Elektrischer Widerstand

[645] Elektrischer Widerstand, die zur Erzeugung der Stromstärke 1 Ampere erforderliche Spannung. Verbindet man die Enden eines Stromleiters mit einem Spannungsmesser (s. Elektrische Spannung) und leitet Ströme verschiedener Stärke hindurch, so zeigt sich, daß die Spannungsdifferenz E der Stromstärke I proportional ist oder E = R. I (Ohms Gesetz), wobei R eine von der Beschaffenheit des Stromleiters abhängige Zahl (elektrischer Widerstand) bedeutet. Ähnlich wächst bei einer Wasserleitung die Druckdifferenz mit der Stärke des zu erzeugenden Wasserstromes und hängt im übrigen von der Beschaffenheit der Rohrleitung ab. Der reziproke Wert des Widerstandes heißt elektrisches Leitungsvermögen. Der Widerstand R = E/I wird = 1 (1 Ohm), wenn E = I, z. B. wenn E = 1 Volt und I = 1 Ampere. Zur Messung des Widerstandes einer elektrischen Leitung in Ohm genügt also im einfachsten Falle die Messung der Spannung mittels eines Elektrometers oder Vollmeters und die Messung der Stromstärke mittels eines Galvanometers oder Amperemeters. Volt dividiert durch die Ampere ergibt die Ohm. Untersucht man Drähte aus gleichem Material von verschiedener Länge und Dicke, so erweist sich R proportional der Länge (l) und umgekehrt proportional dem Querschnitt (q) oder R = s.l/q. Die Zahl s, die nur von der chemischen Beschaffenheit des Materials abhängt, heißt dessen spezifischer Widerstand. Wird l, wie es gewöhnlich geschieht, in Metern, q in qmm gemessen, so ist s z. B. bei 15° für:

Tabelle

Die Leitungsfähigkeit der Flüssigkeiten ist weit geringer als diejenige der Metalle; sie beträgt z. B. bei verdünnter Schwefelsäure nur 69 Milliontel, bei gesättigter Kupfervitriollösung nur 4 Milliontel von derjenigen des Quecksilbers. Die Leitungsfähigkeit der Elektrolyten oder der »Leiter zweiter Klasse« steigt bei der Erwärmung, während diejenige der Metalle oder »Leiter erster Klasse« abnimmt. Bei reinen Metallen nimmt der Widerstand nahezu wie das Gasvolumen bei konstantem Druck, d.h. um 1/273 seines Wertes zu, so daß er bei Abkühlung bis -273°, dem sogen. absoluten Nullpunkt = Null werden müßte. Das Gesetz gilt indes nur angenähert und verliert seine Gültigkeit ganz bei Legierungen, deren Temperaturkoeffizient sogar negativ sein kann. Für Constantan (40 Proz. Ni 60 Proz. Cu) ist er praktisch = 0, so daß dieses Material sich besonders zur Herstellung von Normalwiderständen und Widerstandssätzen (1, 2, 3 ... Ohm) eignet (s. Rheochord, Rheostat), sowie auch zu Regulierwiderständen, durch deren Einschaltung die Stärke des von einer gegebenen Stromquelle erzeugten Stromes auf ein gewünschtes Maß herabgemindert werden kann. In Widerständen wird elektrische Energie in Wärme verwandelt; es ist also bei der Konstruktion darauf zu sehen, daß die Wärme nicht so stark wird, um die Widerstände zu zerstören, auch müssen letztere in feuersicheres Material eingeschlossen werden, und es ist für gute Ausstrahlung der Wärme zu sorgen. Das für Widerstände zu verwendende Material muß möglichst hohen spezifischen Widerstand, große Wärmeausstrahlungsoberfläche und genügende Festigkeit besitzen. Man verwendet meist Drahtspiralen oder Bleche. Für Regulierwiderstände wird eine Anzahl Widerstände (s. Abbildung, S. 646) mit einzelnen Kontaktknöpfen 1, 2, 3 u.s.f. verbunden. Ein um den Punkt A drehbarer Kontakthebel kann mit den Knöpfen 1, 2, 3 ... in Berührung gebracht werden. Soll der ganze Widerstand eingeschaltet[645] werden, so stellt man den Hebel auf 7. Der Strom, der von F, kommt, muß dann, um nach F2 zu gelangen, sämtliche Widerstände durchfließen. Steht der Hebel auf 6, so ist eine Widerstandsstufe weniger eingeschaltet u.s.f., steht er auf 1, so ist der ganze Widerstand ausgeschaltet; der Strom verläuft von F, über A und den Kontakthebel direkt nach F2.

Früher war als Einheit des Widerstandes die Siemens-Einheit gebräuchlich, d.h. der Widerstand einer Quecksilbersäule von 1 m Länge und 1 qmm Querschnitt bei der Temperatur 0°. 1 Ohm ist gleich 1,063 Siemenseinheiten. Die richtige Eichung eines Rheostaten kann hiernach durch Vergleich mit dem Widerstand einer Quecksilbersäule leicht kontrolliert werden.

Regulierwiderstand.
Regulierwiderstand.

Um den Widerstand eines Leiters mittels eines Widerstandssatzes zu messen, kann man ermitteln, wie viele Einheiten (Ohm) des Rheostaten an Stelle jenes Leiters in einen Stromkreis eingeschaltet werden müssen, um die gleiche Stromstärke zu erhalten (Substitutionsmethode). Genauere Messung ist möglich mittels des Differentialgalvanometers und der Wheatstoneschen Brücke (s. Elektrotechnische Meßinstrumente).

Der Widerstand in jedem Schließungskreis ist zusammengesetzt aus dem Widerstande, den der Strom beim Durchgang durch die Flüssigkeit innerhalb der Elemente zu überwinden hat (innerer, wesentlicher Widerstand), und dem äußern (außerwesentlichen) Widerstand, den der von Pol zu Pol geführte Schließungsbogen darbietet. Die Stromstärke, welche die Batterie erzeugt, ist somit gleich der elektromotorischen Kraft (Spannung im ungeschlossenen Zustande) dividiert durch die Summe der beiden Widerstände. Die Klemmenspannung der Batterie ist das Produkt der Stromstärke mit dem Widerstande des Schließungsbogens, sonach stets kleiner als die gesamte elektromotorische Kraft, die ja dem Produkte der Stromstärke mit dem Gesamtwiderstand gleich ist.

Verbindet man eine Anzahl von Elementen, z. B. zehn, nach dem Vorbilde der Voltaschen Säule hintereinander, so wird nicht nur die elektromotorische Kraft, sondern auch der innere Widerstand zehnmal so groß; ist nun der äußere Widerstand so klein, daß er gegen den innern kaum in Betracht kommt, wird z. B. die Batterie durch einen nicht zu langen Metalldraht geschlossen, so wird die Verzehnfachung der elektromotorischen Kraft durch diejenige des Widerstandes aufgehoben, und die zehnpaarige Batterie gibt keinen stärkern Strom als ein einziges Element. Es ist vielmehr bei sehr kleinem äußern Widerstand von Vorteil, nur ein einziges Element, aber mit sehr großen Platten, zu wählen. Macht man z. B. die Platten des Elements zehnmal größer, so bleibt die elektromotorische Kraft zwar ungeändert, der innere Widerstand wird aber zehnmal geringer, weil der Querschnitt des zwischen den beiden Platten enthaltenen flüssigen Leiters zehnmal größer geworden ist; man erreicht also mit dem zehnmal größern Element eine zehnmal so starke Wirkung. Es ergibt sich die einfache Regel, daß bei geringem äußern Widerstande die Anwendung vieler Elemente keinen Vorteil gewährt, wohl aber die Anwendung eines großen Elements. Aus den verfügbaren zehn Elementen kann man aber sofort ein einziges Element mit zehnfacher Plattenoberfläche herstellen, wenn man alle positiven (z. B. Zink-) Platten unter sich und alle negativen (z. B. Platin-) Platten unter sich, oder wenn man die zehn Elemente nicht zu einer Säule hintereinander, sondern zu einem Element nebeneinander verbindet. Ist dagegen der äußere Widerstand sehr groß, wie z. B. derjenige eines viele Meilen langen Telegraphendrahts, so daß der innere Widerstand dagegen nur wenig ausmacht, so wird man einen um so stärkern Strom erzielen, je mehr Elemente man hintereinander zu einer Batterie zusammensetzt. Je größer der außere Widerstand ist, desto weniger kommt es darauf an, ob der innere Widerstand größer oder kleiner ist, oder ob man kleine oder große Plattenpaare anwendet; mit kleinen Elementen wird man daher in diesem Fall dasselbe erreichen wie mit größern und kostspieligern. Wenn zehn Elemente zur Verfügung stehen, so kann man dieselben in verschiedener Weise zusammenstellen, nämlich zu einem Element von zehnfacher Größe, oder zu einer Säule aus zwei Elementen von fünffacher Größe, oder aus fünf Elementen von doppelter Größe, oder endlich aus zehn Elementen von einfacher Größe. Auf die Frage, welche von diesen Verbindungen für einen bestimmten Zweck die vorteilhafteste ist, gibt das Ohmsche Gesetz die Antwort: »diejenige, bei welcher der innere Widerstand dem gegebenen äußern Widerstand möglichst nahe gleichkommt«. Eine Vorrichtung, die solche Verbindungen rasch herzustellen und schnell miteinander zu vertauschen gestattet, heißt ein Pachytrop. Über den scheinbaren Widerstand von Leitungen mit erheblicher Selbstinduktion und Kapazität s. Elektrische Induktion, S. 624.

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 5. Leipzig 1906, S. 645-646.
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