer Handelskammer und eines deutschen Vizekonsuls. Von C. gehen die meisten Ätnabesteigungen aus. Im Winter ist C. als klimatischer Kurort sehr besucht, wofür es sich durch seine milde, hinlänglich feuchte Temperatur (Winter-Mittel 11,5°) vorzüglich eignet. Vgl. darüber Joris, C. als klimatischer Winterkurort (Wien 1873), und Veraguth (Stuttg. 1878); »Guida da C.« (6. Aufl., Catania 1891).

C. liegt an der Stelle der alten, ganz mit Lava bedeckten Stadt Catana (s.d.), von der sich Reste eines großen Amphitheaters und eines Theaters, eines Odeums und andrer Bauten erhalten haben. 254 n. Chr. wandte bei einem Ausbruch des Vulkans der Sage nach nur die wundervolle Macht der unlängst gestorbenen heil. Agatha das Verderben von C. ab. Aber 1169 zerstörte ein Erdbeben fast die ganze Stadt. 1669 drang ein Lavastrom über die Mauern der Stadt, ein andrer füllte den Canale del Duca. Das Erdbeben von 1693 und der Ausbruch des Ätna 1819 richteten wieder Zerstörungen an. Die Geschichte des neuen C. beginnt 1071 mit der Vertreibung der Sarazenen durch den Normannenfürsten Roger 1. 1197 wurden die aufständischen Sizilier vor C. von dem Heere Kaiser Heinrichs VI. geschlagen, worauf die Stadt großenteils zerstört wurde. Die aragonesischen Herrscher Siziliens residierten oft hier; Kaiser Karl V. vergrößerte die Stadt und erteilte ihr viele Privilegien. Vgl. Clarenza, Steria di C. (Catania 1833, 4 Bde.).

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 3. Leipzig 1905, S. 809-810.
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