Etymologie

[146] Etymologie (griech.), »die Wissenschaft vom Wahren oder Echten«, d. h. die Untersuchung der Grundbedeutung, des Ursprungs der Wörter. Etymologische Untersuchungen wurden im Zusammenhang mit der Frage nach dem Ursprung der Sprache schon von den ältesten griechischen Philosophen, namentlich in den ionischen Philosophenschulen angestellt, in denen das Wort E. aufgekommen zu sein scheint. Doch fehlte diesen Versuchen, über die sich schon Platon in dem Dialog »Kratylos« lustig machte, wie allen nachfolgenden bis in den Anfang des 19. Jahrh. noch jede Methode. Erst die von Bopp begründete indogermanische Sprachwissenschaft hat die wissenschaftliche E. ins Leben gerufen, und die Hauptverdienste um diese haben sich bis jetzt Pott (s.d.) und A. Fick (s.d.) erworben. Für das Deutsche ist Kluges »Etymologisches Wörterbuch der deutschen Sprache« (6. Aufl., Straßb. 1898) das vorzüglichste Werk, das in manchem ergänzt wird durch Pauls »Deutsches Wörterbuch« (Halle 1897), für das Englische Skeats »Etymological dictionary« (3. Aufl., Lond. 1898) und »Concise etymological dictionary« (5. Aufl. 1901), daneben die kürzere »English etymology, as select glossary« (Straßb. 1898) von Kluge und Lutz, für die Gesamtheit der romanischen Sprachen Diez' »Etymologisches Wörterbuch der romanischen Sprachen« (5. Aufl., Bonn 1887), für die ältern indogermanischen Sprachen Ficks »Vergleichendes Wörterbuch der indogermanischen Sprachen« (4. Aufl., Götting. 1890ff.). Vgl. Sprache und Sprachwissenschaft.

Unter dem zuerst von Förstemann gebrauchten Ausdruck Volksetymologie versteht man die Assimilation, die ein nach Laut wie Bedeutung fremdes Wort bei seiner Einführung in eine Sprache erfährt,[146] indem ein Wort oder eine Wortgruppe der aufnehmenden Sprache vermöge der Lautassoziationen, in denen sie zu dem einzuführenden Worte stehen, auf dieses einwirken. Sie assimilieren es sich zunächst lautlich, dann aber in gewissem Grade auch begrifflich, so daß der ursprüngliche Begriff des Wortes eine eigentümliche Färbung gewinnt. So hat man z. B. aus radikal rattenkahl, aus arcubalista Armbrust, im Lateinischen aus dem griechischen sipharon (Segel) supparum (Anlehnung an suppar, fast gleich), im Englischen aus französisch écrevisse (Krebs) crawfish (»Kropffisch«) gemacht. Übrigens wird das Wort Volksetymologie oft auch in Fällen angewendet, wo es sich nicht um Entlehnung aus der Fremde handelt, z. B. neuschierig für neugierig durch Einfluß von er schiert sich um etwas. Vgl. Andresen, Über deutsche Volksetymologie (6. Aufl., Heilbr. 1899); Keller, Lateinische Volksetymologie und Verwandtes (Leipz. 1891).

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 6. Leipzig 1906, S. 146-147.
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