Eisenbahnamt

[507] Eisenbahnamt, eine Behörde, die die Beziehungen des Staates zu den Eisenbahnverwaltungen zu pflegen und über die Ausführung der für die Eisenbahnen maßgebenden Gesetze zu wachen hat. Für das Deutsche Reich wurde durch Gesetz vom 27. Juni 1873 ein Reichseisenbahnamt mit dem Sitz in Berlin geschaffen. Dieses hat innerhalb der durch die Verfassung bestimmten Zuständigkeit des Reiches: 1) das dem Reich zustehende Aufsichtsrecht über das Eisenbahnwesen wahrzunehmen; 2) für die Ausführung der in der Reichsverfassung enthaltenen Bestimmungen sowie der sonstigen auf das Eisenbahnwesen bezüglichen Gesetze und verfassungsmäßigen Vorschriften Sorge zu tragen; 3) auf Abstellung der in Hinsicht auf das Eisenbahnwesen hervortretenden Mängel und Mißstände hinzuwirken. Das Reichseisenbahnamt ist berechtigt, innerhalb seiner Zuständigkeit über alle Einrichtungen und Maßregeln von den Eisenbahnverwaltungen Auskunft zu fordern oder nach Befinden durch persönliche Kenntnisnahme einzuziehen und hiernach das Erforderliche zu veranlassen. In bezug auf die deutschen Privateisenbahnen stehen dem Reichseisenbahnamt dieselben Befugnisse zu, die den Aufsichtsbehörden der betreffenden Bundesstaaten beigelegt sind. Wird gegen eine vom Reichseisenbahnamt verfügte Maßregel Gegenvorstellung erhoben auf Grund der Behauptung, daß jene Maßregel in den Gesetzen und rechtsgültigen Vorschriften nicht begründet sei, so entscheidet das Reichseisenbahnamt unter Zuziehung von richterlichen Beamten (sogen. verstärktes Reichseisenbahnamt). Die Tätigkeit des Reichseisenbahnamts war zunächst der Ausarbeitung eines Reichseisenbahngesetzes gewidmet, das jedoch bis jetzt nur im Entwurf zustande gekommen ist, außerdem der Einführung einheitlicher Vorschriften für Bau, Betrieb und Verkehr der Eisenbahnen, der Regelung ihres Verhältnisses zur Militär-, Post- und Telegraphenverwaltung, der militärischen Organisation der Eisenbahnen für den Kriegsfall (s. Eisenbahnabteilung) und der Herstellung einer einheitlichen Statistik für sämtliche deutsche Eisenbahnen. An dem Zustandekommen des internationalen Eisenbahnfrachtrechts (s. d.) hat das Reichseisenbahnamt hervorragenden Anteil. Die Eisenbahnämter sind eine Nachahmung der Eisenbahnabteilung des englischen Handelsamtes und haben auch in der Schweiz, in Österreich etc. Eingang gefunden. Das österreichische E. bildet eine Sektion des Handelsamtes und hat alle eingehenden Eisenbahnprojekte zu prüfen. Zur Seite steht ihm eine Generalinspektion als Exekutive und eine Baudirektion, die den Bau der Staatsbahnen zu überwachen hat.

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 5. Leipzig 1906, S. 507.
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