Chaireddin Pascha

[859] Chaireddin Pascha (franz. Schreibweise Khereddin), türk. Staatsmann, geboren um 1820 in Kaukasien von tscherkessischen Eltern, gest. 30. Jan. 1890 in Konstantinopel, kam, als Knabe in die Sklaverei verkauft, in den Besitz eines tunesischen hohen Beamten, der ihm eine vortreffliche Erziehung zu teil werden ließ und dann die Freiheit schenkte. C. trat in das tunesische Heer ein und wurde Adjutant von Ahmed Bei, den er 1846 nach Paris begleitete. 1852 bis 1855 vertrat er Tunis am Hofe Napoleons III. in Paris, wo er sich die französische Sprache und europäische Kultur aneignete. Er ward bald zum Marineminister, dann zum Präsidenten des Hohen Rats von Tunis befördert, war 1872 Präsident der internationalen Kommission, welche die finanziellen Verhältnisse von Tunis ordnen sollte, und wurde 1873 erster Minister. Nachdem er Tunis durch den Ferman vom 23. Okt. 1871 wieder eng mit dem türkischen Reich verbunden und unter die Oberhoheit des Sultans gestellt hatte, ging er an die Reform der Verwaltung und Rechtspflege (vgl. seine »Réformes nécessaires aux États musulmans«, unter seiner Leitung übersetzt, Par. 1868). Doch entzweite er sich darüber mit dem Bei und nahm 20. Juli 1877 seine Entlassung. Nach kurzem Aufenthalt in Frankreich ward er 1878 vom Sultan nach Konstantinopel berufen, um hier bei der beabsichtigten Reform des türkischen Finanzwesens behilflich zu sein. Am 4. Dez. 1878 ernannte ihn der Sultan zum Großwesir; aber alle Bemühungen Chaireddins, durch Sparsamkeit etc. eine geordnete Verwaltung und Rechtsprechung herzustellen, scheiterten an der unheilbaren Verderbnis der hohen türkischen Bureaukratie, dem Widerstand Osman Paschas und der Schwäche des Sultans. Als dieser im Juli 1879 einen neu ausgearbeiteten Reformplan ablehnte, nahm C. seine Entlassung.

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 3. Leipzig 1905, S. 859.
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