Emphyteusis

[763] Emphyteusis (v. griech. emphyteuein, »anpflanzen«), eine dem Erbpachtverhältnis verwandte, römisch-rechtliche Einrichtung, die sich in der Kaiserzeit auf den öffentlichen Ländereien ausbildete und zum Zweck hatte, im Interesse einer bessern Behandlung des großen Grundeigentums kleine Freie zu dessen Bewirtschaftung heranzuziehen und dem Eigentümer ein sicheres Einkommen zu gewährleisten. Die E. ist hiernach das dingliche, nahezu eigentumsgleiche Nutzungsrecht an einem fremden Grundstück, mit der Beschränkung, daß das Grundstück nicht verschlechtert werde. Der Berechtigte (Emphyteuta) kann sein Recht veräußern und vererben und für die Dauer seines Rechts das Grundstück verpachten, verpfänden sowie Dienstbarkeiten an ihm bestellen. Zur Veräußerung ist aber die Zustimmung des Eigentümers (dominus emphyteuticarius) erforderlich, die dieser aus erheblichen Gründen verweigern kann. Für diese Zustimmung erhält er vom neuen Emphyteuta 2 Proz. des Kaufpreises oder bei andern Veräußerungen 2 Proz. des Wertes der Erbpacht (laudemium). Ein ihm zustehendes Vorkaufsrecht schützt ihn gegen Herabsetzung des Kaufpreises. Der Emphyteuta hat eine jährliche, nicht einseitig ablösbare Abgabe (canon, vectigal, pensio) an den Eigentümer zu zahlen, die auf dem Grundstück ruhenden Lasten zu tragen und es in gutem Stande zu halten. Er verwirkt sein Recht wegen erheblicher Verschlechterung des Grundstücks, wegen Verletzung seiner Obliegenheiten bei einer Veräußerung, und wenn er mit Entrichtung des Kanons oder der auf dem Grundstück lastenden öffentlichen Abgaben drei (bei kirchlicher E. zwei) Jahre lang im Rückstand bleibt. Alsdann erlischt die E., das Gut fällt ohne Entschädigung an den Eigentümer zurück, wenn dieser auf Entsetzung (Privation) des Emphyteuta klagt. Andre Erlöschungsgründe sind, außer den für die Rechte an fremder Sache überhaupt geltenden, Verzicht und Verjährung. So bestimmte das bisher geltende gemeine römische Recht. Das Bürgerliche Gesetzbuch kennt das Institut nicht mehr. Dasselbe ist auch nicht mit dem in Art. 63 des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuch für das Landesrecht vorbehaltenen »Erbpachtrecht« zu verwechseln.

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 5. Leipzig 1906, S. 763.
Lizenz:
Faksimiles:
Kategorien:
Ähnliche Einträge in anderen Lexika