Elefant

[599] Elefant (Elephas L.), Gattung der Rüsseltiere (Proboscidea), umfaßt die größten unter den gegenwärtig lebenden Landtieren, mit kurzem, dickem Rumpf, sehr kurzem Hals, rundem, durch Höhlen in den obern Schädelknochen aufgetriebenem Kopf, ziemlich hohen, säulenartigen Beinen, 3–5 bis auf die Hufe verbundenen Zehen, zwei Stoßzähnen in den Zwischenkiefern und nur noch einem Backenzahn in jedem Kiefer. Dieser Zahn besteht aus zahlreichen Platten, die ihrer ganzen Länge nach durch Zement verbunden sind.

Fig. 1. a Rüssel des indischen, b des afrikanischen Elefanten.
Fig. 1. a Rüssel des indischen, b des afrikanischen Elefanten.

Die Nase ist zu einem langen, beweglichen Rüssel mit fingerartigem Fortsatz (Fig. 1) verlängert und durch zahlreiche Ring- u. Längsmuskeln bedeutender Zusammenziehung und Ausstreckung fähig. Die Augen des Elefanten sind klein, die Ohren sehr groß, der Schwanz mittellang mit einem Büschel sehr grober Borsten. Die Haut ist braungrau oder schiefergrau, fast erdfarben, runzelig, schwielig, mit wenigen dunkeln Borsten besetzt. Die Stoßzähne wachsen ununterbrochen fort und erreichen eine Länge von bisweilen mehr als 3 m und ein Gewicht von 75–90 kg; gewöhnlich sind sie nur bis 2 m lang und 30–50 kg schwer (vgl. Elfenbein). Beim asiatischen Elefanten fehlen die Stoßzähne sehr oft den Männchen (auf Ceylon ist dies die Regel), und die Weibchen haben gewöhnlich gar keine oder nur stummelhafte. Der auffallend große Backenzahn nutzt sich allmählich ab, wird aber, sobald er den Dienst versagt, durch einen hinter ihm erscheinenden neuen Zahn ersetzt, der allmählich weiter nach vorn rückt und vor dem Ausfallen des letzten Stummels in Tätigkeit tritt. Dieser Zahnwechsel findet sechsmal statt. In dem Rüssel ist bei den Elefanten Geruchs- und Tastorgan vereinigt. Sie fassen mit ihm, wie mit einem Finger, selbst die kleinsten Gegenstände. Zugleich dient ihnen auch der Rüssel als Organ zum Schöpfen und Einsaugen des Wassers, zum Trinken, oder um sich damit zu bespritzen; denn es finden sich in demselben zwei nebeneinander in der ganzen Länge hinlaufende Kanäle, die sie durch Einsaugen mit Wasser füllen, worauf sie dieses in das geöffnete Maul spritzen. Auch ist der Rüssel eine Waffe, mit welcher der E. furchtbare Schläge geben kann. Eine zweite, ebenso wirksame Waffe besitzt er in den zwei Stoßzähnen. Diese sind von oben nach unten, jedoch vorwärts gerichtet und von der Wurzel bis mr Spitze mäßig aufwärts gekrümmt. – Man unterscheidet mit Sicherheit zwei Arten:[599] Der indische E. (Elephas asiaticus Bl., Fig. 2, und Tafel »Orientalische Fauna«, Fig. 8), bis 3,5 m lang, mit 2 m langem Rüssel und 1,5 m langem Schwanz, wird bis 3,5 m hoch und 3–4000 kg schwer, mit massigem, hohem, breitstirnigem Kopf, konkaver Stirn, in der Regel etwa 1,6 m langen und 20 kg schweren Stoßzähnen, mittelgroßen Ohren, deren Oberrand vorn und an der Innenseite umgekrempt ist, tief herabhängender Unterlippe, an den Vorderfüßen mit 5, an den Hinterfüßen mit 4 Hufen. Die Haut ist fahlgrau, am Rüssel, Unterhals, an der Brust und dem Bauch in Fleischrötlich übergehend und hier dunkel gefleckt. Er bewohnt alle größern Waldungen in Vorderindien, Assam, Birma, Siam, die Malaiische Halbinsel, Ceylon, Sumatra und Borneo, ist aber in vielen Gegenden, wie in Borneo, bereits ausgerottet. Der E. von den Inseln bildet nach Schlegel eine besondere Art (E. sumatranus). Der afrikanische E. (E. africanus Bl., Fig. 3, und Tafel »Äthiopische Fauna«, Fig. 8) wird wahrscheinlich größer als der indische und hat namentlich auch viel größere Stoßzähne, macht aber mit seinem kürzern, höher gestellten Leib, dem niedrigen flachen Kopf, den außerordentlich großen Ohren, dem dünnen Rüssel, der schmalen Brust und den häßlichen Beinen bei weitem nicht den majestätischen Eindruck wie jener. Er hat an den Vorderfüßen 4, an den Hinterfüßen 3 Hufe.

Fig. 2. Indischer, Fig. 3 afrikanischer Elefant.
Fig. 2. Indischer, Fig. 3 afrikanischer Elefant.

Die Falten und Risse der Haut zeigen gröberes Gepräge, auf Hals und Widerrist steht ein schwacher Haarkamm, auch hängen von Hals und Bauch dünn stehende Haare herab; die Farbe der Haut ist schieferblaugrau, aber durch Schmutz und Staub schmutzig fahlbraun. Er findet sich in ganz Innerafrika, ist aber im 19. Jahrh. bedeutend zurückgedrängt. Jetzt lebt er vom Breitengrad des Tsadsees bis zu dem des Ngamisees. Nördlich vom Kongo bis zum Kamerun und an der Ostküste in portugiesischen Gebieten sowie zwischen Witu und dem Dschuba findet er sich noch in den Küstengegenden, während er sich sonst ins Innere zurückgezogen hat. Im Sambesigebiet und in nördlichen Strichen des deutschen südwestafrikanischen Schutzgebietes ist er noch ziemlich häufig, auch findet er sich gänzlich abgesondert noch in der Kapkolonie östlich von der Mosselbai.

Die Elefanten leben herdenweise in größern Waldungen, mit hohem Gras bewachsenen Steppen, in denen Bäume nicht gänzlich fehlen, auch in hügeligen, bergigen Gegenden bis zu 3000 m ü. M., aber nur, wo reichlich Wasser vorhanden ist; sie verweilen am Tag im Dickicht und machen nachts ihre Ausflüge. Dabei brechen sie durch den Urwald Pfade, überwinden im Gebirge Schwierigkeiten, denen das Pferd nicht gewachsen ist, und klettern geschickt. Gewöhnlich gehen sie in ruhigem, gleichmäßigem Paß, können aber auch so schnell laufen, daß ein Reiter sie kaum einholt; in der Ruhe führen sie mit den einzelnen Gliedmaßen eigentümliche schwingende Bewegungen aus; sie schlafen oft im Stehen, lagern sich aber auch, nehmen auf freien, sandigen Flächen Staubbäder, indem sie sich mit dem Rüssel den Sand über den Leib werfen, und gehen auch ins Wasser, wobei sie sehr geschickt schwimmen. Das Gesicht des Elefanten ist sehr beschränkt, Geruch und Gehör sind aber hoch entwickelt und auch Geschmack und Gefühl verhältnismäßig sein. Dabei ist der E. höchst intelligent, und im Umgang mit dem Menschen entwickelt sich sein Verstand außerordentlich. In der Wildnis ist er ruhig und harmlos, greift niemals an und wird von keinem Tier angegriffen. Madenhacker, Kuhreiher und andre Vögel sammeln sich auf seinem Rücken und reinigen ihn von Ungeziefer. Die Herden, die 30–50, selbst 200 Tiere umfassen, halten sich sehr abgeschlossen, repräsentieren Familien und nehmen keine fremden Elefanten auf. Von der Herde getrennte Tiere bleiben für immer einsam und zeigen sich oft bösartig. Auf einen männlichen Elefanten finden sich in den Herden 6–8 Weibchen; das klügste Tier, Männchen oder Weibchen, fungiert als Führer. Hauptnahrung sind Blätter und Zweige, seltener Gras. Bisweilen fallen sie in die Felder, aber in der Regel genügen die leichtesten Umzäunungen, sie abzuhalten, während sie in eine Lücke derselben sofort eindringen. 18–22 Monate nach der Paarung wirft der E. ein Junges von etwa 90 cm Höhe, dieses wächst bis zum 25. Jahr, erreicht seine Vollkraft mit 35 Jahren und soll 150 Jahre alt werden, doch sterben in der Gefangenschaft die meisten vor Ablauf von 20 Jahren. Das Männchen wird mit 20, das Weibchen mit 16 Jahren fortpflanzungsfähig, doch pflanzen sie sich gefangen selten fort. Die Elefanten gehen mehr und mehr ihrer Ausrottung entgegen, da sie des Elfenbeins halber stark verfolgt werden. Ein guter Schütze tötet einen Elefanten durch einen Sch uß hinter das Ohr, viele Elefanten werden aber auch in Fallgruben etc. gefangen und durch Speere getötet. Man ißt das Fleisch der Füße, des Rüssels und die Zunge, das zäher und grobfaseriger als Rindfleisch, sonst schmackhaft ist, und benutzt auch die Haut. Die Neger dörren das Fleisch und zerreiben es dann zu Pulver, um es ihren Speisen beizumischen. Im Einfangen und Zähmen der wilden Elefanten zeigen die Eingebornen Indiens große Geschicklichkeit. Auf Ceylon gibt es eine Zunft von Elefantenjägern, Panikis, die mit einer dehnbaren, starken Schlinge in den Wald ziehen und diese dem Elefanten um ein Bein werfen, worauf ein Gehilfe sie an einem Baum befestigt. Durch Feuer, Rauch, Hunger, Durst und stete Beunruhigung machen sie dann den Gefangenen matt, um ihn endlich durch Erweisung von allem, was ihm angenehm ist, in wenigen Monaten zu zähmen. Außerdem werden aber auch ganze Herden gefangen, indem man einen Platz im Wald von etwa 150 m Lunge und 75 m Breite mit starken Pfählen umgibt (Korral), die Herden aus einem Umkreis von mehreren Meilen allmählich dem Korral zutreibt und dann durch Schießen, Schreien, Trommeln zum Eintritt durch das Tor nötigt. Die Tiere werden[600] dann allmählich matt gemacht, mit Hilfe von zahmen Elefanten, mit denen der Jäger sich in den Korral begibt, gefesselt und an Bäume gebunden. Nach drei Tagen beginnen sie zu fressen und werden dann gezähmt und abgerichtet, wobei wiederum zahme Elefanten wesentliche Dienste leisten. Nach zwei Monaten kann der E. von seinem Führer (Kornak) allein geritten werden, und nach drei Monaten kann man ihn zur Arbeit, besonders als Zugtier, verwenden. Ein E. trägt auf kurze Strecken wohl 1000 kg, doch darf man ihn auf dem Marsch nur mit 350, höchstens 500 kg belasten. In Ceylon spannt man ihn auch vor den Pflug. Er frißt in der Gefangenschaft bei der Arbeit täglich ca. 300 kg Grünfutter. Im Zoologischen Garten erhält er etwa je 8 kg Weizenkleie und Roggenbrot, 2 kg Reis und 25 kg Heu. Der afrikanische E. wird nicht gezähmt, er ist aber zähmbar wie der indische und würde bei gleicher Behandlung wenn nicht ebensoviel wie jener, doch immer noch recht Erhebliches leisten. Der gezähmte E. ist in der Regel sanft, folgsam und anhänglich an seinen Führer und Wärter; dabei aber gegen Strafe, Mißhandlung und Neckerei sehr empfindlich und dann im höchsten Grad rachgierig und grausam.

Die indischen Dichter preisen den Elefanten als Symbol der Weisheit und des Mitgefühls; der Gott Ganesa, der Schirmherr der Künste und Wissenschaften, erscheint in den indischen Tempeln mit dem Haupt eines Elefanten; ein E. ist das Reittier Indras, und acht Elefanten tragen das Weltall. Der weiße E., ein Albino, der aber keineswegs weiß, sondern blaß rötlichbraun ist, einige weiße Haare und eine gelbliche Iris besitzt, gilt den Buddhisten als eine Inkarnation der verschiedenen Buddhas und steht deswegen in Hinterindien in großem Ansehen. Die Inder waren die ersten, die den Elefanten zähmten und zum Kriege verwendeten, und als die Perser erobernd nach dem Osten vordrangen, fand diese Einrichtung auch bei ihnen Eingang. Das Sanskrit hat für ihn gegen 100 verschiedene Bezeichnungen. Als Elephas bildete das Elfenbein einen Handelsartikel schon bei den alten Äthiopiern; auch Homer erwähnt das Elfenbein unter demselben Namen, und Herodot nennt das Tier bei einer Aufzählung der Fauna Libyens. Ktesias, der Leibarzt des Artaxerxes, beschrieb zuerst einen Elefanten nach eigner Anschauung in Babylon. In der Schlacht von Arbela erbeutete Alexander d. Gr. 15 dieser Tiere, nach denen Aristoteles nun eine genaue Beschreibung lieferte. Nach Alexanders Tod kamen seine 300 Elefanten in verschiedene Länder, besonders nach Syrien und Ägypten. Auch in Europa hat man Elefanten zu Kriegszwecken benutzt, und Pyrrhus führte 20 Stück gegen die Römer. Den Karthagern leisteten die afrikanischen Elefanten große Dienste. Die Römer benutzten sie nach Cäsar nur noch zu Kampfspielen und schlachteten sie oft scharenweise hin; sie wurden aber auch abgerichtet, so daß sie nach dem Takte tanzten, auf einem schräg gespannten Seil gingen, Buchstaben mit dem Griffel zeichneten etc. Der afrikanische E. bevölkerte noch zu Hannibals Zeiten den Atlas, und zu Anfang des 18. Jahrh. fand er sich noch von 20° nördl. Br. bis zur Kapkolonie, während er jetzt viel weiter zurückgedrängt ist. Die alten Ägypter kannten beide Arten, und zu allen Zeiten bildete das Elfenbein einen Hauptbestandteil des Tributs, den asiatische und afrikanische Völker den Ägyptern leisteten. In der Schlacht bei Raphia 217 v. Chr. kämpften 73 afrikanische Elefanten gegen 102 asiatische sehr unglücklich. Auf babylonischen und assyrischen Denkmälern findet sich stets der asiatische E. abgebildet. Die erste größere Zahl indischer Elefanten, die in der Neuzeit in die Hände von Europäern kam, dürften die sechs Elefanten gewesen sein, die den Zug Solimans mitmachten und bei dem Sieg auf dem Fernitzer Felde 1529 erbeutet wurden. Vgl. Armandi, Histoire militaire des éléphants (Par. 1842, neue Ausg. 1881); Bolau, Der E. in Krieg und Frieden (Hamb. 1887); Holder, The ivory king (2. Aufl., Lond. 1892); Cherville, Les éléphants, état sauvage, domestication (Par. 1895). – Über die paläontologische Geschichte der Gattung s. Rüsseltiere.

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 5. Leipzig 1906, S. 599-601.
Lizenz:
Faksimiles:
599 | 600 | 601
Kategorien:

Buchempfehlung

Hoffmann, E. T. A.

Prinzessin Brambilla

Prinzessin Brambilla

Inspiriert von den Kupferstichen von Jacques Callot schreibt E. T. A. Hoffmann die Geschichte des wenig talentierten Schauspielers Giglio der die seltsame Prinzessin Brambilla zu lieben glaubt.

110 Seiten, 4.40 Euro

Im Buch blättern
Ansehen bei Amazon

Buchempfehlung

Große Erzählungen der Hochromantik

Große Erzählungen der Hochromantik

Zwischen 1804 und 1815 ist Heidelberg das intellektuelle Zentrum einer Bewegung, die sich von dort aus in der Welt verbreitet. Individuelles Erleben von Idylle und Harmonie, die Innerlichkeit der Seele sind die zentralen Themen der Hochromantik als Gegenbewegung zur von der Antike inspirierten Klassik und der vernunftgetriebenen Aufklärung. Acht der ganz großen Erzählungen der Hochromantik hat Michael Holzinger für diese Leseausgabe zusammengestellt.

390 Seiten, 19.80 Euro

Ansehen bei Amazon