[136] Ausfuhr (Export), die nach Raum, Gewicht oder Wert bemessene Warenmenge, die ein Land an andre absetzt. Die A. wird dadurch ermöglicht, daß das ausführende Land, durch Natur oder Kulturentwickelung begünstigt, die Ware billiger herzustellen vermag als dasjenige, welches dieselbe empfängt, oder auch nur dadurch hervorgerufen, daß die A. als Gegenwert gegen die nötige Einfuhr dient. Im großen Ganzen ist die Einfuhr an Produkten durch die A. zu decken. Erschwerungen der Einfuhr können deshalb leicht Minderungen der A. zur Folge haben. Allerdings ist dies keine Notwendigkeit, da die verringerte Zahlungsfähigkeit des Auslandes auch einem dritten Lande gegenüber sich geltend machen kann. Leistungsfähigkeit und sparsamer Sinn eines Volkes können darum auch längere Zeit hindurch die A. von Waren auf höherm Stand erhalten als die Einfuhr, indem der Unterschied durch Einfuhr von Edelmetall und Erwerb von Schuldtiteln beglichen wird. Später kann sich das Verhältnis umkehren, indem die Zinszahlung durch Einfuhr von Waren ausgeglichen wird. Dem Gedanken, durch Mehrausfuhr die Kapitalkraft des Inlandes zu stärken, entsprangen die verschiedenen handelspolitischen Maßnahmen des Merkantilsystems (s. d.), die teils die A. zu heben, teils sie zu mindern bestimmt waren. Von denselben unterscheiden sich die heutigen Bestrebungen wesentlich dadurch, daß sie mehr indirekt wirken, indem sie auf die Mittel gerichtet sind, welche die A. ermöglichen und dauernd sichern
Zur Hebung und Förderung der A. dienen die Ausfuhrprämien (franz. primes d'exportation, engl. bounties), die früher insbes. von fertigen Produkten der Industrie gewährt wurden. Solche Prämien konnten allerdings für einen besondern Industriezweig sehr günstig wirken und als vorübergehend angewandtes Reizmittel auch volkswirtschaftlich gute
Dienste leisten. Meist jedoch wirkten sie als einseitige Begünstigungen auf Kosten andrer Kreise der Bevölkerung, oft selbst zugunsten des Auslandes, dem sie einen billigern Bezug ermöglichten. Während der Merkantilismus solche Prämien nur der Industrie zugestand, wurden sie in England 16881806 auch der Landwirtschaft bei A. von Weizen gewährt, wenn dessen Preis unter eine bestimmte Höhe herabgesunken war. Heute bestehen derartige Prämien noch in Frankreich als Ermunterungsmittel der großen Seefischerei für von französischen Fischern gefangene Stockfische, die direkt von Neufundland oder von französischen Spezialentrepots ausgeführt werden (vgl. Lexis, Die französischen Ausfuhrprämien, Bonn 1870). Ebenso werden offene Prämien (Ausfuhrzuschüsse) in einigen Ländern bei der A. von Zucker gewährt, so in Österreich, in Deutschland (seit 1893) und in Frankreich (seit 1897) (vgl. Zuckersteuer). Zu unterscheiden von denselben sind die verdeckten Ausfuhrprämien, zu denen leicht die Ausfuhrvergütungen ausarten, d. h. die bei der A. von Waren gewährten Rückerstattungen von bereits entrichteten innern Aufwandsteuern (Bonifikationen) oder von Zöllen, die bei der Einfuhr des im Inland veredelten Rohstoffes oder auch des fertigen Produkts halten bezahlt werden müssen (Rückzoll). Durch die Ausfuhrvergütung soll dem Inländer die Konkurrenz auf fremdem Markt erleichtert werden; dieselbe wird aber zu einer Ausfuhrbegünstigung, wenn sie infolge mangelhafter Steuerbemessung zu hoch ausfällt (z. B. bei der Rohstoffbesteuerung: Annahme eines zu geringen Prozentsatzes an Fabrikaten, die aus einer bestimmten Menge Rohstoff ausgebracht werden, und Rückvergütung nach diesem Satze, während in Wirklichkeit weniger Rohstoffe nötig waren, also auch weniger Steuern bezahlt wurden), oder wenn stakt des wirklich verzollten Gegenstandes ein andrer, etwa aus heimischen Rohstoffen hergestellter Artikel ausgeführt und für denselben die Rückvergütung entrichtet wird. Die letztere Form der Prämiierung tritt dann leicht ein, wenn, wie heute noch bei Eisen in Frankreich, kein Identitätsnachweis, d. h. kein Nachweis darüber verlangt wird, daß für den auszuführenden Gegenstand, für den die Ausfuhrvergütung beansprucht wird, auch wirklich früher Steuern oder Zölle entrichtet wurden. In Deutschland werden heute Vergütungen gewährt für Branntwein (Rückvergütung der Zuschlagssteuer), Bier, Tabak und Tabakfabrikate und für aus heimischem Getreide hergestellten Mühlenfabrikate.
Die genannten Übelstände werden vermieden, wenn steuerpflichtige Waren unter Steuerkontrolle ausgeführt oder zollpflichtige Gegenstände unter Zollkontrolle eingeführt, in Zollniederlagen gebracht und von da wieder ausgeführt werden. Weitere Mittel zur Förderung der A. sind alle diejenigen, die als Erleichterungen, z. B. bei der Durchfuhr, oder als direkte und indirekte Hilfen (Konsularberichte, Schutz der heimischen Interessen im Ausland, Kolonialpolitik etc.) der gesamten Gütererzeugung und dem Handel dienen. Neben der Wirksamkeit des Staates können auch freie private Bestrebungen darauf abzielen, die A. zu heben, wie Erforschung von Absatzgebieten durch Expeditionen, Anbahnung und Unterhaltung von Verkehrsbeziehungen durch Vereine (vgl. Kolonien), Ausstellungen, Exportmusterlager, Handelsmuseen etc.
Beschränkungen der A. bildeten einen wichtigen Bestandteil der ältern Handels- und Münzpolitik. Sie traten vielfach als Ausfuhrverbote auf. Kamen schon bei den Römern Verbote der A. von Edelmetallen[136] vor, so finden wir dieselben ganz regelmäßig im Mittelalter, so in der deutschen Münzordnung von 1524 und im Reichstagsabschied vom 1. Okt. 1571 (Verbot bei Todesstrafe), später meist mit der Beschränkung auf gemünztes Metall, und zwar, wie in Frankreich noch 1726 und in Preußen 1766, unter Androhung von schweren, selbst Leibesstrafen. Zweck dieser Verbote war meist, zu verhindern, daß nach durch die Verwaltung selbst bewirkten Münzverschlechterungen die schwereren Stücke über die Grenze gebracht würden. Ferner ergingen auch nicht selten Verbote gegen die A. von Lebensmitteln und wichtigen Rohstoffen, vielfach aus echt merkantilistischen Gründen, so in England noch bis 1824 gegen die A. von Wolle, dann von Getreide, wenn der Preis einen bestimmten Satz überstieg. Am längsten behauptete sich in der Praxis als Notstandsmaßregel das vorübergehende Verbot der A. von Lebensmitteln, wie ein solches in Rußland noch Ende 1891 erlassen wurde. Im übrigen werden in den heutigen Kulturstaaten, nachdem früher in den Handelsverträgen möglichst auf Beseitigung der Verbote hingewirkt wurde, Ausfuhrverbote nur noch als Ausnahmemaßregel im Kriegsfalle für Kriegsmaterial erlassen, um die eigne Bedarfsdeckung sicherzustellen, den Feind zu schwächen oder die Neutralität aufrecht zu erhalten. In ihrer Wirkung kommen dem Verbot hoch bemessene Ausfuhrzölle (Ausgangszölle) nahe, die auch aus jenem vielfach hervorgegangen stud. Ursprünglich als bequeme Quelle von Einnahmen betrachtet, die scheinbar das Ausland spendete, und deswegen auch von Fabrikaten erhoben, werden die Ausfuhrzölle dem Merkantilsystem zu einem Mittel, die Industrie zu stützen und zu heben. Sie wurden deshalb in erster Reihe von Lebensmitteln und Rohstoffen erhoben, deren Arbeit und Industrie bedurften. Dementsprechend spielten die Ausfuhrzölle in den Zolltarifen eine wichtige Rolle, und es hatte sich auch eine größere Zahl derselben bis in die neuere Zeit hinein erhalten. Die Erkenntnis, daß diese Zölle meist vom Inland getragen werden, daß sie die Produktion der belasteten Artikel schädigten und die Konkurrenz auf fremdem Markt erschwerten, führte in vielen Ländern, besonders seit Abschluß des englisch-französischen Handelsvertrags (1860), zu ihrer vollständigen Beseitigung. In Deutschland wurde 1873 der letzte Rest, der Zoll auf Abfälle und auf Lumpen für die Papierfabrikation, aufgehoben. Ebenso bestehen keine Ausfuhrzölle mehr in England, Frankreich, den Vereinigten Staaten etc. Überbleibsel kommen noch vor in Österreich (für Lumpen), eine größere Zahl noch in Rußland, in der Schweiz, besonders in Italien auf zahlreiche Landesprodukte, vorzüglich aber in der Türkei (allgemein 1 Proz. des Wertes), in deren Finanzwesen der Ausgangszoll eine wichtige Rolle spielt. Der in der Schweiz erhobene allgemeine Ausgangszoll (0,16 Mk. für 100 kg) hat lediglich den Charakter einer stalistischen Gebühr, wie sie auch in Deutschland 1879 und in Österreich 1889 eingeführt wurde. Ein echter, das Inland nicht beschwerender Finanzzoll ist der Ausfuhrzoll dann, wenn er von Gegenständen erhoben wird, bei deren Besitz oder Erzeugung das Inland eine (insbes. natürliche) Monopolstellung einnimmt, wie Peru bei Guano, Brasilien für Brasilholz, Chile für Salpeter, Cuba bei Havannatabak und mehrere Kolonien europäischer Länder für tropische Erzeugnisse.
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